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Sternenstaub im Kirschbaum

Sternenstaub im Kirschbaum

Titel: Sternenstaub im Kirschbaum
Autoren: Thariot
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einzige Möglichkeit, Meister Tulpenmohns grüne Meisterrobe verschwinden zu lassen, deren leidvoller Einsatz bei der Schweinezucht nicht mehr zu verhindern gewesen war. Mann, was war der Eber auf der Robe herumgeruckelt! Dass sich aber auch ein Tier in dem Alter noch so flink bewegen konnte. Das Schwein musste die Magie der ehrwürdigen Meisterrobe mit jeder Faser gespürt haben, zumindest solange diese noch als solche zu erkennen gewesen war. Der Eber war schon ein fieser Beißer! Unglaublich, die Sau war danach auf allen Vieren aus dem Gatter herausgekrochen, zum Glück hatte sie die grüne Meisterrobe vor den schlimmsten Bissverletzungen bewahrt. So oder so, Meister Tulpenmohn durfte seine geliebte Robe niemals wieder sehen. Musa hatte die kläglichen Überreste in der Nähe vergraben, magische Roben waren nichts für geile Schweine, da war er sich sicher.
    »MUSA RÜBENKERBEL! BIST DU IMMER NOCH NICHT FERTIG?!«, schrie ihn Tante Lobelie an, die zur Mittagszeit nach dem Rechten sehen wollte. Die hatte aber auch keine Ahnung , wie schwer Schweinescheiße war.
    »Nur zwei Eimer?! Nur zwei kümmerliche Eimer Mist?! Dafür brauchst du den ganzen Tag?«
    »Ich bin gleich fertig ...«, antwortete Musa, er war einfach für andere Dinge geboren. Als zukünftiger Großmeister der Spruchwirker würde er bestimmt keine Schweinescheiße mehr schippen müssen.
     
    »Der Musa war aber faul«, befand seine Enkeltochter,
    »Stimmt. Dafür hatte er andere Talente.«
    »Welche?«
    »Die kommen noch.«
     
    »Womit habe ich das nur verdient! Du bist auch zu nichts zu gebrauchen!«, zeterte Tante Lobelie weiter, »Dein Meister ruft nach dir! Du sollst sofort zu ihm kommen! Es geht um Leben und Tod!«
    »Sofort?«, fragte Musa verwundert, normalerweise waren dringende Angelegenheiten nicht typisch für seinen Meister. Angeblich hatte es bereits Ferkel gegeben, denen er bei der Geburt hätte helfen sollen, die bei seinem Eintreffen bereits mit ihren Geschwistern auf der Wiese gespielt haben sollen.
    »Sofort! Los, geh ... ich mache das Gatter sauber ... und vergiss nicht die grüne Meisterrobe mitzubringen, soll ich dir noch von ihm ausrichten.«
    Musas verbleibendes Leben war nur noch eine Illusion, das Missgeschick mit der Robe würde er niemals erklären können. Dem Schwein hatte der magische Ritt auf der dummen Sau bestimmt gefallen, nur die Robe hatte es dabei komplett zerlegt. Verdammt, wo sollte er jetzt nur eine passende Robe herbekommen?
    »Und , Musa?«, rief ihm Tante Lobelie noch nach, während er das Gatter verließ. »Wasch dich.«
    »Bitte, was?«
    »Du stinkst nach Scheiße.«
     
    Und in selbiger sitzend fühlte sich Musa, auch nachdem er sich gewaschen, umgezogen und auf den Weg zu Meister Tulpenmohn gemacht hatte. Gerade ging er an seinem Kirschbaum vorbei und fühlte sich, als ob er diesen Hort der Zufriedenheit nicht wieder sehen würde. Der Weiher nahe dem Baum glänzte in der Mittagssonne, es war ein wunderschöner Frühsommertag, möglicherweise einer seiner Letzten. In Rosenheide herrschte emsiges Treiben, die Menschen arbeiteten und gingen wie immer fleißig ihrem Tagewerk nach.
    »Los! Wir müssen sofort nach Lerchensporn!«, rief ihm sein Meister entgegen und stürmte auf ihn zu. »Es ist der Große Rat der Spruchwirker einberufen worden. Wir müssen sofort nach Lerchensporn!«, wiederholte sich Meister Tulpenmohn hastig und zog Musa mit.
    »Meister?!«, fragte Musa verunsichert, derart aufgewühlt hatte er seinen Lehrherrn noch nicht erlebt. Und dabei kannte er ihn bereits sieben Jahre, nein, eigentlich kannte er ihn schon sein ganzes Leben. Weder er noch Musa hatten Rosenheide jemals viel weiter als bis nach Lerchensporn verlassen, wobei er das nicht als Nachteil gesehen hatte. Rosenheide war ein feines Plätzchen, schließlich gab es hier die besten Kirschbäume der Welt.
    »Der Große Rat! Sie haben den Großen Rat einberufen! Uns steht großes Unheil bevor! Die Welt wird untergehen!«, postulierte Meister Tulpenmohn prompt aus dem Füllhorn seiner beachtlichen Weisheit.
    »Ja, ja ... aber was ist denn passiert?«, fragte Musa gespielt neugierig. Mit der Zeit hatte er sich schon mit dem latent täglich drohenden Weltuntergang arrangiert. Die Ausführungen seines Meisters interessierten ihn deshalb nicht, aber er hielt es für weise, seinen Meister am Reden zu halten. Zudem war das übliche Armageddon zur Mittagszeit ein Thema dem er einen gesunden Abstand zu der verschwundenen grünen Meisterrobe
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