Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich
Autoren: Charlie Higson
Vom Netzwerk:
voll. Ich kann so nicht mehr länger weitermachen.«
     
    Zwanzig Minuten später eilten James und George einen verborgenen Pfad im Unterholz entlang. Er führte immer tiefer in den Wald hinein und endete schließlich unmittelbar vor dem hohen Zaun. George deutete auf ein großes Loch unter dem Maschendraht.
    »Ich glaube, das hat ein Fuchs gegraben«, sagte er und zwängte sich hindurch. James folgte ihm hinterher. »Dad weiß nichts davon, sonst hätte er es schon längst zuschütten lassen.«
    Auf der anderen Seite ging es eine steile Böschung hinab. Die beiden Jungen krochen und schlidderten durch das Gestrüpp, ehe sie endlich am Ufer des Sees standen.
    Ein angeseiltes Ruderboot schaukelte auf dem Wasser.
    »Ich bin vor ein paar Stunden über den See gerudert«, sagte George. Er stieg in den Kahn und setzte sich an die Ruder. »Ich glaube nicht, dass mich jemand gesehen hat, trotzdem müssen wir vorsichtig sein.«
    James stieg ins Boot und setzte sich. Wilder war mit Martini zurückgeblieben, um Wache zu schieben und für eine rasche Flucht bereitzustehen. James konnte nur hoffen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte und George tatsächlich trauen konnte. Er schaute ihm dabei zu, wie er kraftvoll die Ruder ins Wasser stieß, und betete im Stillen, dass er nicht in eine Falle getappt war.
    »Dad hat die meisten seiner Leute mitgenommen«, erklärte George. »Ein paar von ihnen sind allerdings da geblieben. Sie reparieren das Tor und fällen die große Kiefer.«
    »So schnell?«
    »Dad fackelt nicht lange. Wenn er etwas will, dann muss es sofort passieren.«
    »Und was ist mit dem Labor?«
    »Die Wissenschaftler werden natürlich da sein. Wir müssen sie mit einem Trick weglocken. Auf der rückwärtigen Seite der Insel befindet sich eine Anlegestelle, von der aus man direkt zu den Laborräumen gelangt.« George war die Anstrengung beim Rudern anzumerken. »Da ist ein großes, altes Verladetor, das für gewöhnlich abgeschlossen ist. Ich habe mir die Schlüssel aus Dads Arbeitszimmer besorgt, das dürfte also kein Problem sein. Ich geh zuerst. Wenn die Luft rein ist, pfeife ich und du kommst nach.«
    »Einverstanden. Und wie geht’s weiter?«
    »Dann nehmen wir das Labor auseinander. Wir fangen bei den schriftlichen Unterlagen an und bei dem bereits fertig gestellten Silverfin-Serum, das in einem Tresor aufbewahrt wird. Wir müssen so viel wie möglich zerstören, bevor sie uns auf die Schliche kommen.«
    James nickte. Er fühlte sich noch immer seltsam abgehoben, so als passierte das alles jemand anderem. Er konnte es selbst kaum glauben, dass ausgerechnet sie beide Pläne schmiedeten, um das Labor zu zerstören und das Lebenswerk von Georges Vater zu vernichten.
    Eines wusste er jedoch mit Bestimmtheit: Es war richtig, was sie vorhatten. Jemand musste es tun. Wenn es ihnen nicht gelänge, Hellebore zu stoppen, bevor dieser sie daran hindern konnte, würde es keine zweite Chance mehr geben. Dazu war der Mann zu stark, zu reich und zu mächtig.
    James hustete. Er kämpfte gegen den verräterischen Reiz in der Kehle an und bemühte sich den brennenden Schmerz in seinen Lungen zu ignorieren.
    Als er das düstere graue Schloss vor sich sah, überlief es ihn eiskalt. Er konnte froh sein, dieser Hölle einmal entkommen zu sein.
    Es gab gewiss niemanden, dem dies ein zweites Mal gelänge.

 

Die Faust schließt sich
    S ie gelangten im Schatten des Schlosses an und ruderten das Boot zu einem kleinen, steinernen Pier. Als sie es festmachten, fegten ein Windstoß und eiskalter Regen tief über den See und peitschten in ihre Gesichter. James hustete und zitterte, seine Zähne klapperten, sein Kopf schmerzte. Seine Finger waren taub und alles verschwamm vor seinen Augen. Sein Kopf dröhnte. Er fühlte sich, als hätte er eine schwere Grippe, und zweifelte, ob er das noch lange durchhalten konnte.
    George nahm James mit zu einer großen Doppeltür, die in die Mauern eingelassen war.
    »Sie führt direkt ins Labor«, sagte er. »Früher war es einmal ein Lagerraum und sie brachten den Nachschub mit dem Boot hierher.«
    Er angelte einen Schlüsselbund aus seiner Tasche. »Du wartest hier. Vergiss nicht: Komm nur nach, wenn ich dir ein Zeichen gebe, dass alles klar ist. Einmal pfeifen.«
    James nickte. Seine Kehle war zu trocken und zu rau, als dass er hätte sprechen können.
    George fand den passenden Schlüssel, steckte ihn in das Schloss und drehte ihn um. Mit einem leisen Klicken sprang das Tor einen Spalt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher