Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich
Autoren: Charlie Higson
Vom Netzwerk:
hohen, dünnen Schrei, beinahe wie von einem Kind. Dann war ein fürchterliches Schnüffeln und Grunzen zu hören und ein ekelhaftes Knirschen.
    James versuchte nicht daran zu denken, woher dieses Knirschen kam. Aber er hatte die kräftigen Kiefer der Schweine gesehen.
    Das Labor war nun völlig in Rauch gehüllt und die beiden Jungen konnten kaum noch etwas erkennen, aber sie wussten, dass sie die wenigen Augenblicke, in denen die Schweine abgelenkt waren, nutzen mussten, um ins Freie zu gelangen. Sie sprangen von dem Käfig herunter und rannten so schnell sie konnten auf die Treppe zu, rutschten dabei jedoch ständig auf dem nassen Boden aus.
    Als James die Treppe schon halb erklommen hatte, blieb er plötzlich stehen. Ihm war die Eisentür eingefallen, mit dem Schild, das eine rötlich gelbe Flamme und einen Totenkopf zeigte und die Aufschrift trug: Gefahr! Hoch entzündlich!
    »Was ist in diesem Raum?«, fragte er.
    »Dort werden die Konservierungslösungen und der synthetische Alkohol aufbewahrt, den sie für ihre Versuche brauchten«, sagte George.
    »Hast du den Schlüssel?« James hustete und presste die Hand gegen die Brust.
    »Ich glaube schon.«
    George fand den Schlüssel ziemlich schnell. In dem Raum standen verstöpselte Gläser, gefüllt mit durchsichtigen Flüssigkeiten. James schaute George an und forderte ihn stumm heraus, auch den letzten Schritt zu wagen, selbst auf die Gefahr hin, das ganze Schloss niederzubrennen.
    George nahm die Herausforderung an. Jeder von ihnen griff sich zwei Glasbehälter und sie rannten zur Treppe zurück.
    Helle Flammen schlugen aus dem Tresorraum. Die Luft begann schon heiß zu werden. Als James sich ein letztes Mal umsah, riss der Qualm für einen Moment auf und sein Blick fiel auf etwas Unwirkliches, aber es war nur so kurz, dass es auch nur Einbildung gewesen sein konnte. In diesem Moment glaubte er MacSawney gesehen zu haben, der auf dem Fußboden lag. Aber irgendetwas stimmte nicht mit ihm. James’ Verstand weigerte sich es zu fassen, aber sosehr er sich auch gegen das Bild sträubte, es hatte so ausgesehen, als fehlte die untere Hälfte des kleinen Mannes.
    George hatte offensichtlich nichts bemerkt. »Schnell«, rief er. »Worauf wartest du noch?«
    James schleuderte einen Glasbehälter. Er flog quer durch den Raum und landete in der Nähe der Flammen, wo er wie eine Bombe explodierte. Sie warfen auch die übrigen Behälter und im Nu verwandelte sich der Raum in ein Inferno.
    Sie hatten genug getan. Hellebores Forschungsarbeit war zerstört, seine Experimente vernichtet, seine Unterlagen verbrannt. Das Silverfin-Serum existierte nicht mehr.
    Sie eilten die Treppe hinauf und betraten das Schloss, wo sie auf eine Gruppe erschrockener Forscher trafen, die ihnen in heller Aufregung entgegenkam.
    An ihrer Spitze Perseus Friend.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Alles ist hin«, krächzte James.
    Dr. Friend starrte ihn verständnislos an. »Was soll das heißen«, sagte er mit überschnappender Stimme.
    »Sie werden niemandem mehr Schaden zufügen«, erwiderte James.
    »Nein!« Dr. Friend rannte zur Tür und riss sie auf. Sein Gesicht war rot beleuchtet von den Flammen. »Nein!«
    »Es ist zu spät, Perseus«, sagte George.
    »Was habt ihr angerichtet?«
    Ehe ihn jemand zurückhalten konnte, rannte Perseus ins Labor und verschwand. Die anderen Forscher waren vorsichtiger. Sie blieben an der Tür stehen, bis der Qualm sie von dort vertrieb. Einer von ihnen hatte noch die Geistesgegenwart, die Tür zuzuschlagen.
    Feiner grauer Dunst hing in der Luft und durchzog die verwinkelten Schlosskorridore, als James und George so schnell sie konnten zum Ausgang liefen.
    In der Eingangshalle hatten sich mehrere Gutsarbeiter versammelt. Sie liefen umher und versuchten herauszufinden, was los war. Keiner von ihnen beachtete die beiden Jungen, die angerannt kamen, die großen Eingangstüren aufrissen und ins Freie liefen.
    Einen Augenblick lang waren sie von der Helligkeit geblendet. Schützend hielten sie die Hand vor die Augen. Dann stolperten sie auf die Einfahrt hinaus, wo sie zu Boden sanken und ihre Lungen mit sauberer, frischer Luft voll pumpten.
    All die Spannung, Aufregung und Furcht fielen nun von James ab; es war, als wäre ein durchgescheuertes Gummiband in seinem Innern plötzlich gerissen. Er setzte sich auf, presste die Hand gegen die Brust und fing an zu lachen.
    »So viel zur perfekten Kampfmaschine«, sagte er zu George gewandt.
    Aber George lachte nicht.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher