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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang
Autoren: Martin Scott
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war ich mit meiner Schimpfkanonade noch nicht fertig.
    »Das entschuldigt aber nicht, dass sie mich in die Sache mit Herminis hineingezogen hat.«
    Makri schimpft mich einen Narren, gähnt und zieht sich in ihre Kammer zurück. Ich eile in den Schankraum.
    Ich kann mich nicht erinnern, wann mir das letzte Mal jemand ein richtiges Geschenk geschickt hat. Wahrscheinlich meine Frau zu unserem Hochzeitstag. Das ist schon länger her, als ich zurückdenken möchte, und meine Frau, wo immer sie sich gerade aufhält, möchte sich bestimmt auch nicht daran erinnern.
    In der Taverne herrscht Hochbetrieb. Hinter dem Tresen steht eine sehr große Kiste. Ghurd ist sichtlich neugierig, was wohl drin sein könnte, ebenso wie Viaggrax und seine Horde nördlicher Söldner. Ich behandle sie alle wie Luft und schleppe die Kiste in meine Gemächer. Wenn Lisutaris mir was Gutes spendiert hat, werde ich das bestimmt nicht mit einer Horde betrunkener Söldner teilen.
    Ich öffne die Klappe, entferne etwas Füllmaterial und baue den Inhalt der Kiste auf dem Tisch auf. Ganz oben liegen mehrere Flaschen, und als ich die erste herausnehme, halte ich inne und starre ungläubig auf das Etikett. Es ist eine Flasche Kleeh, aber sie hat drei kleine goldene Monde auf der Seite aufgemalt. Ich weiß, was das bedeutet! Es handelt sich um Abbot’s Spezial-Destillat, eine Kleeh-Sorte, die so selten und so exquisit ist, dass sie in Turai außerhalb des Palastes nur in einigen wenigen exklusiven Residenzen in Thamlin auftaucht. Im Vergleich zu dem Kleeh, den ich normalerweise in mich hineinschütte, ist er wie … also wie … einfach unvergleichlich. Ich habe ihn erst einmal in meinem Leben gekostet, auf einem Bankett im Palast, und das auch nur, weil ich ihn vom Tisch des Konsuls habe mitgehen lassen. Ich stelle die Flasche ehrfürchtig auf den Tisch und sehe, dass noch drei weitere Flaschen in der Kiste liegen. Vier Flaschen Abbot’s Spezial-Destillat, mit Liebe und Sorgfalt von den talentiertesten Schnapsbrennern der Bergmönche hergestellt. Meine Sorgen verfliegen schon bei ihrem Anblick.
    Ich tauche tiefer in die Kiste ein und fördere eine weitere Flasche zutage. Sie ist dicker, besteht aus braunem Glas, und das Etikett ist mit einer eleganten Kalligrafie geschmückt. Als ich die verschlungenen Buchstaben erkenne, werden mir die Knie weich. Das Grandiose Abbot’s Starkbier ist ein in jeder Hinsicht so kostbares und feines Gebräu, dass es als einziges Bier für den Gaumen des Königs auserkoren wurde. Bier wird von der Wein saufenden Oberschicht Turais für gewöhnlich verschmäht, aber beim Grandiosen Abbot’s Starkbier machen sie liebend gern eine Ausnahme. Ich wage zu bezweifeln, dass das Kloster, das dieses Bier erschafft, mehr als fünfzig Fässer im Jahr davon braut. Sie werden allesamt in den Palast geliefert. Das Grandiose Abbot’s Starkbier ist so berühmt, dass es einst eine entscheidende Rolle als Handelsobjekt in einem Vertrag mit den Simnianern spielte. Dieses Bier ist das beste Getränk in der bekannten Welt, und ich habe seit mehr als zehn Jahren keinen Tropfen davon gekostet. Lisutaris, eine Frau, vor der ich immer die größte Hochachtung hatte, hat mir acht Flaschen geschickt. Ich wische mir eine Träne aus dem Auge. So ein Bier läuft einem Mann normalerweise höchstens einmal im Leben durch die Gurgel.
    Unter dem Bier liegt ein kleiner Beutel Thazis, allerdings nicht die drögen braunen Blätter, die man sich in ZwölfSeen gewöhnlich reinzieht. Dieses Kraut ist feucht, grün und duftet köstlich. Lisutaris hat es selbst gezüchtet. Erneut bin ich sprachlos. Die Zauberin hütet ihr Thazis wie ihren Augapfel. Sie hat nicht nur ein Häuschen mit Glaswänden in ihrem Garten stehen, das speziell der Aufzucht von Pflanzen dient, eine bisher beispiellose Extravaganz, sondern sie hat sogar einen Zauberspruch gewirkt, der das Wachstum der Pflanzen beschleunigt. Nirgendwo findet man besseres Thazis, und mit dem, was sie mir geschickt hat, komme ich durch den Winter, mindestens.
    Als Nächstes fördere ich sechs Flaschen Elfenwein aus der Schatzkiste. Ich bin zwar kein Weinkenner, aber nach der Qualität der anderen Geschenke zu urteilen, dürfte dieser Wein von den besten Weinbauern der besten Weintrauben der besten Weinanbauinsel der Elfen stammen. Als Letztes findet sich ein gewaltiger Rehbraten auf dem Boden der Kiste. Ungewöhnlich daran ist seine Verpackung. Das Fleisch ist in ein Stück Musselin eingewickelt. Es scheint weder
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