Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang
Autoren: Martin Scott
Vom Netzwerk:
durch, vor allem deshalb, weil er genügend Respekt vor Lisutaris, der Herrin des Himmels, besitzt. Sie ist die Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung und eine der mächtigsten Frauen im Westen. Mit jemandem wir ihr auf unserer Seite besteht durchaus die Chance, den Orks standzuhalten, und außerdem ist sie nicht der einzige mächtige Zauberer in der Innung.
    Makri platzt in mein Büro.
    »Wann lernst du endlich anzuklopfen?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Warum?«
    »Weil es zivilisiert ist.«
    »Wir werden belagert.«
    »Kein Grund, seine Manieren schleifen zu lassen. Ich dachte, du verbringst den ganzen Tag bei Lisutaris?«
    Makri runzelt die Stirn. Sie zieht ihren dicken Winterpelz aus und setzt sich in den Stuhl direkt neben dem Kaminfeuer.
    »Lisutaris wurde zum König in den Palast bestellt. Ich durfte nicht mit.« Ihre Augen blitzen. »Ist das nicht lächerlich? Ich darf an keiner privaten Audienz beim König teilnehmen, weil ein paar Tropfen orkisches Blut in meinen Adern fließen. Wer, bitte schön, hat Lisutaris denn vor den Orks gerettet, hm?«
    Makri ist sauer, obwohl sie genau wusste, was auf sie zukam, als sie den Job angenommen hat. Niemand hasst die Orks mehr als Makri, und sie hat während ihrer Pubertät jede Menge von ihnen abgeschlachtet. Trotzdem, es fließt ein Viertel Ork-Blut durch ihre Adern, und damit wird sie zu den meisten öffentlichen Plätzen in unserer Stadt niemals Zutritt bekommen.
    Mir fällt auf, dass Makri etwas abgemagert aussieht. Sie füllt zwar ihren Mini-Kettenzweiteiler noch ausreichend aus, um genug Trinkgeld von den Söldnern in der Taverne zu kassieren, aber ich glaube, dass sie zwischen ihren Schichten als Barmädchen und Leibwächterin nicht ordentlich isst.
    »Ich hasse es, dass die Bibliothek im Winter schließt«, sagt sie. »Ich muss studieren.«
    Makri arbeitet hier, um sich die Studiengebühr für die Innungshochschule zu verdienen. Ich kann einfach nicht fassen, dass sie in solchen Zeiten noch an ihre Ausbildung denkt.
    »Die Orks wollen die Mauern stürmen. Kannst du nicht mal dann ein Feriensemester einlegen?«
    Makri zuckt mit den Schultern. »Mir gefällt das Studium. Und Sermonatius macht auch kein Feriensemester.«
    Sermonatius ist ein sehr prominenter Philosoph in Turai. Makri hält große Stücke auf ihn. Ich halte ihn für einen Narren, weil er unentgeltlich unterrichtet. Offenbar besitzt der Mann kein Wissen, für das er Geld verlangen könnte. Fairerweise muss ich sagen, dass er auf dem Schlachtfeld gekämpft hat, als die Orks angriffen, obwohl er sich aufgrund seines Alters vom Militärdienst hätte befreien lassen können.
    Makri fährt sich mit der Hand durch ihre dichte, dunkle Haarmähne. Irgendwie wirkt sie unausgeglichen.
    »Ich will es blond färben.«
    Das verblüfft mich. Makri war im zarten Alter von dreizehn Jahren Champion-Gladiator. Sie ist eine derartig rücksichtslose Kämpferin, dass ich sie mir nur mit dem Schwert in der Hand vorstelle, wenn ich an sie denke. Bei der Schlacht gegen die Orks stand sie vor den Mauern unserer Stadt über der bewusstlosen Lisutaris und verteidigte sie mit einer erstaunlichen, wilden Entschlossenheit. Sie zuckte nicht mal mit der Wimper, obwohl sie angesichts der Übermacht des Feindes keine Chance hatte. Dass sie mir jetzt mit Frisurproblemen kommt, ist ein bisschen merkwürdig. Andererseits, seit sie in Turai lebt, hat sie einige modische Angewohnheiten unserer weiblichen Bevölkerung angenommen, hauptsächlich jedoch die der niederen Klassen, wie zum Beispiel ein Nasenpiercing und lackierte Fußnägel.
    »Dann siehst du aus wie eine Hure.«
    »Nein, tu ich nicht. Senator Lohdius’ Tochter trägt auch Blond.«
    Stimmt. Turanische Frauen sind meist dunkelhaarig. Blond bevorzugen vor allem Prostituierte, deren Schlampenstil jetzt offenbar von Senatorentöchtern nachgeahmt wird. Manchmal sogar von den Senatorengemahlinnen. Warum nur reiche Frauen und Hetären sich die Haare färben, geht allerdings über meinen Verstand.
    »Dich wird kaum jemand für eine Senatorentochter halten. Aber was kümmert’s dich? Du hast doch schon die ganze Stadt gegen dich aufgebracht. Was fällt da ein Scherflein mehr öffentliche Schande noch ins Gewicht? «
    »Die Leute interessieren mich nicht«, erwidert Makri. »Ich habe einfach keine Zeit dafür. Ich muss arbeiten, studieren und die Leibwächterin spielen; die Orks drohen, die Stadt zu erstürmen, und dürften mich umbringen. Das kann ich ihnen zwar direkt übel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher