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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
Autoren: Lili St. Crow
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hineinschob und entsicherte.
    Graves zog sich seinen Mantel an. Ich atmete langsam aus und rutschte auf Knien zum Fenster. Mein Rücken schmerzte, allerdings nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte. Vielleicht heilte ich ja doch.
    Das warme ölige Gefühl der Gabe glitt über mich hinweg, und das Medaillon pulsierte beruhigend. Im Zimmer wurde es heller. Fast hätte ich zur Decke gesehen, ob das Licht eingeschaltet worden war, dabei wusste ich doch, dass es nicht daran lag.
    Ich konnte schlicht besser sehen.
    An der Wand neben den Jalousien angekommen, richtete ich mich vorsichtig auf und beschloss, dass ich hinauslinsen konnte. Drinnen war alles dunkel, also würde mich niemand von draußen sehen – hoffte ich zumindest.
    Ich schaute durch das Fenster und erkannte, was falsch war. Ich hatte keinen Wachsorangengeschmack auf meiner Zunge. Was auch draußen sein mochte, Blutsauger waren es nicht.
    Also konnte es etwas anderes sein, oder es war, nun ja, das fremde Haus und unsere Nervosität.
    Ruhe bewahren, Dru! Die stumme Anweisung reichte, dass ich regungslos hocken blieb und mich auf das schmale Stück Dach und Äste konzentrierte, das ich sehen konnte. Dann bewegte sich etwas mit beängstigend lautloser Grazie über den Dachfirst.
    Ich stieß ein leises erstauntes Raunen aus. Die Umrisse waren lang und schmal, eindeutig behaart, und ein weißer Streifen wellte sich über den dünnen Kopf.
    Das war Ash.
    Er verharrte auf dem Dach, drei Pfoten auf dem Boden, eine gelüpft, was wie eine unheimliche Imitation einer Katze wirkte, die mitten im Lauf abgelenkt wurde. Das orange Leuchten seiner Augen erlosch für einen Moment, und die drei Beine knickten unter ihm ein.
    »Was ist?«, flüsterte Graves. Ich blickte nicht zu ihm, doch er hatte eindeutig bemerkt, dass ich etwas gesehen hatte. Es fühlte sich merkwürdig an, seitlich unter dem Fenster zu hocken und zwischen den Spalten der Jalousien hindurchzugucken, während meine Muskeln unter der juckenden Haut zuckten.
    Der Flur vor dem Schlafzimmer war totenstill. Falls Christophe sich bewegte, konnte ich ihn nicht hören.
    »Dru?« Graves trat vor, wobei ein Dielenbrett unter seinen Füßen knarrte.
    Ash reckte seinen schmalen Hundekopf und drehte sich zu uns. Einen endlosen Moment lang starrte er mich direkt an, und mein Instinkt meldete sich. Ich trat zwei Schritte zur Seite, packte die Schnur und riss die Jalousien mit einem Lärm hoch, der die schläfrige Stille jäh zunichtemachte.
    »Dru!« Diesmal war es Christophe. Er stieß die Tür auf. Aber ich hatte das Fenster schon entriegelt und zog an der unteren Scheibe. Wunder über Wunder – der Rahmen war nicht lackverkleistert. Quietschend glitt die Scheibe nach oben, während Graves brüllte und Christophe fluchte.
    Ash purzelte durch das Fenster herein. Er hinterließ dunkle Abdrücke auf dem Dach und Fensterrahmen. Nachts sah Blut schwarz aus, und er war über und über voller Blut. Mit einem dumpfen Platsch schlug er auf dem Teppichboden auf. Dieselbe Gewissheit, mit der ich ihm geöffnet hatte, brachte mich nun dazu, mich neben ihn zu knien. Kalte Nachtluft blies zum Fenster herein.
    Ash gab einen schwachen Hundelaut von sich, als ich seinen pelzigen Kopf berührte. Es war ein halb geknurrtes Jaulen, das schnell leiser wurde, als wäre er zu erschöpft, um es zu beenden.
    »Dru.« Christophe sprach mit dem fürsorglichen Ton eines Erwachsenen, der einem Kind sagt, es solle den niedlichen, tollwutverseuchten Köter nicht streicheln. »Dru, Malutka, Kleines, geh beiseite!« Es folgte ein Klicken, und ich musste nicht aufsehen, um zu begreifen, dass er ein Gewehr im Anschlag hielt. Vielleicht war es sogar das, mit dem er Ash schon einmal vertrieben hatte.
    Was zum Teufel tue ich denn? Aber Ash hatte mir zwei Mal das Leben gerettet. Es fühlte sich schlicht falsch an, ihn von Christophe erschießen zu lassen. Genau wie es sich falsch angefühlt hatte, Graves zurückzulassen, nachdem er gebissen worden war. »Er ist verwundet.«
    Der Wolf gab noch einen schwachen Laut von sich und wandte seinen Kopf leicht in meine Richtung. Er seufzte. Mir kam ein unschöner Gedanke: Was, wenn ich Graves zurückgelassen hätte?
    Wie oft hatte auch er mich gerettet?
    Christophe schluckte hörbar. »Dru, Moja księżniczko, bitte! Geh weg von ihm!«
    Sein Fell war erstaunlich seidig dort, wo es nicht von Wasser, Blut und Schmutz verklebt war. Ich strich über den weißen Streifen, und Ash brachte ein scharfes, bebendes Geräusch
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