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Sturm ueber den Highlands

Titel: Sturm ueber den Highlands
Autoren: Suzanne Barclay
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sich ihr bot, seit ihrer Kindheit. Ein großer, mit Kopfsteinen gepflasterter Platz, eingefasst auf vier Seiten von festen Türmen, die ihre Vorfahren errichtet hatten. Selbst die Nebengebäude wie die Küche, die Vorratskammer, die Brauerei und die anderen waren sauber und ordentlich. Dafür hatten ihre Eltern hart gearbeitet.
    „Tante Elspeth!“ Eine kräftige Gestalt prallte gegen sie, so dass sie einen Schritt zurückwich. Sie hätte das Gleichgewicht verloren, hätten nicht die kräftigen Arme ihre Taille umfasst.
    „Neffe Kieran.“ Elspeth erwiderte seine Umarmung. Sie lächelte ihm ins Gesicht, das sie so sehr an seinen Vater erinnerte. Das brachte Erinnerungen zurück an ihre Jugend, als ihr ältester Bruder der Mittelpunkt ihrer Welt gewesen war. Armer Lion, seit neun Jahren tot, ohne zu wissen, dass er einen Sohn gezeugt hatte. Siusan Sutherland, die Frau, die er geliebt, doch nicht geehelicht hatte, lebte gerade lange genug, ihr Neugeborenes in die liebevolle Obhut ihrer Schwester Megan zu geben.
    „Wir haben einen Besucher, und Papa hat mich gesandt, dich zu holen.“
    „Papa“ war Ross, ihr zweiter Bruder, Erbe an Stelle von Lion, und der Gemahl von Megan. Sie fragte sich, ob Kieran wusste, dass er nicht ihr leibliches Kind war. Noch wichtiger erschien ihr die Frage, was mit Kieran geschehen würde, nun, da - Wunder über Wunder nach neun unfruchtbaren Jahren -Megan ein Kind erwartete. „Jemand der mich sehen will?“ fragte sie vorsichtig.
    „Es ist bloß eine kleine Frau mit vielen Ringen“, sagte Kieran mit der Verachtung eines Knaben. „Wir könnten uns hinunter zum Kampfplatz schleichen und zusehen, wie die Männer sich im Kampfe üben“, bot ihr Neffe an, da er ihr Zögern spürte.
    Elspeth lächelte. „Was bringt dich auf den Gedanken, dass ich das tun möchte?“
    „Papa ... er und Großvater sprachen darüber, wie wild du gewesen bist, ehe du geheiratet hast.“ Kierans Augen, violett und einige Schatten dunkler als ihre eigenen, wurden groß, als er sie losließ. „Hatte Sir Andrew dir wirklich beigebracht, mit Dolch und Schwert zu kämpfen?“
    „Ja.“ Ein Schauder durchzuckte sie, als sie sich daran erinnerte, zu welchem Zweck sie das Können, das ihr der alte Ritter beigebracht hatte, angewandt hatte. Es erleichterte ihr Gewissen nicht, dass Raebert es aufrichtig verdient hatte, solch ein grässliches Ende zu finden.
    Kierans Gesicht war von jugendlichem Eifer gezeichnet. „Wenn ich einmal Laird der Carmichaels bin, werde ich ein ebenso großer Krieger sein wie Papa.“
    War, dachte Elspeth, und ihr Herz krampfte sich schmerzlich zusammen. Lion war ein hervorragender Kämpfer gewesen. Ein großer, kühner Ritter, ein erfahrener Kämpe, furchtlos in der Schlacht, durch und durch ehrenhaft. Diese Ähnlichkeit mit Lion hatte sie in Raeberts Arme getrieben. Sie hatte immer davon geträumt, einen Ritter zu ehelichen. Doch unter seiner glänzenden Rüstung war Raebert schlecht und verkommen.
    „Ah, da bist du“, vernahm Elspeth eine tiefe Stimme. Sie wandte sich um und sah Ross auf sich zukommen. Groß und kräftig, mit einer grauen Strähne in seinem schwarzen Haar, denn er war zweiunddreißig Jahre alt. „Ich hätte wissen sollen, dass ihr beide zusammensteckt. Ihr seid vom gleichen Blut“, sagte er liebevoll, als seine Hand über Kierans Haare strich. „Sir Andrew erwartet dich auf dem Übungsplatz, mein Junge.“
    Kieran blickte auf seine Stiefel hinab. „Das Schwert ist gebrochen.“
    „Hm. Und wie konnte das geschehen?“ Ross zwinkerte Elspeth zu.
    „Nun ..." Verlegen zeichnete Kieran mit seiner Fußspitze eine Furche in das frische Gras.
    „Eine der alten Rüstungen, die in der Waffenkammer steht, hat eine Delle“, bohrte Ross vorsichtig nach, wo Lion und sein Vater getobt hätten. Einst hatte Elspeth eine laute Auseinandersetzung als Stärke angesehen und den ruhigeren Weg von Ross verachtet. Doch die Ehe mit Raebert hatte sie gelehrt, die männliche Stärke, die sie zuvor verherrlicht hatte, zu fürchten.
    Kieran seufzte, doch der Blick, den er zu ihrem Bruder emporrichtete, war unerschrocken. „Ich habe es getan. Ich wollte es
    nicht, aber ..."
    „Nun.“ Ross drückte Kierans Schulter, wie es Father Patrick bei Elspeth getan hatte, und sie spürte die Liebe, die die beiden verband. Während ihrer Ehe hatte sie solch eine Zusammengehörigkeit in hohem Maße vermisst, Raebert hatte sie mit seiner Kälte wie mit körperlicher Grausamkeit tief verletzt.
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