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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd
Autoren: M Quandt
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hinten gegen die Sitze prallten oder von den Seesäcken aufgefangen wurden, die wie Polster wirkten. Zudem hatten sie das Glück, nirgends mit den Köpfen anzuschlagen.
    Auch Mara wurde zum Spielball der Naturgesetze. Sie hob förmlich ab, wurde über die Ladefläche katapultiert, war eine gefühlte Ewigkeit schwerelos. Dann prallte sie mit Tom zusammen, bevor sie mit einem unfreiwilligen Überschlag wieder auf den Wagenboden krachte. Das Sturmgewehr war im Chaos verschwunden. Aus den Augenwinkeln sah sie Kippling, der von einem herumfliegenden Teil an der Stirn getroffen wurde, das wie ein Stück des Armaturenbretts aussah. Sofort floss Blut über sein Gesicht.
    Leider war damit nur der erste Akt des Dramas überstanden, der zweite folgte sogleich, als der Transporter umkippte.
    Maras Welt wurde abermals zum Karussell, und einen Moment lang wusste sie nicht, ob sie oben oder unten war. Sie wurde angehoben, wieder fallen gelassen, anschließend von Seesäcken begraben. Der Wagen vibrierte und ächzte in allen Verbindungen, während es laut knirschte und kreischte, als er auf der Seite liegend über den Hof schrammte. Die Innenbeleuchtung, die normalerweise unter dem Wagendach angebracht war, befand sich plötzlich an der Seite.
    Endlich der Schlussakkord.
    Wie aus dem Nichts ertönte das Martinshorn. Es war laut und offenbar ganz nahe. Das Geräusch quietschender Reifen kam hinzu, und dann machte der Geldtransporter einen finalen Bocksprung, als er von außen einen fürchterlichen Stoß erhielt. Das ehemalige Wagendach, das zum rechten Seitenteil geworden war, beulte sich schlagartig aus, da sich der Motorblock des Streifenwagens hineinwühlen wollte. Nur der Panzerung des Transporters war es zu verdanken, dass er es nicht schaffte. Trotzdem flog ein halbes Dutzend sägezahnartiger Blechfetzen durch die Luft und verwandelte sich in lebensgefährliche Geschosse. Mara hatte Glück, dass sie unter den Seesäcken begraben war, wodurch sie unversehrt blieb. Anders Tom. Obwohl sie nicht erkennen konnte, was ihm widerfuhr, musste es ihn heftig erwischt haben, da er wie am Spieß schrie. Schließlich wurde aus dem Schreien ein Stöhnen.
    Es folgte eine geradezu bedrückende Stille, die nur durch das Knacken überstrapazierten Metalls gestört wurde sowie durch das leise Wimmern eines Verletzten.
    Mara brauchte einige Augenblicke, um zu verarbeiten, was geschehen war. Im Geist machte sie eine Bestandsaufnahme und stellte fest, dass ihr speiübel war, ihr Kopf wehtat und jeder Knochen im Leib schmerzte, aber all das war bereits vor dem Zusammenstoß der Fall gewesen. Offenbar hatte sie keine nennenswerten Blessuren davongetragen, und das wiederum kam einem Wunder gleich.
    Allzu großer Optimismus war allerdings unangebracht, da sie sich nicht rühren konnte, dank eines wahren Gebirges aus Seesäcken über ihr. Diese Säcke, die sie vor Schaden und herumfliegendem Metall bewahrt hatten, erwiesen sich nun als Bürde. Einer war aufgeplatzt, wodurch sich große Teile seines Inhalts, bestehend aus handlichen weißen Päckchen, überall auf der Ladefläche verteilt hatten.
    »Wir müssen verschwinden«, presste Tom zwischen den Zähnen hervor. Es war bemerkenswert, wie schnell er sich wieder gefangen hatte. »Steh gefälligst auf und hilf mir!«
    Damit war Kippling gemeint, der mühsam auf die Beine kam. Sein Gesicht war vor lauter Blut kaum zu erkennen, doch er jammerte nicht. Im Gegenteil, Mara glaubte sogar, dass er grinste.
    Sonst rührte sich niemand, und Mara verhielt sich still, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seit dem Zusammenstoß waren höchstens dreißig Sekunden vergangen, schätzte sie, auch wenn es sich wie dreißig Minuten angefühlt hatte.
    Tom und der irre Irokese machten sich derweil an den Hecktüren zu schaffen.
    »Klemmt«, stellte Kippling fest.
    »Dann streng dich an!«, gab Tom giftig zurück. »In spätestens einer Minute wimmelt es hier von Bullen. Willst du im Knast landen?«
    Natürlich wollte er nicht, und gemeinsam gelang es ihnen, den unteren Türflügel aufzustoßen.
    Mara glaubte, Brandgeruch wahrzunehmen.
    Tom fischte sein Gewehr aus dem Chaos, stopfte sich ein paar der weißen Päckchen in die Taschen, duckte sich und kletterte nach draußen. Der Irokese folgte ihm, und man hörte Tom sagen: »Da lang!«
    Rennend entfernten sie sich.
    Mara wurde augenblicklich munter. Obwohl ihr selbst die kleinste Bewegung Schmerzen bereitete, schaffte sie es, sich von den schweren Seesäcken zu
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