Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition)
Autoren: Shannon McKenna
Vom Netzwerk:
umzudrehen, nicht nachgeben. Die Leere, die sie angesichts des verwaisten Raumes empfinden würde, war zu deprimierend. Sie musste unbedingt aufhören, sich das anzutun.
    Aber ihre Nackenhärchen kribbelten wie verrückt. Sie setzte die Kopfhörer ab und zögerte einen Augenblick. Ihr Herz schlug wie wild.
    Ach, warum nicht? Warum ihr Elend nicht noch verschlimmern?
    Sie drehte sich um … und schnappte nach Luft.
    Die Erde geriet aus den Fugen. Tam wurde rot, angefangen bei den Fußsohlen, vielleicht sogar noch tiefer, in irgendeiner anderen Dimension ihres Seins, dem geschmolzenen Kern ihrer Seele, dem Meeresgrund ihres Herzens.
    Sie fühlte sich nackt. Innen wie außen. Süße, fröstelnde Schauder jagten über ihre Haut: halb vor Entsetzen, halb vor unbändiger Freude.
    Val sagte nichts, blickte sie nur an. Seine Haare waren länger, zu lang für die coole Frisur, die er sonst getragen hatte. Von weißen Fäden durchzogen, hingen sie ihm in ungekämmten Wellen über Augen und Ohren.
    Er war dünner, unter seinen Augen lagen dunkle Schatten, seine Haut schien blasser, sein Kinn spitzer. Seine Wangenknochen stachen hervor, als wären sie mit einem stumpfen Messer modelliert worden. Trotzdem war es Val.
    Gott, wie er den Raum ausfüllte, wie er ihn dominierte. Er nahm ihn völlig für sich ein, beanspruchte ihn vollständig für sich. So, wie er auch sie für sich eingenommen hatte. Es kam einem verdammten Wunder gleich.
    Tam räusperte sich. »Willst du nicht irgendetwas sagen?« Die Worte kämpften sich an dem schmerzhaften Knoten in ihrer Kehle vorbei.
    Vals Mundwinkel zuckten. »Ich habe darauf gewartet, dass du anfängst.«
    Aus purer Gewohnheit stieß sie ein verächtliches Schnauben aus. »Typisch. Männer stehlen sich immer aus der Verantwortung.«
    »Nein, Tamar. Du bist diejenige, die sich typisch verhält«, widersprach er ruhig. »Du versteckst dich hinter deinem Sarkasmus wie ein Kind hinter den Beinen seiner Mutter. Dass ich dir über den halben Erdball nachgereist bin, spricht für sich. Ich erwarte eine Reaktion darauf.«
    Ihre Röte verstärkte sich. Sie wusste nicht, wo sie hinsehen, was sie mit ihren Händen, ihrem Mund anfangen sollte. Sie war nervös und fühlte sich wie ein dummer Teenager, dem es die Sprache verschlagen hatte.
    »Eine Reaktion«, echote sie. »Wie soll ich denn bitteschön reagieren?«
    Mit seinem flüchtigen, verschmitzten Lächeln verriet er, wie sehr er ihren hilflosen Zustand genoss. Tam hätte ihm dafür eine scheuern mögen, diesem selbstgefälligen Mistkerl mit seinem herablassenden Verhalten.
    »Ganz wie du möchtest«, sagte er freundlich. »Aber falls du Vorschläge brauchst, kann ich dir gern welche liefern.«
    Tam biss die Zähne zusammen und verbot sich zu weinen. »Niemand schreibt mir vor, was ich zu sagen oder zu denken habe«, konterte sie einfältig. Als hätte sie ihn daran erinnern müssen.
    Sein umwerfend schönes Lächeln haute sie von den Socken, und sie rang um Luft. »Wie käme ich darauf?«
    »Was willst du von mir, Janos?«
    »Alles«, lautete seine unverblümte Antwort. »Und nenn mich Val. Zumindest das habe ich mir inzwischen verdient.«
    Tam kniff die Augen zusammen. »Bitte, lass mich in Ruhe. Es ist zu viel, zu früh.«
    Val schwieg einen Moment. »Wenn du es wünschst. Ich habe keine Eile, muss nirgendwo hin. Wir können es so langsam angehen, wie du willst.«
    »Dies ist mein Haus«, fuhr sie ihn plötzlich an. »Ich bestimme, wer bleibt und wer geht.«
    »Ja, natürlich«, beschwichtigte er sie. »Lass uns über Dinge reden, die dich nicht so aufregen. Über neutrale Themen.«
    Sie fühlte neuen Ärger in sich aufsteigen, weil er sich schon wieder im Ton vergriff. »Wir haben keine neutralen Themen.«
    Val seufzte. »Du bist eine schwierige Frau.«
    Sie warf ihm ein gekünstelt süßes Lächeln zu. »Ach, findest du?«
    Er richtete den Blick gen Himmel, zweifellos flehte er um Geduld. »Wie wäre es mit dem Wetter?«
    Tam wedelte mit der Hand zum Fenster. »Sieh raus. Es ist grau. Grau und nebelig. Dies ist die Küste von Washington. Ende der Unterhaltung. Netter Versuch, trotzdem sinnlos.«
    »Na schön, dann ein anderes«, schlug er vor. »Wie geht es Rachel?«
    Das war alles andere als ein neutrales Thema. »Besser«, sagte sie zurückhaltend. »Sie hat noch immer jede Nacht schreckliche Albträume, aber sie hat wieder angefangen zu sprechen, außerdem isst sie ein bisschen mehr und traut sich aus dem Haus, zumindest wenn ich dabei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher