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Streitfaelle außergerichtlich loesen

Streitfaelle außergerichtlich loesen

Titel: Streitfaelle außergerichtlich loesen
Autoren: Peter Depré
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hinter den Positionen stehenden Interessen der Parteien offenbart werden, um den Verhandlungsspielraum und damit das Spektrum an potenziellen Lösungen zu erweitern.
    Die interessenorientierte Verhandlungslehre bietet auf dieser Grundlage ein bewährtes methodisches Konzept, um Verhandlungen und damit deren Ergebnis zu optimieren.
    In Deutschland ist dieses Konzept als Harvard-Konzept bekannt geworden. Das dahinter stehende Prinzip formulierte der US-amerikanische Rechtswissenschaftler Roger Fisher im Jahr 1981 gemeinsam mit William L. Ury in dem Buch „Getting to Yes“ (deutsch: Das Harvard-Konzept). Das Konzept beruht auf dem „Harvard Negotiation Project“ der Harvard-Universität und wird bis heute an der Harvard Law School unterrichtet. Die Autoren des Harvard-Konzeptes haben festgestellt, dass sich die besten Verhandlungsergebnisse erzielen lassen, wenn in Verhandlungen nicht der Schwerpunkt auf Positionen , sondern auf die Interessen der Verhandlungsparteien gelegt wird. Im Rahmen der Verhandlung soll daher zwischen Sach- und Beziehungsebene getrennt werden. Für die Verhandlung bedeutet dies, dass die Parteien zunächst möglichst viele Einigungsoptionen sammeln sollen, bevor dazu übergegangen wird, diese mithilfe von objektiven Kriterien zu bewerten. Erst wenn sich eine Einigung zwischen den Streitenden abzeichnet, sollen diese prüfen, ob das gefundene Ergebnis nicht mindestens genauso gut ist wie ihr ursprüngliches Verhandlungsziel.
    Zwingende Notwendigkeit für eine interessenorientierte Verhandlung im Sinne des Harvard-Konzepts ist Offenheit der Verhandlungsparteien. Das vorgenannte Konzept kann nur dann erfolgreich aufgehen, wenn die Parteien den anderen umfassend darüber aufklären, was ihre eigentlichen Interessen sind, die hinter dem Konflikt stehen. Und genau an dieser Stelle zeigt sich die Schwierigkeit einer erfolgreichen Verhandlung. Verhandlungspartner neigen intuitiv dazu, so wenig wie möglich über ihre Verhandlungsposition preiszugeben, weil sie fürchten, dass die Gegenseite diese Informationen ausnutzen und gegen sie selbst verwenden könnte.
    Das Gefangenendilemma
    A und B werden bei Verkauf von Diebesgut erwischt, das die beiden bei einem Einbruchdiebstahl am Tag davor gestohlen haben. Die Polizei kann feststellen, dass die Gegenstände aus diesem Einbruchdiebstahl stammen und verdächtigt A und B, gemeinsam den Einbruchdiebstahl begangen zu haben. Beide werden daraufhin in Untersuchungshaft genommen. Im Gefängnis sitzen A und B in unterschiedlichen Zellen und können nicht miteinander sprechen. Beiden wird angeboten, ein Geständnis für den gemeinschaftlichen Einbruchdiebstahl abzulegen. A und B haben folgende Alternativen:
    1.

Keiner von beiden gesteht den Einbruchdiebstahl. A und B werden jeweils wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
2.

Gesteht der eine von beiden, der andere aber nicht, bekommt der Gestehende als „Kronzeuge“ keine Haftstrafe; der andere wird zu vier Jahren Haft verurteilt.
3.

Gestehen beide, werden A und B jeweils zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt.
    Das Dilemma offenbart sich erst auf den zweiten Blick. Auf den ersten Blick scheint es aus rationaler Sicht für A und B sinnvoll, ein Geständnis abzugeben, damit sie straffrei bleiben. Da A und B nicht miteinander sprechen können, werden sie beide gestehen und dann zu jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt werden. Auf den zweiten Blick hätte der beste Weg für A und B aber vorliegend darin bestanden, nicht auszusagen und in der Folge zu „nur“ sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt zu werden.
    Beispiele:
    1.

Sie müssen notgedrungen kurzfristig einen Gebrauchtwagen kaufen, weil Ihr bisheriger PKW funktionsuntüchtig geworden ist, Sie aber auf einen fahrbaren Untersatz angewiesen sind, um zu Ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Sie werden intuitiv den Gebrauchtwagenverkäufer (professionell oder privat) nicht über Ihre Notlage und den Zeitdruck informieren, weil Sie befürchten, der Verkäufer wird diese Information über Ihre Lage nutzen, um einen höheren Preis zu verlangen.
2.

Möchten Sie Ihren Wagen selbst kurzfristig verkaufen, weil Sie zum Beispiel in der nächsten Woche für zwei Jahre ins Ausland gehen, werden Sie den potenziellen Käufer nicht über diesen Umstand informieren, weil Sie fürchten, der potenzielle Käufer könnte diese Information nutzen, um den Preis zu drücken.
    Aus diesem Umstand der Furcht vor Nachteilen durch die
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