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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher
Autoren: Stanislaw Lem
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verfehlt, hinzuzufügen, daß ich persönlich die sogenannte »Sechsundzwanzigste Reise« schon seit langem für ein Apokryph gehalten habe – so im Hinblick auf die im Text auftretenden Ungenauigkeiten, die u. a. die Wackerleider betreffen (und nicht »Wackerkleider« – wie es im Text heißt), ebenso die Meopsera, die Mucken und die Gattung der Schlurfe (Phlegmus Invariabilis Hopfstosseri).
      Der erste Teil der vorliegenden Ausgabe umfaßt mehrere Reisen entsprechend der originellen Numerierung des Autors, der zweite hingegen Gelegenheitsschriften, Verschiedenes und Erinnerungen.
      In der letzten Zeit wurden Stimmen laut, die die Urheberschaft der Schriften Tichys in Zweifel ziehen. Die Presse berichtete, Tichy habe sich jemandes Hilfe bedient, ja er habe nicht einmal existiert und seine Werke soll eine Einrichtung geschaffen haben, ein sogenannter »Lem«. Gewissen extremen Versionen zufolge soll »Lem« sogar ein Mensch sein. Nun weiß aber jeder, der sich auch nur ein wenig mit der Geschichte der Kosmonautik befaßt hat, daß LEM die Abkürzung für die Bezeichnung LUNAR EXCURSION MODULE ist, das heißt für den forschenden Mondbehälter, der in den USA im Rahmen des »Apollo-Projekts« (der ersten Landung auf dem Mond) gebaut wurde. Ijon Tichy braucht weder als Autor noch als Reisender einen Fürsprecher. Die Gelegenheit nutzend, möchte ich jedoch die unsinnigen Gerüchte festnageln. Insbesondere: LEM war zwar mit einem kleinen Hirn (Elektronenhirn) versehen, doch diente dieses Gerät lediglich begrenzten Navigationszwecken und hätte nicht einen einzigen sinnvollen Satz schreiben können. Von einem anderen LEM ist mir nichts bekannt. Ihn erwähnen weder die Kataloge großer Elektronenmaschinen (vgl. z. B. Nortronics, New York, 1966-69) noch die Große Kosmische Enzyklopädie (London 1979). Es ist deshalb an der Zeit, die Tätigkeit der Tichologen, denen die seit Jahren in Arbeit befindlichen

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    E. M. Sianko, A. U. Chlebek und W. U. Kalamarajdysowa, Partielle Analyse der Betaspektren der linguistischen Texte I. Tichys; Bd. XVIII der Serie Tichiana
    OPERA OMNIA Ijon Tichys noch viel Mühe abverlangen werden, nicht durch solche Gerüchte zu stören, die mit dem Ernst ihrer Aufgaben nicht in Einklang zu bringen sind.

    Professor A. S. Tarantoga
    Lehrstuhl für vergleichende Astrozoologie der Universität zu Fomalhaut
    im Namen
des Redaktionskomitees für die Herausgabe
der Gesammelten Werke Ijon Tichys
    sowie
    des Wissenschaftlichen Rates des Tichologi
schen Instituts und des Redaktionskollegiums
der Vierteljahresschrift »Tichiana«.

    VORWORT ZUR ERWEITERTEN AUSGABE

    Gerührt und voller Freude machen wir die neue Ausgabe der Schriften dem Leser zugänglich, denn sie bringt außer den Texten der drei bisher unbekannten Reisen (der achtzehnten, der zwanzigsten und der einundzwanzigsten) nicht nur wertvolle Zeichnungen von der Hand des Autors, sondern auch die Aufklärung gewisser Rätsel, die bisher selbst von den Experten der Tichologie nicht gelöst werden konnten.
      Was die Stiche betrifft, so wollte der Autor lange nicht damit herausrücken; er behauptete, daß er die von den Sternen und Planeten stammenden Objekte in flagranti oder inmitten seiner häuslichen Sammlung lediglich für sich gezeichnet habe und daß sie weder einen künstlerischen noch dokumentarischen Wert besäßen, weil er sich dabei sehr beeilt habe. Doch selbst wenn es sich nur um Kritzeleien handeln sollte, womit übrigens nicht alle Kenner einverstanden sind, ist ihr Wert als Anschauungsmaterial für die Lektüre der bisweilen schwierigen und dunklen Texte unbestritten. Dies ist der erste Anlaß zur Genugtuung, die unsere Arbeitsgruppe erfüllt.
      Zum zweiten bringen die Texte der neuen Reisen eine keineswegs geringe Besänftigung für den Geist, der nach endgültigen Antworten auf die älteste aller Fragen lechzt, die der Mensch sich und der Welt stellt: Sie teilen nämlich mit, wer den Kosmos, die Naturgeschichte, die allgemeine Geschichte, den Verstand, das Sein und andere nicht weniger wichtige Dinge eigentlich erzeugt hat und warum er das tat. Und ist es etwa keine angenehme Überraschung, zu erfahren, daß unser vortrefflicher Autor an diesen Schöpfungsarbeiten keinen geringen, ja manchmal geradezu einen entscheidenden Anteil hatte? Somit ist auch die Bescheidenheit verständlich, mit der er die Schublade verteidigte, die diese Handschriften barg, und nicht weniger begreiflich ist die Genugtuung jener, die
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