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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin
Autoren: Roger Zelazny
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einzusetzen. Zu kompliziert.“
    „Wahr, wahr … wenn man es so betrachtet. Die Phantasie ging mit mir durch – der reptile Rächer, der seinen Feind zermalmt … Das Gefühl, es zu kontrollieren, während …“
    „Umpf. Das dachte ich mir.“
    „Einerlei, es bildet einen wertvollen Baustein unserer wissenschaftlichen Forschungen.“
    „Kaum. Sämtliche hier verwendeten Techniken sind allgemein bekannt, sie repräsentieren keinerlei Fortschritt. Sämtliche Informationen über das Tier könnte man auf einfachere Weise erlangen. Nein, was Ihr dort unten seht, ist die Erfüllung einer Grille – darum zeige ich es so stolz. Ich hatte schon immer das Bedürfnis, so etwas nur zum Vergnügen zu tun. Das ist alles. Mehr ist an der Sache nicht dran. Das Tier hat keinen speziellen Verwendungszweck. Oh, meine Assistenten werden seine Lebensgewohnheiten studieren und ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen. Vielleicht macht sich seine Anwesenheit auf diese Weise bezahlt. Nach einer langen und lohnenden Karriere kann ich mir derartige Verschwendungen leisten. Warum also nicht?“
    „Wir beide stehen einander in manchen Fragen näher, als ich eingangs dachte.“
    „Weil ich mir einen derartigen Luxus gönne?“
    Der Marquis schüttelte den Kopf.
    „Weil Euch das Gefühl dieser speziellen Macht Freude bereitet.“
    Mit einer Handbewegung verdunkelte Sundoc die Halle wieder. Er stieß sich von dem Geländer ab und wich zurück.
    „Also gut“, gestand er. „Da mögt Ihr nicht so unrecht haben.“ Er legte die Instrumente auf die Werkbank zurück, dann entfernte er sich. „Geht nun wieder zu Euren Manuskripten zurück.“
    „Wehe“, entgegnete der Marquis. „Vom Olymp zum Tartarus in nur wenigen Schritten.“
    Sundoc lächelte.
    „Außerdem frißt es eine ganze Menge“, sagte er. „Aber das lohnt sich.“

 
     
Eins
     
     
     
    Er fuhr auf den Schotterplatz und wandte sich einer Reihe niederer Gebäude zu, vor denen Zapfsäulen für die verschiedensten Treibstoffe standen.
    „Wie sieht’s mit Benzin aus?“ fragte Red.
    „Halbvoll, mit Reservetank.“
    „Ich parke unter den Bäumen.“
    Neben einer riesigen Eiche kam er zum Stillstand.
    „Wir sind bei C sechzehn, oder?“
    „Ja. Wolltest du hier raus?“
    „Nein. Aber dann fiel mir ein, ich kenne einen Engländer aus dieser Periode. Mußte die englische Abkürzung nehmen, aber …“
    „Möchtest du ihn besuchen gehen?“
    „Nein. Er ist … irgendwo. Zudem bin ich hungrig. Komm, leiste mir Gesellschaft.“
    Er holte eine Ausgabe von Fleurs du Mal unter dem Handschuhfach hervor.
    „Wohin ging er?“ kam eine Stimme aus dem Buch.
    „Wer?“
    „Dein Freund.“
    „Oh. Weit weg. Ja, sehr weit weg.“ Red kicherte.
    Er öffnete die Tür und ging hinaus. Die Luft war kühl. Er strebte rasch den Gebäuden zu.
    Im Eßzimmer war es halbdunkel, die Kerzen waren noch nicht angezündet. Die Tische bestanden aus Holz und waren unbedeckt wie der Boden. In einem offenen Kamin prasselte ein Feuer. Die einzigen Fenster befanden sich an der Vorderwand.
    Er betrachtete die Gäste. Zwei Paare saßen vor dem großen Fenster. Junge Leute. Dem Aussehen und der Sprache nach plazierte er sie ins späte J einundzwanzig. Die Kleidung des Gentlemans am Tisch zu seiner Rechten sprachen für viktorianisches England als dessen Herkunftsort. Mit dem Rücken zur Wand saß ein dunkelhaariger Mann mit schwarzen Hosen und einem weißen Hemd. Er aß Hähnchen und trank Bier. Über seiner Stuhllehne hing eine dunkle Lederjacke. Zu allgemein. Red konnte ihn nicht einordnen.
    Er ging zu dem am weitesten entfernten Tisch und setzte sich mit dem Rücken zur Ecke. Fleurs du Mal legte er vor sich auf den Tisch und schlug wahllos eine Seite auf.
    „,Pour l’enfant amoureux de cartes et d’estampes, l’univers est égal à son vaste appétit’“, sagte die dünne Stimme.
    Rasch hob er das Buch, um sein Gesicht zu verbergen.
    „Richtig“, antwortete er flüsternd.
    „Trotzdem willst du noch mehr, oder nicht?“
    „Nur meine eigene, kleine Ecke.“
    „Und wo könnte die sein?“
    „Wenn ich das nur wüßte.“
    „Ich habe nie ganz verstanden, warum du diese Dinge tust …“
    Ein alter, weißhaariger Kellner kam an den Tisch.
    „Ihre Bestellung – Red!“
    Er sah auf und erstarrte.
    „Johnson …?“
    „Ja. Großer Gott. Muß schon Jahre her sein!“
    „Tatsächlich? Du hast weiter unten an der Straße gearbeitet, richtig?“
    „Ja, aber hier gefällt’s mir
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