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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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zu.
    Kalter Angstschweiß bedeckte meinen Körper. Ich wähnte mich in einem real gewordenen Horrorfilm. Nur starben da die Zombies nicht nach einem Kopfschuss? Ich visierte ihn erneut an. Diesmal traf ich richtig. Einen Zentimeter neben dem ersten roten Punkt in seinem Schädel entstand ein zweiter.
    Sein Kopf schleuderte nach hinten. Er blieb kurz stehen, schaute noch einmal genau in meine Augen.
    Ich befürchtete schon, er würde weiter auf mich zuschlendern wie bei einem Sonntagsspaziergang.
    Er tat es nicht. Gott sei Dank ! Seine Augen wurden weiß. Dann fiel er in sich zusammen wie ein nasser Sack.
    Mir purzelten seiner Zeit tonnenweise Steine vom Herzen , ein kompletter Berg. Ich kapierte, dass Gott mich nicht in die Hölle schicken wollte, er hatte mir höchstens eine Kostprobe davon angeboten. Doch wollen wir es nicht zu melodramatisch gestalten! Hinter der gruseligen Aktion steckte einfache Anatomie. Ich hatte den Italiener schlicht und ergreifend an einer ungünstigen Stelle getroffen. Der Schuss setzte seinen Verstand lahm, aber nicht seine motorischen Fähigkeiten. Er konnte noch ziellos umherwandern, aber nicht mehr klar denken.
    Um solche Horrorgeschichten nicht noch mal zu erleben, habe ich meine Hinrichtungen modifiziert. Ich schieße meinen Opfern weiterhin in den Kopf, segne sie aber nicht mehr mit nur einer Kugel. Ich durchlöchere die linke und die rechte Gehirnhälfte mit jeweils einem Projektil. Mit dieser Methode geht man auf Nummer sicher. Wenn die beiden Schüsse sitzen, steht keiner mehr auf und heult den Mond an. Ich weiß, wovon ich rede. Über hundert erfolgreiche Exekutionen sprechen für sich. Gütesiegel M-A-U-S-E-T-O-D!
    Über hundert Hinrichtungen mögen für einen Außenstehenden viel klingen, verteilt auf fünfundzwanzig Jahre Dienstzeit sind es aber nicht mehr als circa fünf Morde im Jahr. Ich kenne Kollegen, die das doppelte oder dreifache Pensum erledigen. Schon wieder schwirrt mir diese Zahl im Kopf herum. Fünfundzwanzig Jahre. Verdammt! Das sagt sich einfach so dahin. Kein Wunder, dass es mich irgendwann einmal erwischen musste.
    Falls Sie aufmerksam zugehört haben, könnten Sie jetzt übrigens mein Alter ermitteln. Allen anderen helfe ich ein wenig auf die Sprünge. Mit zwanzig Lenzen habe ich in dem Geschäft angefangen, und seit fünfundzwanzig Jahren spiele ich den Todesengel. Demnach bin ich fünfundvierzig. Ein alter Sack, zumindest für einen Profikiller. Viel von meiner jugendlichen Fitness habe ich zuletzt mit Erfahrung wettgemacht. Offensichtlich reicht Erfahrung allein nicht mehr aus, sonst wäre ich nicht in die Falle dieser Hanna getappt und würde nicht auf dem Waldboden zwischen Leben und Tod schweben.
    Ich bin ein Narr, dessen graue Haare zu tief in seinen Verstand eingedrungen sind. Sie sehen das Elend ja selbst. Können Sie nicht? Ah ja, stimmt. Wie sollen Sie mich durch den dunklen Schleier meiner Ohnmacht auch erkennen? Entschuldigung. Wenn Sie wissen wollen, wie ich aussehe, habe ich dafür, wie könnte es anders sein, wieder eine Geschichte parat.
    Vor zwanzig Jahren, also kurz nach der Wende, hatte ich endlich genug Geld zusammengespart, um mir mein Traumauto zu kaufen : Ein 7er BMW mit Automatikgetriebe in Schwarz. Der Schlitten besaß nicht nur sechs Zylinder, viele Pferdestärken und ein komfortables Interieur, sondern auch genug Platz, um im Notfall eine steifgewordene Leiche zu transportieren. Der Wagen war, beziehungsweise ist legendär. Damals wie heute. Mit ihm ging ich die einzige länger angelegte Liebesbeziehung meines Lebens ein. Ich besitze ihn immer noch, auch wenn ich nicht weiß, wie es ihm momentan ergeht. Er ist fast schon ein Jungtimer und läuft noch wie geschmiert. Okay, abgesehen von ein paar Verschleißteilen, die bei jedem Auto mit über dreihunderttausend Kilometern Laufleistung anfallen. Das Auto hat quasi schon ganz Europa und Teile Asiens gesehen. Hätte ich jemals heiraten müssen, ich hätte den 7er BMW gewählt, meinen ‚Mobby‘. Den Namen habe ich übrigens von meinem Opa übernommen. Er hatte mir als Kind erzählt, dass Autos einen Namen brauchen, weil sie die treuesten Wegbegleiter eines Menschen sind; er nannte seine Wagen immer ‚Mobby‘. Ich habe ihn nie gefragt, warum er diesen seltsamen Namen ausgewählt hat oder woher er ihn kannte. Ungeachtet des Namens, gebe ich ihm aber recht: Autos können zu Freunden werden, zu besseren Freunden als einige Menschen. Manche haben einen Hund, der diesen Platz einnimmt.
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