Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
Methoden rümpften. Den Traditionen seines Volkes zum Trotz pflegte er einen kühlen und sachlichen Kontakt zu einigen Blutsaugern, was ihm schon einige Kämpfe erspart hatte. Feige, nannten andere Kienshi ihn deshalb, aber das kümmerte ihn nicht. Er hatte Gründe, die gewichtiger waren als sein Ruf unter Leuten, die ihm weniger bedeuteten als die Spinnen in seinen Zimmerecken.
    Heute war es wieder an der Zeit für ein kleines „Interview mit einem Vampir“, wie Jamian die Gespräche mit Vertretern der Blutsauger nannte. Davon wussten diese natürlich nichts. Sie waren nicht gerade für ihren Humor bekannt und beleidigen durfte man sie schon gar nicht. Vermutlich war dies der Grund, dass die Kienshi den Kontakt zu den Finsteren normalerweise strikt ablehnten und sich lieber auf ihre körperliche Kraft im Kampf verließen. Die Kienshi waren ein temperamentvolles Volk. Ruhige Verhandlungen mit Feinden fielen ihnen schwer. Das ging auch Jamian nicht anders, doch er hatte sich im Griff. Er musste sich zusammenreißen; der Grund hieß Junias. Er war noch kein guter Kämpfer, auch wenn er stark war. Doch er war zu aufbrausend, kopflos und überschätzte sich maßlos. Er war einfach noch zu jung. Jeder ernsthafte Kampf bedeutete eine tödliche Gefahr für ihn, daher galt es, Auseinandersetzungen zu vermeiden, soweit es möglich war. Und wenn der Preis dafür war, den Blutsaugern Honig um die Mäuler zu schmieren, dann tat Jamian das. Mit knirschenden Zähnen – zugegeben -, aber er tat es.
    Er lenkte den Wagen an der aus unregelmäßigen Wackersteinen gemauerten Kirche vorbei und steuerte den zwischen Bäumen und Sträuchern versteckt liegenden Parkplatz dahinter an, den der Pfarrer jede Nacht für ihn frei hielt . Bei dem Gedanken an den kantigen Pastor MacBennet überkam ihn wie immer Schwermut. MacBennet war ein Freund der Familie, der beste Freund seines Vaters. Okay, Freunde belog man nicht, aber für diesen machten die Bryonts eine Ausnahme. Zwar wusste MacBennet, dass sie keine gewöhnlichen Männer waren – er kannte und unterstützte ihre Aufgabe, die Vampire im Zaum zu halten -, doch von der Kehrseite der Medaille, dem Opfer, das die Menschen für den Schutz der Kienshi geben mussten, ahnte er nichts. Das war auch besser so, sonst hätte er vermutlich sogleich einen Exorzisten aus dem Vatikan herbeordert.
    Seufzend tastete Jamian seine Schläfe ab. Die Wunde war noch offen, ein deutliches Zeichen, dass er sich in dieser Nacht besser nicht zurückhalten sollte. Wenn der Senat seine Handlanger schickte, würde er Kraft benötigen. Kraft, die er nicht mehr hatte. Er riskierte einen kurzen Seitenblick auf Junias, der mit gesenktem Kopf auf dem Beifahrersitz hockte und die Hände in den wuscheligen, braunen Haaren vergraben hatte. Junias sah auf. Das Grün in seinen Augen war matt und dunkel geworden, die tiefen Ringe darunter und die blasse Haut waren Jamian zu Hause schon aufgefallen. Dabei hatte Junias gestern erst ein Opfer gehabt. Trotzdem schien er bereits wieder völlig kraftlos. Gar nicht gut. In dem Zustand könnte jedes harmlose Scharmützel problematisch werden. Die Vampire mochten einfältig sein, aber sie bemerkten sofort, wenn die Wächter nicht bei ganzer Stärke waren. Dies würde einer Einladung zum Ärgermachen gleichkommen. Es gab also keine Möglichkeit, den Raub aufzuschieben, nicht nur der Blutsauger wegen. Jede Stunde des Wartens machte Junias ’ Beherrschung instabiler. Das war Jamian zu spät klar geworden, erst , nachdem es schiefgegangen war. Junias brauchte so viel, weil er noch jung war. Viel zu jung, um die Bürde eines Kienshi zu tragen und die Verantwortung, die der Raub der Lebenskraft mit sich brachte. Er war gefährlich, so unschuldig er aussehen mochte.
    Jamian zwang den besorgten Ausdruck aus seinen Zügen und legte die Maske aus Lässigkeit darüber, die ihm in den vergangen en Jahren so vertraut geworden war, dass er sich damit selbst täuschen konnte. Junias machte sich ausreichend fertig, diesem Leid wollte er nicht noch Zunder geben.
    „Wir holen uns erst , was wir brauchen“, wies er mit ungerührter Stimme an. „Danach treffen wir den Blutsauger John Petters.“
    Junias nickte mit vorgeschobener Unterlippe und Jamian musste sich ein Grinsen verkneifen. Frustriert sah der Kleine noch viel jünger aus, als er tatsächlich war. Es fiel Jamian immer schwerer, die Ähnlichkeit zwischen ihnen zu erkennen, die noch vor wenigen Jahren so verblüffend gewesen war; sah man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher