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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy
Autoren: Still Missing
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...«
    »Christina,
lass es.«
    Sie
schwieg einen Moment, ihr Körper neben mir verkrampfte sich. Dann schüttelte
sie den Kopf.
    »Nein.
Diesmal nicht. In den letzten Monaten habe ich deine Wünsche respektiert, habe
schweigend dabeigesessen, als du dich abgestrampelt hast, um allein mit allem
fertigzuwerden, aber ich werde nicht zulassen, dass du jetzt wegläufst,
Annie.«
    »Weglaufen?
Wer zum Teufel redet hier von Weglaufen? Ich habe endlich die Kurve gekriegt,
Christina, ich dachte, du würdest dich für mich freuen!«
    »Weil du
das Haus verkaufst, das du liebst? Und auf eine Kunstschule in den Rockies
gehst, obwohl eine bessere Schule nur eine Stunde von hier entfernt ist? Das
ist nicht die Kurve kriegen, sondern die Kurve kratzen. Du hast doch selbst
gesagt, du willst den ganzen Mist hinter dir lassen.«
    »Schon als
Teenager wollte ich auf diese Schule, und dieses Haus erinnert mich an alles
aus meinem Leben, einschließlich meiner Mom.«
    »Genau,
Annie. Du willst vor deiner Mom davonlaufen, seit du ein Kind bist. Meinst du,
davon verschwindet der Schmerz? Du kannst nicht alles auslöschen, was dir
passiert ist.«
    »Willst du
mich auf den Arm nehmen? Glaubst du, ich würde versuchen zu vergessen, was mit
mir geschehen ist?«
    »Ja, das
glaube ich, aber du kannst es nicht. Du denkst jeden Tag daran, oder etwa
nicht? Und es bringt mich um, dass du mir nicht genug vertrauen kannst, um mir
davon zu erzählen. Dass du glaubst, ich könnte damit nicht umgehen.«
    »Es geht
nicht um dich, sondern um mich! Ich kann damit
nicht umgehen! Selbst mit meiner Therapeutin kann ich kaum darüber reden. Und
dann soll ich das laut vor jemandem aussprechen, der
mich kennt, soll sagen, was er getan hat, was ich getan habe ... in deine Augen
sehen ...«
    »Schämst
du dich? Ist es das? Es ist nicht deine Schuld, Annie!«
    »Doch,
verstehst du das denn nicht? Nein, tust du nicht, du kannst es gar nicht
verstehen. Weil du niemals zulassen würdest, dass dir so etwas zustößt.«
    »Glaubst
du das wirklich? Um Himmels willen, Annie, du hast
ein Jahr mit einem Verrückten überlebt, du hast ihn umgebracht, um zu entkommen, und ich komme noch nicht einmal aus meiner Ehe raus.«
    »Deine
Ehe? Was ist mit deiner Ehe?«
    »Drew und
ich ... es läuft nicht mehr zwischen uns. Wir überlegen, ob wir uns scheiden
lassen.«
    »O nein!
Du hast nie etwas davon gesagt.«
    »Du
wolltest keine Probleme wälzen, erinnerst du dich? Aber eine kaputte Ehe ist
nun mal kein Thema für Smalltalk.« Sie zuckte die Achseln. »Wir hatten schon
ein paar Probleme, bevor du verschwunden bist, aber im letzten Jahr ist es
schlimmer geworden.«
    »
Meinetwegen ?«
    »Zum Teil.
Ich war so von der Suche nach dir in Anspruch genommen, aber auch davor schon
... Du weißt, dass das Immobiliengeschäft einem nicht viel Zeit für andere
Dinge lässt. Ich dachte, das neue Haus würde helfen, aber ...« Erneut zuckte
sie die Achseln. Die beiden hatten das Haus einen Monat vor meiner Entführung
gekauft, und alles, worüber sie damals redete, waren die neuen Möbel, die sie
zusammen aussuchten. Ich hatte angenommen, es ginge ihnen prächtig.
    »So viel
hat sich verändert, Annie. Nach deinem Verschwinden hatte ich fast einen Monat
lang jede Nacht Albträume. Ich konnte keine Open-House-Besichtigungen mehr
machen. Letzte Woche rief mich ein merkwürdiger Typ an, der ein leeres Haus
besichtigen wollte, und ich habe ihn an einen Kollegen verwiesen.
    Ein ganzes
Jahr lang ging es nur darum, dich wiederzufinden, doch dann hat Drew mich
schließlich zu dieser Kreuzfahrt überredet, und ich war nicht hier, als du im
Krankenhaus warst. Jetzt bist du zu Hause, aber ich habe dich immer noch nicht
wieder. Ich vermisse dich! Und ich kann auch nicht länger die Augen vor dem Zustand
meiner Ehe verschließen. Drew will zur Paarberatung, aber ich weiß nicht, was
ich verflucht nochmal eigentlich will.«
    Sie begann
zu weinen. Ich starrte auf das Gras und blinzelte meine eigenen Tränen fort.
    »Diese Sache, diese furchtbare Sache ist nicht nur dir widerfahren. Es betrifft jeden, der sich um
dich sorgt, und nicht nur das. Es hat jeden in dieser Stadt getroffen - jede
Frau im Land. Es hat das Leben einer Menge Leute verändert, nicht nur deins.«
    Ich
begann, die Grashalme zu zählen.
    »Nichts davon ist
deine Schuld. Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht allein bist, andere
Menschen haben ebenfalls gelitten. Darum verstehe ich auch, warum du weglaufen
willst, ich würde es ja
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