Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strandglut 27 Short(s) Stories

Strandglut 27 Short(s) Stories

Titel: Strandglut 27 Short(s) Stories
Autoren: Nika Lubitsch
Vom Netzwerk:
Aktentasche, die Zeitung und reiht sich als letzte in die Schlange ein. Sturmböen peitschen schmutzige Tropfen gegen die Fenster, den Reinigungskräften, die über eine kleine Treppe den Flieger verlassen, wehen die gefüllten blauen Müllbeutel weg. Renate denkt an die Taft-Werbung und fährt sich durch ihre blonde Wuschelmähne. Drei Minuten da draußen und sie würde aussehen wie Bo Derrek aus dem Schaum geboren und nicht wie die Taft-Dame.
    Im Finger gibt der Sturm eine Gratis-Vorstellung als Morgenlied und der Cerosin-Gestank mischt sich mit dem penetranten Rasierwasser ihres Vordermannes zu einer eigenen Komposition.
    Renate greift sich die Financial Times und nickt der Stewardess zu. Sie zwängt sich durch den schmalen Gang und schaut nach bekannten Gesichtern. In den ersten Reihen sitzen immer Menschen, die man kennt. „Guten Morgen Herr Barschel“, sagt sie und „Hallo, Herr Frankenfeld.“ „Hey, John, John Lennon, nice to meet you again.“ O Gott, was war das? Renate ist abrupt stehen geblieben. Ihre Augen wandern durch die Reihen. „Janis Joplin! Rock Hudson! Und da hinten: Bob Marley!
    „Würden Sie bitte ihren Platz einnehmen, Frau Wertmann?“
    Renate dreht sich um und lächelt. Sie lächelt immer, wenn jemand sie erkennt.
    „Bitte, würden Sie sich hinsetzen. Wir sind spät dran.“ Renate schaut auf ihre Bordkarte. Reihe 6, Platz c. Sie liebt es, am Gang zu sitzen. Nicht hinaus schauen müssen in die trüben Wolken. Sie verstaut ihre Handtasche unter dem Sitz und lächelt ihren Nachbarn an. "Guten Morgen, Frau Wertmann.“ Vor Schreck lässt Renate die Financial Times fallen. „Guten Morgen Herr Rosenthal.“
    „Guten Morgen meine Damen und Herren. Herzlich willkommen an Bord des Lufthansa-Fluges 2459 nach Köln/Bonn. Die Maschine ist jetzt zum Start bereit. Bitte schnallen Sie sich an und stellen Sie sicher, dass alle elektrischen Geräte ausgeschaltet sind. Kapitän Lilienthal und seine Besetzung wünschen Ihnen einen angenehmen Flug.“ Renate fasst noch einmal unter den Sitz und versichert sich, dass sie ihr Handy ausgeschaltet hat.
    Rosenthal lächelt. „Wie geht’s denn jetzt so beim Sender?“ fragt er. Die Maschine rollt langsam rückwärts. „Äh, wie immer, schätze ich“, sagt Renate. Sie traut sich nicht zu fragen. Sie weiß, dass sie träumt. Es kann nicht Rosenthal sein. Rosenthal ist seit mindestens fünfundzwanzig Jahren tot. Und John Lennon seit über 30 Jahren. Du liebe Güte. ‚Ganz ruhig, Renate, Du träumst. Keine Panik. Tu einfach so, als ob nichts sei.‘
    „Wir möchten Sie jetzt noch mit den Sicherheitsvorkehrungen an Bord vertraut machen.“ ‘Ach halt doch die Goschen, die kann ich mitsingen. ‘ Renate greift sich die rosafarbene Zeitung und vertieft sich in die Titelseite. Heute ist der 10. November 2011. Wenigstens das stimmt. In Gedanken geht Renate die Drinks vom Vorabend durch. Nein, es waren wirklich nur zwei Glas Pino Grigio. Und ein klitzekleiner Grappa. Okay, also den Campari-Soda, den hat sie vergessen. Trotzdem kein Delirium Tremens.
    „Ready for take off. Close the menus please.“
    Renate schaut auf Platz B und erstarrt, während Kapitän Lilienthal den Gashebel durchdrückt. Da sitzt Margret Dünser. Sie lächelt wie Mona Lisa im Louvre. „High, Renate!“ Von Platz A winkt ihr James Dean zu.
    Renate will schreien. ‚Halt, sofort stoppen, das ist ein Todesflug. Ich bin in einem Totenflugzeug gelandet.‘ Schwankend hebt der Airbus ab und gewinnt schnell an Höhe. Kapitän Lilienthal zieht das Fahrgestellt ein. An den Fenstern bildet der Regen ein schlieriges Muster vor dunkelgrauem Hintergrund. Renate lauscht auf die Geräusche des Fliegers, es hört sich alles ganz normal an. Sie bekommt kaum noch Luft. ‚Ich will hier raus‘ denkt sie, aber es dringt kein Laut aus ihrer Kehle. Die Stewardessen kommen mit den Zeitschriften herum. „Die Bunte, bitte“, sagt Renate. Mit zitternden Händen schlägt sie das Magazin auf. ‚Aha, Seite 48. Das Interview mit mir.‘
    „Den Promis auf der Spur – das faszinierende Leben der TV-Journalistin Renate Wertmann.“
    Magret Dünser beugt sich zu ihr rüber. „Ich mag Deine Sendung, Schätzchen. Aber jetzt ist Schluss damit. Mich haben sie auch geholt.“ Rosenthal lacht. Dieses typische Rosenthal „Das ist Spitze-Lachen“.
    „Was darf ich ihnen zu trinken servieren?“ „Kaffee, bitte ganz viel Kaffee“. Der Flieger durchbricht die trübe Wolkendecke. Darüber ist es ganz still, kein Sturm,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher