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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
Autoren: Alexey Pehov
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Liebend gern wäre sie eine ganze Woche hiergeblieben, um sich endlich zur Genüge auszuschlafen, statt im Wagen zu frieren und gegen die Müdigkeit anzukämpfen.
    Sobald sie die Schenke hinter einer Wegbiegung gelassen hatten, verengte sich die Straße und zog sich in gefährlichen Serpentinen bergauf zu den schneebedeckten Gipfeln, die sich scharf gegen den klaren Himmel abzeichneten.
    »Müssen wir da etwa hoch?«, fragte Algha.
    »Was?«, brummte Lereck, der ganz in seine Gedanken versunken gewesen war. Dann folgte er ihrem Blick. »Ach so … Nein, mein Mädchen. Das würden wir auch gar nicht schaffen.«
    »Aber ich dachte, dort oben liege Burg Donnerhauer?«
    »So streng ist Meloth nicht, dass er uns zwänge, in solche Höhen hinaufzukraxeln. Die Festung liegt dort, hinter diesen Bergen. Du wirst sie bald sehen. Also … wie heißt du denn nun wirklich?«
    »Algha.«
    »Freut mich sehr, dich kennenzulernen, mein Mädchen«, versicherte er aufrichtig, weder in gekränktem noch in spöttischem Ton. »Bist du vor jemandem auf der Flucht?«
    »Nein«, log sie. »Und ich habe auch nichts zu verbergen.«
    »Dein Wort in Meloths Ohr«, erwiderte Lereck leichthin. »Ich bin auf dem Weg nach Korunn. Falls das auch dein Ziel ist, kannst du dich mir gern anschließen.«
    »Vielen Dank«, sagte sie, »aber ich weiß noch nicht genau, ob ich in Burg Donnerhauer bleibe oder noch weiterziehen möchte.«
    »Dann wende dich an Meloth. Vielleicht zeigt er dir den Weg auf, den du wählen musst.« Auch diesmal klang Lerecks Stimme ernst und von aufrichtiger Sorge erfüllt. »In diesen Zeiten sollte man sein Ziel nämlich kennen, alles andere wäre eitel.«
    Das wusste sie selbst nur zu genau. Deshalb wollte sie ja auch unbedingt andere Schreitende finden, um ihnen davon zu berichten, was im Regenbogental geschehen war. Sollten diese dann entscheiden, wo in der gegenwärtigen Lage ihr Platz war.
    »Was hast du im Süden gemacht?«
    »Gelernt«, antwortete sie.
    »Lesen und Schreiben?«
    »Ja. So wollte es mein Vater.« Das war noch nicht einmal gelogen.
    »Und? Konntest du deine Ausbildung erfolgreich beenden?«
    »Ja.«
    »Dann hast du vielleicht auch das Buch der Schöpfung gelesen?«, erkundigte sich Lereck.
    »Aber selbstverständlich«, antwortete Algha und musste ein Lächeln unterdrücken.
    »Sehr schön. Vor allem, da immer noch genug Mädchen der Ansicht sind, sie bräuchten nicht lesen zu können. Ich bin froh, dass du nicht zu ihnen gehörst. Dein Wunsch nach Wissen verlangt nach Respekt. Und dein Vater ist ein kluger Mann, wenn er für deine Ausbildung gesorgt hat.«
    Sie sagte ihm nicht, dass ihre Eltern schon vor langer Zeit gestorben waren. Damals war sie gerade erst in der zweiten Klasse gewesen. Die einzige Verwandte, die ihr geblieben war, war nun ihre ältere Schwester, von der sie jedoch nicht einmal wusste, wo sie sich zurzeit aufhielt. Bei dem Gedanken an sie wurde ihr schwer ums Herz. Algha ballte die Hände in den Manteltaschen zu Fäusten und richtete den Blick starr auf die Straße.
    Auf den Hängen vor ihnen wuchsen nun jahrhundertealte Tannen, über denen eine puderfeine Schneedecke lag. Beim Anblick dieser gewaltigen Bäume mit den rauen, pikenden Zweigen hellte sich Alghas Gemüt wieder auf. Sie liebte diese Bäume mehr als alle anderen und war von klein auf überzeugt, dass sie ihr gegenüber selbst bei grimmigster Kälte freundlich gesinnt waren. Sicher, da sprach kindlicher Aberglaube aus ihr – doch ließ sich dieser nicht so einfach abschütteln.
    Nach der Nacht im Stall trabte das Pferd mit frischen Kräften vorwärts. Irgendwann machte die Straße eine weitere Biegung, und sie erblickten endlich eine schroffe Felswand. Das Steinmassiv, wiewohl längst nicht so hoch wie die umliegenden Gipfel, bannte unweigerlich den Blick. Auf ihm fand sich nicht eine einzige Schneeflocke. Seine Form erinnerte an den Fangzahn eines Wolfes, der Felsen war schwarz wie die Nacht, als hätten Hunderte von Blitzen in den Stein eingeschlagen und ihn gänzlich verkohlt. Dort lag Burg Donnerhauer.
    »Wie bist du eigentlich von Korunn aus in diese Gegend gekommen?«, fragte Lereck. »Über die Treppe des Gehenkten?«
    »Nein. Aber damals war ich ohnehin noch zu klein, um mich heute noch daran zu erinnern … Übrigens folgt uns jemand.«
    Drei Biegungen hinter ihnen hatte Algha zwei Reiter ausgemacht. Der Priester erhob sich nun ein wenig vom Kutschbock und spähte zurück.
    »Die haben uns bald eingeholt«, sagte
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