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Tauchstation

Titel: Tauchstation
Autoren: Robin Cook
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K APITEL 1
    Ein seltsames Vibrieren riss Perry Bergman aus einem un ruhigen Schlaf. Er hatte sofort ein mulmiges Gefühl. Das durchdringende Geräusch klang, als ob jemand mit Fingernägeln über eine Tafel kratzte, und jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Er schlug seine dünne De cke zurück und stand auf. Es vibrierte immer noch. Barfuß auf dem stählernen Boden stehend, erinnerte ihn das Geräusch jetzt an einen Zahnarztbohrer. Im Hintergrund hör te er schwach das Brummen der Schiffsgeneratoren und das Surren der Ventilatoren.
    »Was, zum Teufel, ist das?«, fragte er laut, obwohl sich niemand in Hörweite befand, der ihm hätte antworten kön nen. Er hatte sich am Abend zuvor nach einem langen Flug, der ihn von Los Angeles über New York nach dem auf der Azoreninsel San Miguel gelegenen Ponta Delgada gebracht hatte, von einem Hubschrauber auf dem Schiff, der Benthic Explorer, absetzen lassen. Die Zeitverschiebung und eine lange Einsatzbesprechung mit der Mannschaft über die auf getretenen technischen Probleme hatten ihn verständlicher weise ziemlich erschöpft. Es stank ihm daher gewaltig, nach nur vier Stunden aus dem Schlaf gerissen zu werden, und noch dazu von einer knirschenden Vibration.
    Er riss den Hörer des Schiffstelefons von der Gabel und hackte die Nummer der Brücke in die Tastatur. Während er darauf wartete, dass die Verbindung zu Stande kam, spähte er auf Zehenspitzen durch das Bullauge seiner V.I.P.-Kabi ne. Mit seinen ein Meter siebzig hielt Perry sich nicht für klein, sondern einfach für normal, nicht groß eben. Drau ßen wurde es gerade hell, und das Schiff warf einen langen Schatten über den Atlantik. Perry blickte in Richtung Wes ten. Die See war absolut ruhig, vom Wasser stieg Morgennebel auf, und die Oberfläche glich einer endlosen bleier nen Wüste. In langen Abständen rollten niedrige, seichte Wellen heran. Doch die Stille und Beschaulichkeit täuschten darüber hinweg, was unter der Wasseroberfläche vor sich ging. Die Benthic Explorer wurde durch Computer gesteu erte Antriebsschrauben und Bug- und Heckstrahlruder in einer fixen Position über einem sowohl vulkanisch als auch seismisch aktiven Bereich des Mittelatlantischen Rückens gehalten, einer gut neunzehntausend Kilometer langen, zerklüfteten Gebirgskette, die den Ozean in zwei Längs becken teilt. Mit ihren ständigen Ausstößen gewaltiger Lavamengen, den fortwährenden unterirdischen Dampf explosionen und den häufigen kleineren Seebeben war die sich unter Wasser erstreckende Gebirgskette das exakte Ge genteil der sommerlich ruhigen Oberfläche des Ozeans.
    »Brücke«, meldete sich eine gelangweilte Stimme.
    »Wo ist Kapitän Jameson?«, raunzte Perry in den Hörer.
    »In seiner Koje, soweit ich weiß«, kam es salopp zurück.
    »Was, zum Teufel, vibriert da so entsetzlich?«, schnauzte Perry.
    »Wenn ich das bloß wüsste! Vom Schiffsantrieb kommt es jedenfalls nicht, falls Sie das meinen sollten. Sonst hätte ich etwas vom Maschinenraum gehört. Wahrscheinlich ist es nur der Bohrturm. Soll ich die Bohrstation anrufen?«
    Anstatt zu antworten, knallte Perry den Hörer auf die Gabel. Er konnte es nicht fassen, dass, wer auch immer sich auf der Brücke befand, sich nicht aus eigenem Antrieb beru fen fühlte, das Problem zu ergründen. War es denen einfach egal? Perry ärgerte sich schwarz, dass sein Schiff so unpro fessionell geführt wurde, doch für den Augenblick wollte er die Sache auf sich beruhen lassen. Er schlüpfte hastig in sei ne Jeans und zog sich einen dicken, wollenen Rollkragen pullover an. Dass das Vibrieren vom Bohrturm kam, musste ihm niemand erzählen, das konnte er sich an fünf Fingern abzählen. Schließlich waren die Schwierigkeiten bei der Bohroperation der Grund, weshalb er den weiten Weg von Los Angeles auf sich genommen hatte und hierher gekom men war.
    Perry wusste, dass er mit seiner Entscheidung für das laufende Projekt die gesamte Zukunft von Benthic Marine aufs Spiel gesetzt hatte: den Bohrungen in eine Magmakammer, die sich im Inneren eines westlich der Azoren gelegenen Unterwasserberges befand. Es handelte sich um ein Projekt, für das niemand einen Auftrag erteilt hatte, weshalb die Fir ma Geld investieren musste, anstatt welches einzunehmen. Die Summen gingen ins Unermessliche. Die Motivation für dieses riskante Unternehmen zog Perry einzig und allein aus der Hoffnung, mit dem gewagten Projekt die Fantasie der Öffentlichkeit anzuregen, das allgemeine Interesse
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