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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel
Autoren: Corina Bomann
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ohnehin schon nervöse Henne brach in lautes Gezeter aus.
    Anneke schloss die Augen. Einerseits war sie froh, dass das Huhn so viel Krach machte, andererseits gab es jetzt aber kein Zurück mehr.
    Tatsächlich huschte der Schatten erneut an dem Fenster vorbei. Wenig später flackerte das Licht, als würde die Kerzenflamme von einem Windzug erfasst. Dann ertönten Schritte.
    Es waren sehr schwere Schritte, was Anneke zunächst glauben ließ, dass sie von einem der Knechte stammten. Immerhin wusste der Henker, wie man sich anschleichen konnte.
    Die Gestalt, die dann aber durch die Tür trat, war eindeutig der Henker. Er ließ seinen Blick über den Hof schweifen und ging dann auf den Hühnerkäfig zu.
    Im nächsten Augenblick huschten Sönke und Hinrich aus dem Schatten. Der Scharfrichter bemerkte sie, doch im nächsten Augenblick waren sie schon bei ihm. Nun zeigte sich, dass die Monate auf dem Feld aus ihnen wahre Kämpfer gemacht hatten. Obwohl Rentzhusen ihnen körperlich überlegen war, rangen sie ihn innerhalb weniger Augenblicke nieder.
    »Verdammt, was soll das?«, rief der Henker wütend, aber es gab niemanden, der ihn hörte. Und er kam auch nicht mehr dazu, um Hilfe zu rufen. Sönke verpasste ihm mit einem Holzscheit einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf, der ihn zum Schweigen brachte.
    Anneke zuckte zusammen. Sie hatte wohl schon einmal gesehen, wie Männer sich prügelten, aber das hier war etwas anderes.
    Der massige Körper des Scharfrichters fiel zu Boden und wirbelte eine Staubwolke auf. Dann blieb er reglos liegen. Der Gedanke, dass sie ihn totgeschlagen haben könnten, erschreckte Anneke.
    Wenig später kam Hinrich zu ihr. »Du musst uns zeigen, wo Vater ist.« Er hielt ein Schlüsselbund in die Höhe. »Ich glaube, wir brauchen meine Dietriche diesmal nicht.«
    »Was ist mit Rentzhusen?«
    »Der ist nur bewusstlos, mach dir keine Gedanken um ihn. Wir sind keine feigen Mörder.«
    »Nun kommt schon, wir haben nicht ewig Zeit«, zischte Sönke ihnen nun zu.
    Wenig später betraten sie das Scharfrichterhaus. Obwohl sie nur einmal hier gewesen war, erinnerte sich Anneke genau an den Weg, den sie mit Rentzhusen gegangen war.
    Bei den Zellen war alles ruhig. Einen zweiten Wächter schien es tatsächlich nicht zu geben.
    »Wir sollten uns beeilen«, mahnte Sönke. »Die Familie des Scharfrichters könnte uns hören und dann bekommen wir Schwierigkeiten.«
    »Vater, hörst du mich?«, fragte sie in die Dunkelheit, während sich Hinrich am Schloss zu schaffen machte.
    »Anneke?«
    »Ja, ich bin es«, antwortete sie. »Und Hinrich und Sönke sind bei mir. Wir wollen dich hier rausholen.«
    Roland Martens regte sich nun und kam an die Zellentür. Im selben Augenblick schnappte das Schloss auf.
    Der Kaufmann blickte ein wenig ungläubig auf seine Kinder.
    »Sönke, Hinrich«, presste er hervor und wischte sich über die Augen, als würde er ihnen nicht trauen.
    »Ja, wir sind es, Vater, aber jetzt musst du schnell mitkommen. Ich weiß nicht, wie lange der Henker noch ohne Besinnung ist.«
    Ein fragender Ausdruck huschte über Martens' Gesicht, doch als Hinrich die Tür aufsperrte und seine Fußfessel aufschloss, trat er nach draußen.
    Gemeinsam huschten sie durch die Gänge und lauschten dabei auf Geräusche über ihnen. Die Frau und die Kinder des Scharfrichters schienen allerdings tief und fest zu schlafen.
    Rentzhusen lag noch immer auf dem Hof und regte sich nicht.
    »Ihr werdet ihn doch nicht totgeschlagen haben?«, flüsterte Anneke.
    Sönke schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, der kommt wieder zu sich. Schneller, als es uns vermutlich lieb ist.«
    Sie führten ihren Vater durch das Tor der Fronerei, Anneke schnappte schnell den Käfig mit dem Huhn, und nachdem sie sich noch einmal umgesehen hatte, folgte sie den anderen.
    »Wie ich sehe, seid ihr nicht allein gekommen«, stellte Roland Martens fest, als er Ingmar und Marte neben der Tür erblickte.
    »Das ist Ingmar Svensson, ich habe ihn in Stockholm kennengelernt«, stellte Anneke ihren Liebsten vor.
    »Bei welcher Gelegenheit?«, fragte der Kaufmann, doch Anneke hatte im Moment nicht vor, ihm die ganze Geschichte von Frieda, ihrer Gerte und der Vasa zu erzählen.
    »Er ist Schiffsbauer und hat mich nach Stralsund zurückbegleitet«, sagte sie nur.
    »Sehen wir zu, dass wir von hier wegkommen!«, mahnte Sönke, während er sich hektisch umsah. »Es könnte jeden Augenblick jemand auftauchen, der nach dem Rechten sehen will. Und wenn nicht, so
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