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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd
Autoren: M Quandt
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Schneesturm befassten. »Hast du die gelesen?«, fragte sie.
    »Habe ich, einschließlich der Todesanzeigen. Die Langeweile bringt mich um. Deine Freundin, diese Redakteurin, hat übrigens kein gutes Haar an den Bullen … also, ich meine an der Polizei gelassen. Vor allem die BKA-Schwuchteln haben ihr Fett abgekriegt. Ich habe selten so gelacht.«
    Mara zuckte die Achseln. »Anne hat recht. Alles, was sie in ihrem Kommentar kritisiert, trifft zu. Die beiden Drahtzieher sind entkommen, ein Fahnder und der Stellvertretende Bankdirektor wurden erschossen, ein bis dahin unbescholtener Kriminalbeamter hat sich zur Annahme von Bestechungsgeldern verführen lassen und wurde anschließend vergiftet. Darüber hinaus haben wir sechs tote Verbrecher zu verbuchen, zwei davon geschreddert, sowie einen unbeteiligten Lkw-Fahrer, der in seinem Führerhaus verbrannte. Und zwei schwer verletzte Streifenpolizisten. Und dich und Lohmann hätte es ebenfalls fast erwischt. Insgesamt zehn Särge und vier Krankenhausbetten. Bei so vielen Opfern fällt es mir schwer, die nochmalige Beschlagnahme des ohnehin schon beschlagnahmten Kokains als Erfolg zu werten.«
    »Das Schlimmste ist, dass Smertin türmen konnte.« Jo schielte zur Tür, dann riss er die Schublade seines Nachttischs auf und förderte einen Flachmann zutage. Hastig nahm er einen Schluck, bevor er die Flasche wieder verschwinden ließ. »Vitamine«, erklärte er.
    Sie schüttelte den Kopf, doch ihr Bruder ignorierte den schweigenden Tadel. »Okay«, fasste er zusammen, »es sind Leute gestorben, und deine Freundin von der Zeitung hat sich darüber mokiert. Allerdings will mir nicht einleuchten, wieso du suspendiert wirst, wenn deine Freundin Gift und Galle sprüht. Kannst du mir das erklären?«
    »Ganz einfach, Herr Dr. Bohne beschwor mich, meine Freundschaft mit Anne auszunutzen, damit sie einen weiteren Artikel schreibt, in dem auch die positiven Aspekte des Polizeieinsatzes dargestellt werden. Immerhin, so meinte er, sei das Kokain beschlagnahmt worden und Laura mit heiler Haut davongekommen. Daraus ließe sich etwas machen, und wenn ich dafür sorgen könnte, dass sein Name in einem Atemzug mit beschlagnahmt und gerettet zu lesen wäre, so würde mir das auf keinen Fall zum Nachteil gereichen.«
    »Lass mich raten! Du hast abgelehnt?« Er kicherte.
    »Ich hab ihm in vier einsilbigen Worten zu verstehen gegeben, was er mit seinem Knie machen soll.«
    Jo brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was sie meinte. Als der Groschen gefallen war, brach er in schallendes Gelächter aus, sodass sich Schwester Irmgard bemüßigt fühlte, einmal mehr nach dem Rechten zu sehen.
    »Damit kommt der Typ doch nicht durch, oder?«, wollte Jo wissen, nachdem die Schwester verschwunden war. »Ich meine, du bist Beamtin. Kann man Beamte einfach so rausschmeißen, nur weil sie – hihi – vorlaut sind?«
    »Keine Ahnung. Darüber mache ich mir in ein paar Wochen Gedanken. Jetzt bin ich erst mal suspendiert – Herr Dr. Bohne nennt es übrigens beurlaubt –, und diese unerwartete Freizeit werde ich genießen. Ich habe mir vorgenommen, ordentlicher zu werden. Morgen fange ich an, meine Wohnung in Schuss zu bringen, das wird ein paar Tage in Anspruch nehmen, fürchte ich. Und dann werde ich mich um meine Chrysanthemen kümmern und den ganzen Tag auf dem Balkon im Liegestuhl vor mich hin gammeln. Ach ja, und Laura hat mich eingeladen, um mir ihre Kinder vorzustellen und mir ihre Bilder zu zeigen.« Sie schloss die Augen. »Doch vor allem werde ich eins tun: schlafen.«
    Obwohl sie sich nicht gut auf dem Gebiet des Beamtenrechtes auskannte, ging sie davon aus, dass ihre Suspendierung nur vorübergehend war. Ob sie allerdings unter diesem PP jemals wieder in ihr altes Kommissariat zurückkehren durfte, war fraglich. Sie konnte sich durchaus vorstellen, dass er sie aufs Abstellgleis schob und irgendwo in einer düsteren Kleiderkammer verschwinden ließ. Am besten war es, beschloss sie, sich erst Sorgen zu machen, wenn der Fall akut wurde. Sie erhob sich und stellte den Stuhl ans Fenster zurück.
    »Du willst schon gehen?«, protestierte Jo.
    »Schon ist gut. Es ist zwanzig vor eins. Ich bin um zehn gekommen.«
    »Kannst du nicht noch bleiben? Nur eine halbe Stunde? Wir könnten Schwester Irmgard verarschen und so tun, als ob ich plötzlich hohes Fieber bekommen hätte.«
    »Das könnte dir so passen.« Sie ging zur Tür und überlegte, wann er sie in den letzten Jahren jemals gebeten hatte, noch
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