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Stundenlohn für flotte Gangster

Stundenlohn für flotte Gangster

Titel: Stundenlohn für flotte Gangster
Autoren: Stefan Wolf
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Die Sonnenbrille funkelte. Er trug kein Hemd, aber
eine Goldkette auf nackter Brust. Sie war nicht gerade armdick, aber eine
Ringelnatter von diesem Format wäre ein ausgesprochen fettes Exemplar gewesen.
    Er versuchte, Annas Hand zu
fassen, doch die junge Frau wich vor ihm zurück. Dann wollte sie die Fahrertür
öffnen. Offenbar gelang das nicht. Tim konnte nicht sehen, weshalb — weil ein
Wagen die Sicht verstellte. Sicherlich blockierte der Adonis die Tür.
    Tims Freunde waren angelangt
und beobachteten gespannt.
    „Mist!“, seufzte Gaby. „Vorhin
war ich ganz froh, dass du nicht eingreifen musstest. Aber jetzt, Tim — ich
glaube, Anna braucht Hilfe.“
    „Bin schon unterwegs“, grinste
er und schob Klößchen sein Bike hin.
    Nach fünf schnellen Schritten
verzögerte Tim.
    Anscheinend hatte Anna sich
selbst geholfen, hatte den lästigen Typ abgeschmettert. So sah’s aus.
    Der Adonis wandte sich in
diesem Moment ab und sockte nach rechts, nicht minder wütend als vorhin.
Zweimal nahm er seine Sonnenbrille ab und setzte sie wieder auf. Ebenso gut
hätte er sich die Haare raufen oder an seiner Kette knabbern können.
    Indessen warf sich Anna in
ihren Wagen und machte mit heulendem Motor eine Art Kavalierstart.
    Rückwärts schoss sie aus ihrer
Parktasche.
    In der Sekunde passierte es.
    Ein ziemlich alter BMW — teils
braun lackiert, teils rostfarben — setzte ebenfalls zurück und geriet Anna in
den Weg.
    Sie bremste zwar in letzter
Sekunde, aber das minderte nur den Aufprall.
    Der BMW wurde seitlich gerammt.
Die hintere Tür knisterte wie Glaspapier.
    Für einen Moment dröhnten beide
Motoren, schwiegen dann. Stille.
    „Verdammt!“, hörte Tim
dreistimmig hinter sich.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie
vom rechten Teil des Parkplatzes ein roter Ferrari abfuhr — so teuer wie eine
Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung in guter Lage. Der Adonis machte den Abgang. Nicht
zu fassen! Der musste gecheckt haben, was lief. Aber es interessierte ihn
nicht. Offenbar saß die Verärgerung tief.
    Tim lief zum Unfallort, seine
Freunde folgten.
    Der BMW-Fahrer war
ausgestiegen.
    „Sind Sie blind?!“, brüllte er.
„Sie haben meinen Wagen zerstört, Sie blöde Person.“

    Anna war hinter dem Lenkrad
geblieben — und schien zu weinen.
    „Kommen Sie raus!“, brüllte der
Kerl. „Das kostet Sie was, Sie... ach, natürlich  ‘ne Frau. Den
Führerschein wohl in der Frauengruppe gemacht, was?“
    „Nun mal langsam!“, sagte Tim.
„Ein Unfall ist passiert. So was kommt leider vor. Aber das berechtigt niemand,
den Unfallgegner zu beleidigen. Also bleiben Sie cool. Personenschaden ist ja
zum Glück nicht entstanden. Oder spüren Sie ein Gebrechen?“
    Der Mann glotzte ihn an. Er war
groß und stämmig, hatte ein rotes Gesicht mit eingedellter Nase und einen
blonden Bürstenschnitt über der niedrigen Stirn. Seine graue Cargo-Hose
baumelte an ihm wie ein Jute-Sack. Das rosafarbene Polohemd hatte
Schweißflecke.
    „Wer hat dich denn gefragt, du
Armleuchter“, gröhlte er. „Spielst du den Unfallzeugen?“
    „Noch eine Beleidigung“, warnte
Tim, „und ich semmele Ihnen eine rein, dass Sie sich wünschen, Sie wären Ihre
Hintertür. Denn die kann man wieder reparieren.“
    Der Typ biss sich auf die
Lippen. Sein Glotzen wurde untermalt von Sprachlosigkeit.
    Anna stieg aus.
    Tränen liefen ihr übers
Gesicht. Sie hatte kein Taschentuch greifbar und musste den Handrücken nehmen.
    „Tim, schon gut. Mach dir
keinen Ärger. Ich... ich bin schuld. Ich war aufgeregt und... der Herr hatte
Vorfahrt.“
    Herr?, dachte Tim. Dieses schwitzende
Monster ist nicht mal ein Mann, allenfalls ein Typ. Und Anna sollte nicht
gleich die Schuld eingestehen, obwohl... nee, da gibt’s leider nichts zu
deuteln. Der Brüllaffe ist im Recht. Anna hätte warten müssen.
    Karl und Klößchen bauten sich
neben Tim auf.
    Gaby reichte Anna ein
Papiertaschentuch, was ein dankbares Lächeln hervor lockte.
    Immerhin — Annas
Schuldgeständnis schien den Typ zu besänftigen.
    „Ich habe den Wagen noch nicht
lange“, erklärte er in ruhigem Ton. „Hab ihn aus vierter Hand gekauft, aber er
ist noch gut in Schuss. Eine Rakete. Frisst wenig Benzin. Kaum
Klappergeräusche. 100 000 Kilometer macht der noch. Da ärgert es mich
natürlich, wenn er demoliert wird.“
    „Brauchen wir die Polizei?“,
fragte Anna mit kläglicher Stimme. „Oder genügt es Ihnen, wenn wir die Papiere
austauschen?“
    „Genügt mir.“
    Während die beiden das
regelten, blieben
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