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Die Heiratsschwindlerin

Die Heiratsschwindlerin

Titel: Die Heiratsschwindlerin
Autoren: Sophie Kinsella
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Prolog
    Eine Touristengruppe war stehen geblieben, um Milly anzustarren, in ihrem Brautkleid auf den Treppen des Standesamtes. Sie verstopften den Gehsteig gegenüber, was die Oxforder Einheimischen jedoch – an den jährlichen Ansturm gewöhnt – mit stoischer Ruhe hinnahmen. Ein paar warfen einen Blick die Treppe hinauf, um den Grund des Auflaufs zu erfahren, und gaben stillschweigend zu, dass die beiden dort oben wirklich ein umwerfendes Paar abgaben.
    Der eine oder andere Tourist hatte sogar seine Kamera gezückt, und Milly, die die Aufmerksamkeit genoss, strahlte ihnen freudig entgegen und versuchte, sich das Bild vorzustellen, das sie und Allan boten. Ihre weißblonde Igelfrisur glühte in der Nachmittagssonne; der geliehene Schleier kratzte an ihrem Hals, die Nylonspitze ihres Kleides klebte feucht auf ihrer Haut. Und wann immer sie zu Allan – ihrem Ehemann – aufblickte, erfasste sie eine prickelnde Euphorie, die alle anderen Empfindungen auslöschte.
    Erst drei Wochen zuvor war sie in Oxford eingetroffen. Die Schule war im Juli vorbei gewesen – und während all ihre Freundinnen sich nach Ibiza, Spanien und Amsterdam aufmachten, steckte man Milly in ein Sekretärinnencollege in Oxford. »Viel sinnvoller als irgend so ein alberner Urlaub«, hatte ihre Mutter energisch verkündet. »Und denk doch nur, was du dann den anderen gegenüber bei der Stellensuche für Vorteile hast.« Aber Milly wollte gar keine Vorteile vor den anderen. Sie wollte braun werden und einen Freund haben, sonst gar nichts.
    Und so machte sie sich am zweiten Tag ihres Tippkurses nach dem Lunch aus dem Staub. Sie entdeckte einen billigen Friseur und ließ sich von ihm aus einer Laune heraus das Haar kurz schneiden und bleichen. Dann bummelte sie beschwingt und glücklich durch die sonnigen Straßen Oxfords, schaute hie und da in kühle Klöster und Kapellen, lugte in Innenhöfe und überlegte, wo sie sonnenbaden könnte. Es war purer Zufall, dass sie sich schließlich für eine Rasenfläche des Corpus Christi College entschied, dass Ruperts Räume direkt gegenüberlagen, dass er und Allan beschlossen hatten, sich diesen Nachmittag faul ins Gras zu legen und Pimm’s zu trinken.
    Verstohlen hatte sie die beiden beobachtet, wie sie auf den Rasen schlenderten, mit ihren Gläsern anstießen, und starrte genauer hin, als einer von ihnen das Shirt auszog und einen gebräunten Oberkörper enthüllte. Sie hatte den Unterhaltungsfetzen gelauscht, die zu ihr herübergetragen wurden, und sich unvermittelt gewünscht, diese lässigen, gut aussehenden Männer zu kennen. Als der ältere der beiden sie ansprach, tat ihr Herz vor Aufregung einen Sprung.
    »Haben Sie Feuer?« Eine gelassene Stimme, belustigt, amerikanisch.
    »Ja«, stotterte sie und griff in ihre Hosentasche. »Ja, habe ich.«
    »Wir sind leider furchtbar faul.« Der jüngere Mann erwiderte ihren Blick: schüchterner, zurückhaltender. »Ich habe ein Feuerzeug, gleich hinter diesem Fenster da.« Er deutete nach oben. »Aber bei der Hitze ist jeder Schritt zu viel.«
    »Als Dank bekommen Sie ein Glas Pimm’s«, meinte der Amerikaner. Er streckte die Hand aus. »Allan.«
    »Rupert.«
    Den restlichen Nachmittag lümmelte sie mit ihnen auf dem Gras, tankte Sonne und Alkohol, flirtete und kicherte und brachte die beiden mit ihren Beschreibungen der Kolleginnen auf dem Sekretärinnencollege zum Lachen. In ihrer Magengrube spürte sie ein Kribbeln, das im Laufe des Nachmittags stärker wurde: ein sexueller Schauer, den das attraktive Äußere der beiden noch erhöhte. Rupert war geschmeidig und golden wie ein junger Löwe; sein Haar ein glänzend blonder Heiligenschein; die Zähne in dem glatten braunen Gesicht strahlend weiß. Allan hatte schon Fältchen, und das Haar an den Schläfen war ergraut, aber seine graugrünen Augen ließen ihr Herz höher schlagen, und seine Stimme liebkoste ihre Ohren wie Seide.
    Als Rupert sich auf den Rücken rollte und zum Himmel fragte: »Sollen wir heute Abend essen gehen?«, dachte sie, er wolle mit ihr ausgehen. Sofort ergriff eine ungläubige Freude von ihr Besitz, auch wenn es ihr, wie sie sofort feststellte, lieber gewesen wäre, Allan hätte sie gefragt.
    Gleich darauf rollte auch er sich auf den Rücken und sagte: »Unbedingt.« Und dann beugte er sich hinüber und küsste Rupert ungeniert auf den Mund.
    Das Seltsame war, dass es Milly nach dem ersten Schock eigentlich nichts ausmachte. Es war fast besser so: Auf diese Weise hatte sie die
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