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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt
Autoren: Stefan Wolf
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verraten, wenn er immer wieder murmelte: „Reich, reich — wenn
ich die Beute verkaufe, bin ich reich. Geschmeide — so toll! Niemand wird es
finden — am unheimlichen Ort.“
    Das ungefähr waren seine Worte gewesen,
ein bißchen verdreht manchmal oder bruchstückhaft, doch immer in diesem Sinn.
    Ich werde es ihm abnehmen, dachte
Grobalsky. Ich sehe ihm auf die Finger, sobald er hier ist. Ich kriege den
Schmuck. Das — und meine Rache an Holmann. Deshalb bin ich hergekommen. Beides
erledige ich, und dann sieht mich keiner mehr in diesem Nest.
    Alma hielt ihm ihr Glas hin. Ihre
Runzeln wirkten jetzt frischer — so, als wären sie erst gestern entstanden.
    Grobalsky füllte das Glas.
    In diesem Moment schrillte die
Türklingel.

5. Tim platzt der Kragen
     
    Tim handelte den Fahrpreis aus: zum
Landhaus Dr. Sigismund Holmann im Mittelriß-Tal.
    Der Taxichauffeur blickte erfreut. Das
war doch eine Fuhre! Eine lange Strecke! Nicht nur so ein Katzensprung vom
Bahnhof bis zum Kur-Hotel.
    Karl, Klößchen und Gaby stellten ihre
Taschen in den Kofferraum.
    Dämmerung brach an. Tim hatte den Preis
wegen der langen Strecke ein bißchen gedrückt — und mit Hinweis darauf, daß sie
Taschengeldempfänger seien und keine Großverdiener.
    Der Chauffeur hatte einen struppigen
Schnauzbart und rauchte eine dünne Zigarre, obwohl am Armaturenbrett das Schild
NICHTRAUCHER klebte.
    Tim setzte sich auf den Beifahrersitz,
seine Freunde fanden hinten Platz. Klößchen holte Schokolade hervor. Er hatte
eine Weile nichts gegessen, und das Gespenst des Hungertodes spukte in seinem
Kopf.
    „Ihr kommt aus Deutschland?“ fragte der
Chauffeur.
    Er hieß Alois Pillau. Jedenfalls hatte
Tim Geschäftskarten mit diesem Namen auf dem Armaturenbrett entdeckt.
    Der TKKG-Häuptling bestätigte. Und
Pillau sagte, er fahre gern nach Deutschland. Besonders in Oberbayern fühle er
sich wohl. Das sei ganz wie zu Hause.
    Tim blickte nach hinten.
    Gabys Kopf war an die Fensterscheibe
gesunken. Die Lider hatten sich über ihre Blauaugen gesenkt. Aber sie schlief
nicht, sie spürte seinen Blick, öffnete ein Auge und lächelte ihm zu.
    Karl sah müde aus. Klößchen litt unter
Erwartungsangst. Das hielt ihn munter. Egal, wie die Sache hier ausging — von
Oheim Sigi würde er sicherlich noch wochenlang träumen.
    Sie fuhren durch alpine Landschaft. Es
dunkelte allmählich. Die fernen Berge färbten sich schwarz und schienen noch
höher zu reichen.
    Der Duft blühender Wiese drang ins Taxi
herein. Das Schild an einer schmalen Brücke zeigte an, daß hier das
Mittelriß-Tal anfing. Wiesen, bunt und üppig, soweit das Auge in der Dämmerung
reichte. Die Straße wurde schlechter. Pillau fuhr etwas langsamer und zündete
sich eine frische Zigarre an.
    „Für wen ist das Nichtraucher-Schild?“
fragte Tim.
    „Das hat meine Frau angebracht. Sie
wollte mir das Rauchen abgewöhnen.“
    „Sie haben eine kluge Frau.“
    „Stört es euch, daß ich rauche?“
    Tim lachte. „So ist das nicht gemeint.
Wir halten viel aus. Ist das unser Ziel?“
    Er deutete übers Lenkrad in südliche
Richtung, wo in der Ferne erleuchtete Fenster auftauchten.
    „Dort wohnt Pauline Mehrfelder“,
antwortete Pillau. „Eine sehr reiche Frau. Und sehr originell. Sie ist viel mit
Dr. Holmann zusammen — die einzige, glaube ich, vor der er Respekt hat. Daß ihr
Haus dort erleuchtet ist, heißt übrigens nicht, sie sei daheim.“
    „Sondern?“
    „Bei ihr brennen die Lampen auch, wenn
sie nicht zu Hause ist. Das soll Einbrecher fernhalten. Den Trick kennt
inzwischen jeder hier in der Gegend. Aber Pauline Mehrfelder hält daran fest.“
    „Ist sie so ängstlich?“ fragte Gaby.
    „Aus gutem Grund. Vor fünf Jahren — ich
weiß noch, es war der 17. Juli — wurde nachts bei ihr eingebrochen. Der Dieb
hat ihren ganzen Schmuck mitgenommen. Wert über sieben Millionen Schilling.“
    „Lag der einfach so rum“, fragte Tim, „oder
im Tresor?“
    „Ich glaube nicht, daß sie einen Tresor
hat. Davon war jedenfalls nie die Rede. Paßt auch nicht zu der Frau. Sie ist
wurschtig. Manchmal hat sie zweierlei Schuhe an. Oder sie vergißt Rechnungen zu
bezahlen. Nicht in böser Absicht. Sie fährt auch immer bei Rot über die
Kreuzung.“
    „Lebensgefährlich“, murmelte Karl und
gähnte.
    „Diese Nacht zum 17. Juli“, erzählte
Pillau, „war eine richtige Einbrecher-Nacht. Auch bei Dr. Holmann, zu dem ihr
jetzt wollt, wurde die Hintertür aufgebrochen. Aber dort war die Beute
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