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Strandglut 27 Short(s) Stories

Strandglut 27 Short(s) Stories

Titel: Strandglut 27 Short(s) Stories
Autoren: Nika Lubitsch
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Maammmi!’
    „Seien Sie stark.“
    ‚Mami, Mami, das ganze Blut!’
    „Er war einer der ganz Großen.“
    ‚Es wird alles gut Kind, es wird alles gut.’
    „Die Welt wird ohne ihn ärmer sein.“
    ‚Mein armes kleines Mädchen.’
    „Ich kann es noch gar nicht fassen!“
    ‚Komm, Ruth, fass ihn mal an.’
    „Ein aufrechter Mann. Sie können stolz auf ihn sein.“
    ‚Du hast eine blühende Phantasie.’
    „Er war eine große Persönlichkeit.“
    ‚Wenn Du so weitermachst, kommst Du genauso in die Klapse wie Deine Mutter.’
    ‚Nein, Papi, nein, bitte, bitte, nicht... Maikäfer flieg. Dein Vater ist im Krieg. Deine Mutter ist in Pommerland, Pommernland ist abgebrannt, Maikäfer flieg.’

    Endlich hatte sie dem letzten Kondolierenden die Hand geschüttelt. Ruth setzte sich an die Spitze Trauergemeinde. Ruth-Maria Bühringer, die neue
    Vorstandsvorsitzende der Bühringer-Werke, hob entschlossen ihr weißes Haupt und schritt ins gleißende Sonnenlicht. Fünfundsechzig Jahre hatte sie auf diesen Augenblick gewartet, nun war alles gut. Die Brillanten an ihrem Armband klickten gegeneinander. So wie damals die Glasherzen, die an ihrem Fenster hingen, wenn nachts die Tür aufging und ihr Vater in ihr Zimmer geschlichen kam. Immer wenn ihr Vater unter ihre Bettdecke geschlüpft war, hatte sie die Augen ganz fest geschlossen und lautlos ihr Lied gesummt:
    „Maikäfer flieg“.
    Jetzt endlich konnte sie fliegen.

Haarscharf

    „Ich brauch ’nen Haarschnitt, heute noch“, sagte Karlsen. Das war die Chance, auf die Vera gewartet hatte. „Tut mir Leid, im Moment sind keine Termine frei. Wenn Sie mir Ihre Nummer geben, rufe ich an, falls jemand ausfällt“. Karlsen ratterte seine Handynummer runter. „Ich melde mich“, versprach Vera. Ihr Plan war perfekt.
    Sie wandte sich wieder den Strähnchen von Frau Simon zu. Als ihr Mann Peter seinen Kunden verabschiedet hatte, folgte ihm Vera und sagte: „Der Karlsen will heute noch einen Termin, ich habe gesagt, wir sind voll.“
    „Bist du verrückt“, zischte Peter, „einen Karlsen weist man nicht ab.“
    „Dann ruf ihn an, ich habe seine Nummer notiert“, sagte Vera. Als der weißblonde Mann den Salon betrat, betrachtete Vera ihn im Spiegel. Man munkelte, dass Karlsen für Geld alles tat. „
    Er ist skrupellos“, hatte Peter gesagt.
    „Er ist blöd, sonst wäre er nicht so oft im Knast gewesen“, hatte Vera geantwortet. Während Peter Karlsen die Haare schnitt, brachte Vera ihm einen Kaffee und ließ dabei den Löffel fallen. Sie bückte sich und sagte: „Ich bring einen neuen“. Dann verschwand sie mit dem Löffel und einer blonden Haarsträhne in der Küche. Geschafft!
    Laura schob sich rücksichtslos an ihr vorbei und warf ihr einen triumphierenden Blick zu. Sie hätte es wissen müssen, als sie das Luder eingestellt hatte. Diesem lasziven Blick konnte Peter auf Dauer nicht widerstehen. Vera hatte auf der Weihnachtsfeier hilflos daneben gesessen, als Laura ihre Ehe mit diesem Blick getötet hatte. Ganze fünf Monate hatte sie gebraucht, um ihr Leben zu zerstören. „Du musst doch verstehen Vera, dass wir nicht mehr zusammen in dem Salon arbeiten können“, hatte er ihr gesagt. „Ich liebe Laura, sie bekommt ein Kind von mir, wir wollen heiraten.“
    Fünfzehn Jahre hatten sie den Salon Haarscharf gemeinsam aufgebaut. Immer wieder hatte er gesagt: „Schatz, wir hatten doch abgemacht, kein Kind, solange wir nicht ganz oben sind.“ Jetzt war sie zu alt für ein Kind. Und nun sollte sie alles verlieren, wofür sie ihre fruchtbaren Jahre geopfert hatte. Raus aus dem Salon und aus der Villa, die sie mit der Erbschaft gebaut hatten. Und Laura würde in der Villa das Kind großziehen, das Vera so gern gehabt hätte. „Ich werde die Lebensversicherung beleihen, um dich auszuzahlen“, hatte er gesagt. Das hatte sie auf die Idee gebracht. Karlsen würde ihr alles erhalten. Denn Karlsen machte Fehler. Sein größter Fehler war, Peter nach dem Einbruch eine Pistole mit Schalldämpfer zu verhökern, auf der seine Fingerabdrücke waren.

    Während Peter mit Laura essen ging, fuhr Vera in die Villa, packte eine Kiste mit Pullovern und eine Plastiktüte mit der Pistole und ihrem Schmuck, die sie im Bad versteckte. Die Schubläden ließ sie offen. Vera hatte ein Apartment in der Nähe gemietet, das sie im Moment einrichtete. Sie fuhr auf den Parkplatz hinter dem Haus und ließ laut das Radio laufen, während sie die Kiste aus dem Auto hob. „Ruhe, verdammt!“,
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