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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher
Autoren: Stanislaw Lem
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sein, wenn ich im Skaphander verbleibe – du wirst sowieso nichts davon haben…«
      »Warum? Wenn ich ihn heute anlege, habe ich ihn auch morgen an!«
      »Du wirst dich selbst überzeugen. Ich bin ja schon du gewesen, nämlich am Donnerstag, mein Donnerstag ist vorüber, also weiß ich es genau…«
      »Genug jetzt mit dem Gerede. Gib das sofort her!« knurrte ich wütend. Aber er riß sich los, und ich begann ihn zu jagen, zuerst in der Motorenkammer, dann stürmten wir einer nach dem anderen in die Kajüte. In der Tat, etwas war geschehen, denn wir waren jetzt nur noch zu zweit. Nun begriff ich auch, weshalb der vom Donnerstag, als wir mit dem Werkzeug durch die Ausstiegluke wollten, zu mir gesagt hatte, der vom Freitag habe ihm den Skaphander weggenommen: In der Zwischenzeit war ich nämlich der vom Donnerstag geworden, und der vom Freitag hatte ihn mir weggenommen. Aber ich beabsichtigte nicht, so schnell aufzustecken. Warte, ich werde schon noch ein Mittel finden, überlegte ich, rannte in den Gang, von dort zur Motorenkammer, wo ich während der Jagd auf dem Fußboden einen Knüppel bemerkt hatte, der zum Wühlen in der Atomsäule diente, ergriff ihn und eilte so bewaffnet in die Kajüte. Der andere steckte bereits im Raumanzug, nur den Helm hatte er noch nicht aufgesetzt.
      »Zieh den Skaphander aus!« schrie ich ihm ins Gesicht und schwang drohend den Knüppel.
      »Ich denke nicht daran.«
      »Zieh ihn aus, sage ich dir!«
      Eine Weile überlegte ich, ob ich ihm einen Schlag versetzen sollte. Ich war ein wenig unsicher, weil er weder ein blaues Auge noch Beulen am Kopf hatte, wie der vom Freitag, den ich im Bad entdeckt hatte, aber plötzlich begriff ich, daß es so sein müsse. Jener vom Freitag war jetzt bestimmt schon der vom Sonnabend, vielleicht tummelte er sich sogar schon in den Gefilden des Sonntags, hingegen war der vom Freitag, der im Skaphander stak, unlängst der vom Donnerstag gewesen, in den ich mich wiederum um Mitternacht verwandelt hatte, so näherte ich mich über die absteigende Kurve der Zeitschleife der Stelle, wo der vom Freitag vor dem Geschlagenwerden sich in den geschlagenen Freitag-Tichy verwandeln sollte. Aber der hatte mir vorher gesagt, daß der vom Sonntag ihn so zugerichtet habe; von dem indessen war nicht die geringste Spur zu entdecken. In der Kajüte waren wir allein, er und ich. Eine plötzliche List erfüllte mein Hirn mit blendender Erleuchtung.
      »Zieh den Skaphander aus!« donnerte ich drohend.
      »Du vom Donnerstag, laß mich in Ruhe!« rief jener.
      »Ich bin nicht vom Donnerstag! Ich bin der vom SONNTAG!« brüllte ich und griff an. Er versuchte, mir einen Fußtritt zu versetzen, aber die Schuhe des Raumanzugs sind sehr schwer, und bevor er den Fuß hoch bekam, hatte ich ihm bereits den Knüppel über den Kopf geschlagen. Nicht zu heftig, versteht sich, denn so viel Erfahrung hatte ich schon, daß ich wußte, ich selbst würde, wenn ich aus dem vom Donnerstag der vom Freitag geworden war, etwas am Kopf abbekommen, und mir lag nicht viel daran, mir selbst den Schädel zu zertrümmern. Der vom Freitag fiel hin und hielt sich stöhnend den Kopf. Ich zog ihm brutal den Raumanzug vom Leib. Als er schwankenden Schrittes ins Bad ging und murmelte: »Wo ist die Watte… Wo ist das Goulardwasser…«, legte ich rasch den Skaphander an, um den wir so erbittert gekämpft hatten. Da entdeckte ich plötzlich unter dem Bett ein menschliches Bein. Ich kniete nieder und sah: Ein Mensch lag dort und verschlang, mühsam das Schmatzen unterdrückend, die letzte Tafel Milchschokolade, die ich im kleinen Koffer für eine schwarze galaktische Stunde aufgehoben hatte. Der Gauner hatte es so eilig, daß er die Schokolade mit der Papierfolie aß.
      »Wirst du wohl die Schokolade liegenlassen!« herrschte ich ihn an und zog ihn am Bein. »Wer bist du? Der vom Donnerstag?…« fragte ich schon leiser und mit plötzlicher Unruhe, denn ich dachte mir, daß ich jetzt vielleicht schon der vom Freitag wurde und die Schläge kassieren müßte, die ich zuvor dem vom Freitag verabreicht hatte.
      »Ich bin der vom Sonntag«, stammelte er mit vollem Mund. Mir wurde schwindlig. Entweder log er, dann hatte das keine Bedeutung, oder er sprach die Wahrheit, dann drohten mir die Beulen, denn es hatte ja der vom Sonntag den vom Freitag geschlagen, und der vom Freitag hatte es mir zuvor gesagt, und ich hatte mich danach für den vom Sonntag ausgegeben und ihm eins mit dem
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