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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd
Autoren: M Quandt
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wissen, ob ich dazu jemals wieder Gelegenheit bekommen würde.«
    Sie lachte und glaubte ihm kein Wort, doch als sie spürte, wie peinlich ihm die Affäre war, ließ sie ihn in Ruhe. Sein Verhalten erklärte sie sich damit, dass er ein komischer Kauz war. Punkt.
    Jo holte sie in die Gegenwart zurück. »Lass uns noch mal auf die Suspendierung zurückkommen. Ich begreife einfach nicht, wieso du geschasst wirst. Hat das etwas mit der Gerichtsverhandlung zu tun?«
    Sie machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, die Suspendierung ist eine Disziplinarmaßnahme, die einzig und allein mit meinem Status als Polizeibeamtin zu tun hat. Die Verhandlung hingegen stellt einen Bestandteil des Strafverfahrens dar. Ich werde angeklagt und muss mich vor Gericht verantworten. Ganz simpel.«
    »Jetzt schlägt’s dreizehn!« Wieder krachte seine Faust auf den Beistelltisch. »Du wirst angeklagt? Wieso? Du hast zwei gemeingefährliche Verbrecher aus dem Verkehr gezogen.«
    »Ich habe sie durch den Häcksler gejagt«, erwiderte sie scharfzüngig. »Als sie unten rauskamen, waren sie nur noch Flönz.« Flönz war die kölsche Bezeichnung für Blutwurst.
    »Stört das jemanden? Die Typen waren Stinker.«
    »Schon, aber die Anklage entspricht dem üblichen Prozedere. Wenn jemand durch Einwirkung eines anderen stirbt, egal, ob Stinker oder nicht, gibt es eine Verhandlung, in der die Umstände untersucht werden.«
    »Quatsch! Klarer Fall von Notwehr, was gibt es da noch zu untersuchen? Es war doch Notwehr, oder?«
    »Ich weiß es nicht«, räumte sie offenherzig ein.
    Jo lachte, allerdings eher irritiert als amüsiert. »Du weißt es nicht?«
    »Nein. Tom lag vor mir am Boden und war geschlagen. Dass der Revolver leer war, wusste weder er noch ich, da vor lauter Aufregung niemand die Schüsse gezählt hatte.« Ihre Stimme zitterte. »Wäre noch eine Kugel in der Trommel gewesen, hätte ich einen Wehrlosen exekutiert. Das verstößt gegen alles, woran ich glaube. Ich bin erschüttert, wenn ich daran denke, was da tief in meinem Inneren schlummert.«
    »Schwachsinn! Außerdem sprichst du zu Recht im Konjunktiv: hätte und wäre gewesen. Fakt ist: Du hast ihn nicht hingerichtet.«
    Sie sah ein, dass es sinnlos war, mit ihrem Bruder über Moral zu diskutieren, insbesondere, da sie in diesem Fall selbst nicht wusste, was richtig oder falsch war. Andererseits freute sie sich, dass er ihr überhaupt zuhörte. Das war ein völlig neuer Jo.
    »Und wie geht es jetzt weiter?«, wollte der neue Jo wissen.
    »Die Verhandlung beginnt in drei Wochen. Der verantwortliche Staatsanwalt ist übrigens August Kunze.«
    »Eisenschädel Kunze? Lausiger Golfer. Hat ein mieses Handicap.«
    »Kann sein, aber er ist fair. Ich denke nicht, dass ich mir Sorgen machen muss.«
    Insgeheim war sie sich dessen nicht so sicher, wie sie vorgab. Wenn Laura, die ebenfalls vor Gericht erscheinen musste, auch nur ein Sterbenswort über die zufällig geplatzte Hinrichtung verlor, hatte sie ein ernsthaftes Problem.
    »Sollten dir diese Winkeladvokaten vor Gericht Schwierigkeiten machen«, grollte Jo, »kenne ich eine Menge hochkarätiger Anwälte, die dich rauspauken.« Er hielt inne und kratzte sich am Kinn. »Da fällt mir etwas anderes ein. Der Neffe des Polizeipräsidenten, dieser Lohmann …«
    »Was ist mit ihm?«
    »Sagtest du nicht vorhin, er sei auf deiner Seite? Wieso legt er dann nicht ein gutes Wort bei dem Alten für dich ein?«
    Mara zog die Braue hoch. »Oh, das hat er offenbar getan, doch leider scheint sein Einfluss begrenzt zu sein. Naja, zumindest wurde ich zur Audienz geladen, heute Morgen im Präsidium, von Seiner Erhabenheit höchstselbst.«
    Jo war verwirrt. »Das verstehe ich nicht. Wieso …«
    Sie fiel ihm ins Wort. »Weißt du, zuerst hat der ehrenwerte Herr Dr. Bohne wortwörtlich wiederholt, was sein Neffe ihm Tolles über mich berichtet hat, und ich muss zugeben, das war schon ziemlich beeindruckend. Dann hat er fünf Minuten geschleimt, und zum Schluss hat er mich um einen Gefallen gebeten. Natürlich wusste er nicht, dass ich wusste, dass er nur ein paar Tage zuvor geplant hat, mich abzuschießen. Klar, dass ich so einem nicht gefällig bin.«
    »Und? Welchen Gefallen hast du ihm abgeschlagen?«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Und ob.«
    Sie nahm die Tageszeitung zur Hand, die auf dem Nachttisch lag. Es war ein Exemplar von gestern, die Montagsausgabe des Kuriers , in der sich drei komplette Seiten mit den Geschehnissen um die Operation
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