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Süden und das verkehrte Kind

Süden und das verkehrte Kind

Titel: Süden und das verkehrte Kind
Autoren: Friedrich Ani
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nicht gedacht, dass Sie so… also, dass ein Kripomann so ausschaut. Dass Sie mich nicht falsch verstehen, ich find, dass Sie… Mit diesen Lederhosen und den langen Haaren und dem Amulett, das ist… Okay. Entschuldigung, das ist wegen… Der Edi hat gestern wieder seinen Wodkacocktail ausgeschenkt… Okay. Wie war die Frage?«
    »Sie kennen Nastassja nicht näher und Sie wollen niemandem etwas anhängen.«
    »Genau. Also… Haben Sie’s gemerkt? Wieder keine Frage! Sie stellen gar keine Fragen, immer nur Feststellungen, was Sie da machen. Ich habs gemerkt. Ich hab Sie durchschaut. Also… der Torsten, der lebt praktisch getrennt von seiner Frau, sie sind nicht geschieden, und offiziell wohnt er auch noch bei ihr, in Solln, auf der König-Ludwig-Höhe…«
    »Prinz-Ludwigshöhe.«
    »Prinz Ludwig?«, sagte Belut. »Gabs auch einen Prinz Ludwig? Welcher war das? Das müssen Sie jetzt aber nicht mitschreiben, Frau… Okay. Er hat ein Zimmer in Laim, kleines Zimmer, da wohnt er meistens in der… in der Dingsstraße, in der Camembertstraße…«
    »Camerloher Straße.«
    »Genau. Das ist ein Agreement, was die getroffen haben, der Torsten und die Medy. Sie haben die Kinder, sie wollen sich gemeinsam um sie kümmern, das ist eine gute Sache. Nicht so wie bei mir. Bei mir ist meine Freundin damals mit dem Kind weg, und das wars, sie hat gesagt, ich brings nicht. Acht ist die Clara jetzt schon, alle sechs Wochen fahr ich nach Nürnberg und besuch sie, das ist schlimm oft. Das ist, als ob da eine Entfernung wär, obwohl wir uns ganz nah sind, ich nehm sie in den Arm, und da ist ein Abstand, ich spür das, und sie spürt das auch. Das ist schlimm.«
    Anmerkung: Der Zeuge betrachtet wieder stumm das Foto von Nastassja.
    »Haben Sie die Kolbs zu Hause in der Josephinenstraße besucht?«
    »Manchmal. Früher, da war die Nasti noch klein, zwei oder so. Und der Fabian war auch noch okay, ein braver Kerl. Heut ist der ein wandelndes Minenfeld. Meiner Meinung nach. Was Torsten manchmal erzählt. Er ist wahrscheinlich in der Pubertät, und Medy muss sich um die Kleine kümmern, die kommt in diesem Jahr in die Schule, wenn alles gut geht.«
    »Erklären Sie, was Sie mit einem wandelnden Minenfeld meinen.«
    »Er explodiert halt schnell, wenn man eine falsche Bemerkung macht. Einmal ist er… Ich weiß nicht, ob das jetzt hierher gehört, wie gesagt… Ich will niemand was anhängen, schon gar nicht Torsten oder seiner Familie… Okay. Einmal ist er in den Bräu gekommen, der Fabian, am Freitagabend, wollt Geld von seinem Vater, der ist den ganzen Weg von Solln mit der S-Bahn und dann zu Fuß, um seinen Vater anzupumpen. Natürlich hat sich Medy große Sorgen gemacht, Torsten hat sie angerufen und beruhigt. Und dann ist er wieder weg. Ist einfach weg. Bedankt hat er sich noch schnell, aber mehr nicht. Er ist dann denselben Weg wieder zurück. Ich nehm mir noch ein Wasser, okay? So ist der. Ist eine schwierige Situation. Sie haben ihn erst mit sieben in die Schule geschickt, er war noch nicht so weit, heut ist er immerhin auf dem Gymnasium. Meine Clara wird auch aufs Gymnasium gehen, das ist einfach besser, ich glaub schon, dass sie es packt. Glaub ich schon.«
    »Wann haben Sie Fabian zum letzten Mal gesehen?«
    »Keine Ahnung. Vor einem Jahr. Als er in den Bräu gekommen ist. Genau. Dann nicht mehr. Sicher. Nein. Okay. Was ist los? Ist er jetzt auch versehwunden?«
    »Er war verschwunden, jetzt ist er zurück.«
    »Und wo war er?«
    »Das sagt er nicht. Versuchen Sie, sich zu erinnern, was genau Torsten Kolb gestern Mittag zu Ihnen gesagt hat.«
    »Ich hab ihn angerufen«, sagte Belut. »Ich wollt wissen , ob sie einen Thermoschalter vorrätig haben, wir hatten keine mehr. Torsten hat versprochen, einen rüberzuschicken. Okay. Dann hab ich ihn gefragt, ob sich was geändert hat, ob er eventuell doch am Abend Zeit hätte, und da hat er gesagt, er überlegt sich, dass er was mit Nastassja unternehmen könnte. Genau. Das hat er gesagt.«
    »Er hat nicht gesagt, er will etwas mit ihr unternehmen, sondern, dass er es sich überlegen will.«
    »Was? Genau. Er überlegt.«
    »Das waren seine Worte? Er überlegt sich, etwas mit Nastassja zu unternehmen.«
    »Genau.«
    »Bisher haben Sie ausgesagt, er wollte sie treffen, er war mit ihr verabredet.«
    »Weil ich das so verstanden hab. Sitz ich jetzt in der Falle, oder was? Ich hab gesagt, ich häng niemand hin, ich sag hier freiwillig aus, Samstagmorgen um acht, und ich versuch, Ihnen zu
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