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Sturm der Leidenschaft

Titel: Sturm der Leidenschaft
Autoren: Judith McNaught
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aufschlußreich, Onkel Edward«, obwohl sie innerlich darauf brannte, ihn mit weiteren Fragen zu bestürmen. Und als ihre Tante ihre Schilderungen von Paris und seines lockeren gesellschaftlichen Lebens beendet hatte, meinte Whitney artig: »Wie bemerkenswert interessant, Tante.« Und in dem Augenblick, in dem die Tafel aufgehoben war, entschuldigte sie sich und verschwand.
    Nach drei Tagen waren Whitneys Bemühungen um Anstand und Sitte so erfolgreich, daß sich Anne Gilbert zu fragen begann, ob sie sich den Zwischenfall bei ihrer Ankunft nur eingebildet hatte, oder ob das Mädchen irgendeine Abneigung gegen Edward und sie hatte.
    Am Vormittag des vierten Tages beschloß Anne die Wahrheit herauszufinden. Whitney war weder im Haus noch im Garten, sie hatte sich auch kein Pferd aus den Ställen geholt. Anne wanderte auf das Gelände hinaus und überlegte, wo eine Fünfzehnjährige ihre Zeit verbringen würde. Von einer kleinen Anhöhe aus erspähte sie einen gelben Fleck. »Also da bist du«, murmelte sie, öffnete ihren Sonnenschirm und lief über den Rasen.
    Whitney sah ihre Tante erst, als es für eine Flucht bereits zu spät war. Verzweifelt wünschte sie, sich ein besseres Versteck gesucht zu haben, und dachte über ein Thema nach, über das sie mit ihrer Tante reden konnte, ohne allzu einfältig zu erscheinen. Kleider? Sie hatte keine Ahnung von Mode und brachte auch keine Spur von Interesse dafür auf. Gleichgültig, was sie anzog, sie sah stets schrecklich aus. Wie konnten auch Kleider das Aussehen eines Mädchens verbessern, das Katzenaugen hatte, erdbraune Haare und Sommersprossen auf der Nase. Darüber hinaus war sie zu groß, zu dürr, und wenn der Herrgott die Absicht haben sollte, sie mit einem Busen auszustatten, dann ließ er sich damit beunruhigend viel Zeit.
    Außer Atem von dem anstrengenden Marsch sank Anne Gilbert neben Whitney auf die Decke. »Ich ... ich dachte, ich müßte endlich einmal ein bißchen Spazierengehen«, log sie. Als sie wieder etwas zu Atem gekommen war, bemerkte sie ein ledergebundenes Buch neben Whitney und beschloß, das zum Thema eines Gesprächs zu machen. »Ist das ein Liebesroman?«
    »Nein, Tante«, erwiderte Whitney zurückhaltend und legte schnell eine Hand über den Titel.
    »Ich habe gehört, daß sich die meisten jungen Damen für Liebesromane begeistern«, versuchte es Anne erneut.
    »Ja, Tante«, erwiderte Whitney höflich.
    »Ich habe einmal einen gelesen, aber er hat mir nicht besonders gefallen«, meinte Anne und dachte verzweifelt nach einem anderen Thema nach, um Whitney aus ihrer Reserve zu locken. »Ich mag keine Heldinnen, die einfach vollkommen sind oder bei jedem Anlaß in Ohnmacht fallen.«
    Whitney war so erstaunt über die Feststellung offenbar nicht das einzige weibliche Wesen in England zu sein, das diese geistlosen Bücher nicht verschlang, daß sie ihren Vorsatz der absoluten Einsilbigkeit prompt vergaß. »Und wenn die Heldinnen nicht ohnmächtig werden«, meinte sie lachend, »liegen sie mit Hirschhornsalzfläschchen vor der Nase auf dem Kanapee und verzehren sich nach irgendeinem schwachköpfigen Gentleman, der ihnen noch keinen Antrag gemacht oder bereits um eine andere, sehr viel unwürdigere Frau angehalten hat. Ich könnte nie tatenlos herumliegen, wenn sich der Mann, den ich liebe, um eine andere bemüht.« Whitney warf ihrer Tante einen prüfenden Blick zu, doch die war keineswegs schockiert, sondern betrachtete sie mit einem unerklärlichen Lächeln um die Lippen. »Tante Anne, könnten Sie wirklich etwas für einen Mann empfinden, der vor Ihnen in die Knie sinkt und haucht: >O Clarabel, deine Lippen sind wie die Petalen einer roten Rose und deine Augen wie zwei Sterne am Himmel    »Mich auch«, sagte Anne und lachte. »Aber was liest du dann, wenn keine gräßlichen Liebesromane?« Sie schob Whitneys Hand leicht zur Seite und las den Titel. »Die Ilias?« fragte sie ungläubig. »Nun erzähl mir nur noch, daß du Griechisch kannst. . .« Liebevoll lächelte sie ihre Nichte an.
    Errötend nickte Whitney. Jetzt würde ihre Tante sie bestimmt für unweiblich gebildet halten. »Auch Latein, Italienisch, Französisch und ein wenig Deutsch«, gestand sie ein.
    »Großer Gott«, hauchte Anne tief beeindruckt. »Wo hast du das alles denn gelernt?«
    »Ungeachtet dessen, was Vater von mir hält, Tante Anne, bin ich vielleicht töricht, aber nicht
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