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Die weiße Schmuggler-Jacht

Die weiße Schmuggler-Jacht

Titel: Die weiße Schmuggler-Jacht
Autoren: Stefan Wolf
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1. Nie wieder „Tarzan“!
     
    Mittags begann es zu regnen. Das sollte
anhalten — laut Wettervorhersage — für die nächsten fünfeinhalb Tage. Peter
Carsten, auch Tarzan genannt, schickte einen wütenden Blick durchs Fenster.
Dann ging er in die Diele, wo das Telefon stand.
    Seit vorgestern war er zu Hause, bei
seiner Mutter, etliche Bahnstunden vom Internat und seinen Freunden entfernt.
Die Sommerferien hatten begonnen. Im Internat war zur Zeit total tote Hose.
Sogar Hausmeister Mandl befand sich auf Mallorca, um seinen Bierbauch — urlaubshalber
— der Sonne auszusetzen.
    Wäre ja alles ganz in Ordnung, dachte
Tarzan, wenn nur Mutti mehr Zeit hätte.
    Aber leider... Frau Carsten hatte zu
arbeiten. Sie war Witwe und mußte den Unterhalt verdienen für sich und ihren
Sohn. Erst in Tarzans letzter Ferienwoche konnte sie frei nehmen. Dann wollten
beide an die Nordsee fahren.
    Aber das war ja noch sooooo lange hin.
    Verordnete Untätigkeit nervt. Besonders
einen Actions-Bolzen wie Tarzan.
    Na schön. Er war früh aufgestanden,
hatte einen Waldlauf gemacht und dann auf einem alten Teppich im Keller
Judo-Techniken geübt. Er hatte an seinem Modellflugzeug weitergebaut, die
Tageszeitung gelesen und fünf Seiten schwierigen Text im Times-Magazin, das
bekanntlich in englischer Sprache erscheint. Und jetzt?
    Im Internat und dort in der Stadt bei
meinen Freunden, dachte er, spielt sich mein Leben ab. Hier kenne ich nur
wenige. Und die wenigen sind alle — Zoff und Wahnsinn! — mit ihren Eltern in
die Ferne geschweift. Verreist! Verreist! Verreist!
    Er blätterte im Telefonbuch.
    Kai-Uwe Säckelmeyer...
    So hieß der Vater, so hieß der Sohn.
Mit ihm hatte Tarzan schon im Sandkasten gespielt, und Kai-Uwe junior war immer
ein Pfundskumpel geblieben.
    Er wählte. Nach dem siebten Läuten
wurde abgenommen. Eine fistelnde Frauenstimme sagte: „Ja? Hallo? Hier Säckelmeyer.“
    Das war die Oma, wie er wußte.
    „Tag, Frau Säckelmeyer. Hier ist Peter
Carsten. Kann ich Kai-Uwe sprechen?“
    „Ach, der Peter! Tag, Peter! Geht’s dir
gut, ja? Wiedermal daheim. Uwe ist leider nicht da. Gestern sind sie alle an
die Adria gefahren. Nach Italien, weißt du. Und zwar nach... Moment, das habe
ich irgendwo aufgeschrieben. Wenn du wartest...“
    „Nicht nötig, Frau Säckelmeyer“, würgte
er die weiteren Infos ab. „Wenn Kai-Uwe nicht da ist, erübrigt es sich sowieso.
Ich rufe dann in drei Wochen nochmal an. Wiederhören.“
    Er ging in den Keller und bastelte am
ferngesteuerten Freiflugmodell, aber mit gedämpfter Lust.
    Einen Job! dachte er. Das ist es. Den
brauche ich. Statt hier rumzuhängen, als hätte ich Erholung nötig, fahre ich
Zeitungen aus. Oder ich haue voll rein als Rasenmäher-Spezialist. Vielleicht
finde ich auch was Anspruchsvolles. In Mathe und Physik könnte ich Nachhilfe
geben. Natürlich verbilligt, denn ich bin ja kein Knete-Geier.
    Er lief hinauf in die gemütliche
Wohnung seiner Mutter und griff wieder zur Zeitung. Die Stellenangebote. Aha!
Aber da war nichts. Nicht ein einziger Job für ihn. Eine Klofrau wurde gesucht,
ein Lkw-Fahrer, ein Programmierer.
    Dann vielleicht morgen.
    Sein Blick fiel auf die andere
Zeitungsseite. Veranstaltungen. Restaurants inserierten (Anzeige aufgeben), Theater inserierten, Kinos inserierten.
    Im Gloria-Palast lief: TARZAN UND DAS
GOLDENE KROKODIL!
    Und plötzlich packte ihn die Neugier.
    Tarzan? Wegen seiner körperlichen
Gewandtheit, seiner braunen Haut und den dunklen Locken hatten die
Internatsfreunde ihm vor ewigen Zeiten den Spitznamen angehängt. Wer oder was
sich hinter diesem Tarzan verbarg — davon hatte er nur eine nebelhafte Ahnung.
Affenmensch? Halbaffe? Urwaldschreck?
    Mal checken, dachte er, wie das die
Filmemacher sehen. Das Sauwetter rechtfertigt den Besuch einer
Nachmittagsvorstellung. Sonst — ph! — trifft man dort nur die Trantüten an.
    Er überprüfte sein Taschengeld,
schlüpfte in die Windjacke, schloß die Wohnung ab und zog los.
    Als er zwei Stunden später nach Hause
kam, war seine Mutter schon da. Frau Carsten umarmte ihn, wobei sie sich ein
bißchen hochrecken mußte. Sie arbeitete als Buchhalterin, war überaus tüchtig
und für ihren Chef so gut wie unentbehrlich. Was natürlich dazu führte, daß
ihre Freizeit immer knapper wurde.
    „Na, mein großer Sohn“, meinte sie
lachend und zog ihn an der Nase. „Wie war denn der dritte Ferientag? Du machst
ein Gesicht, als hätte Gaby dir einen bitterbösen Brief geschrieben.“
    „Das
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