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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug
Autoren: M Quandt
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stellen –, hatte er in seiner flapsigen Art gefragt, ob sich Bernd denn auch diesmal wieder von einem Urlaubsflirt in den nächsten gestürzt hätte. Damit wollte er ihn aufziehen, denn von wieder einmal konnte in diesem Zusammenhang wahrlich keine Rede sein. Bernds letzte Beziehung, die gleichzeitig seine einzige richtige gewesen war, lag eine Ewigkeit zurück. Seitdem tat er sich schwer mit den Frauen, und normalerweise bekam er schon feuchte Hände, wenn ihn die Verkäuferin beim Bäcker nur unverbindlich anlächelte. Okay, das war übertrieben, doch von einem echten Flirt war er meilenweit entfernt.
    Aber dann war in Kenia das Unglaubliche geschehen! Er hatte sich verliebt, Hals über Kopf, mit Haut und Haaren, was er Georg kleinmütig und zögernd gestand. Und selbstverständlich im Flüsterton, damit seine Sitznachbarn nichts davon mitbekamen.
    »Birdie, du Schwerenöter«, frohlockte Georg, »das ist ja der Hammer! Die Pechsträhne hat ein Ende, wer hätte das gedacht? Wo hast du die Schöne denn kennengelernt?«
    »Im Hotel.«
    »Ah, dann sitzt sie jetzt vermutlich neben dir und krault dich hinter dem Öhrchen?«
    Er seufzte. »Nein, leider nicht. Ihr Urlaub war früher zu Ende als meiner. Sie ist bereits am Dienstag zurückgeflogen.«
    Georg kicherte. »Pech für dich, alter Freund. Und wie heißt die Glückliche?«
    »Hanna.«
    »Sprich doch mal ein bisschen lauter, ich verstehe dich kaum. Was ist denn da bei euch los? Nehmen die gerade den Flieger auseinander? Hanna, sagst du? Und weiter?«
    Er räusperte sich. »Keine Ahnung.«
    Sein bester Freund wurde sofort hellhörig. »Was heißt das, keine Ahnung? Du sagtest doch gerade, ihr hättet fast eine Woche lang ständig zusammengehockt und jeden Abend Cocktails an der Bar geschlürft und den Sonnenuntergang betrachtet.« Er lachte. »Nenn mich nicht altmodisch, aber sollte man da nicht zumindest wissen, mit wem man es zu tun hat?«
    Bernd wurde knallrot. Gut, dass ihn Georg nicht sehen konnte. Wie ein Verschwörer sah er nach rechts und links, doch die Mitreisenden nahmen keine Notiz von ihm, sondern waren mit ihrer eigenen Ungeduld beschäftigt.
    Gleichwohl flüsterte er, um zu vermeiden, dass irgendjemand etwas mitbekam. Die ganze Geschichte war ihm unendlich peinlich. Allmählich bedauerte er es, Georg eingeweiht zu haben. »Ich weiß sehr genau, wer sie ist, dazu brauche ich nicht ihren Nachnamen zu kennen«, sagte er. »Sie hat sich als Hanna vorgestellt, und das war okay für mich. Ihren Personalausweis habe ich nicht kontrolliert.« Er schluckte. »Viel schlimmer ist, dass ich ihre Adresse nicht kenne. Wahrscheinlich wohnt sie in Berlin oder irgendwo dort in der Gegend …«
    »Gratulation«, kam es spöttisch aus dem Handy. »Mein bester Freund lacht sich nach hundert Jahren Zölibat eine Maus an, aber anstatt sich ein knackiges Mädchen aus der Region zu suchen, erwählt er eine, die sechshundert Kilometer entfernt wohnt. Typisch. Warum hast du nicht gleich eine Polin genommen? Oder eine Russin? Oder noch besser eine vom Mars? Na ja, jedenfalls kann sie dir nicht auf die Nerven fallen, da ihr euch so gut wie nie sehen werdet.«
    Bernd reagierte trotzig. »Sie würde mir nicht auf die Nerven fallen, selbst wenn ich Tag und Nacht mit ihr zusammen wäre! Außerdem sind Flüge nach Berlin mittlerweile durchaus erschwinglich. Doch leider stellt sich das Problem gar nicht erst. Denn wie ich schon sagte, habe ich keinen Schimmer, wo sie wohnt.«
    »Telefonnummer? E-Mail-Adresse?«
    »Fehlanzeige.« Er tat einen tiefen Atemzug. »Aber zumindest kenne ich jemanden, der mir die Telefonnummer geben könnte.«
    Georg prustete augenblicklich los, feuerte eine wahre Salve von Fragen und spitzfindigen Bemerkungen ab, und je länger er lamentierte, desto verdrießlicher wurde Bernd. Er ärgerte und schämte sich.
    Um vom Thema abzulenken, erkundigte er sich nach der Post, denn Georgs Auftrag lautete nicht nur, hin und wieder nach dem Rechten zu sehen und die Fische in dem wunderschönen Meerwasseraquarium zu füttern, sondern auch, den Briefkasten zu leeren. Und darin hatte Georg eines Morgens einen ganz besonderen Brief entdeckt, wie er berichtete.
    Bernd bestand darauf, dass sein Freund ihn auf der Stelle öffnete und ihm vorlas. Also ging Georg den Poststapel durch, den er gleich neben der Begrüßungsflasche auf den Küchentisch gelegt hatte, um das Corpus Delicti herauszufischen.
    Der Brief veränderte Bernds Leben, und das mit einem gewaltigen
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