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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer
Autoren: Kim Winter
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Kuppel angepasst war. Menschen drängelten sich wie Ameisen über die terrassierten Gehwege und Rolltreppen. Oben. Unten. Da waren sie wieder, die unvermeidlichen Hologrammbildschirme. Hoch an den Gebäuden angebracht, zeigten sie ein Raumschiff, das von Loduun aus auf dem Weg zur Erde war. Top-Thema momentan.
    Zu Hause in der Küche zog ich – wie es nicht so riesige Menschen nun mal häufiger müssen – einen Stuhl an den Schrank und kletterte hinauf, um im oberen Fach nach einem Glas Zucchinisuppe zu greifen. Nachdem ich es erwärmt und heruntergeschlungen hatte, setzte ich mich mit meinen Schulsachen aufs Bett, erledigte die Hausaufgaben und versuchte anschließend, eine Struktur für mein ausstehendes Bioreferat zu entwickeln.
    Am Abend klapperte ein Schlüssel im Schloss der Wohnungstür.
    »Mia?«
    »Bin in meinem Zimmer.«
    Schritte im Flur.
    »Sag mal, hast du mein Portemonnaie gesehen? Ich suche es schon den ganzen Tag.«
    »War in meiner Jacke.«
    Der Garderobenständer raschelte gefährlich. Dann fiel er miteinem lauten Knall um. »Wir dürfen das Ding nicht so einseitig belasten«, schimpfte meine Mutter.
    »Wir? Da hängen nur deine Sachen dran«, korrigierte ich sie, als ich hörte, wie sie ihn – wahrscheinlich wieder einseitig – belastete.
    »Wo ist denn deine Jacke?«
    »Auf dem Klavier.«
    Erneut raschelte es.
    »Ah, tatsächlich, da ist es ja, das gute Stück. Wieso habe ich es denn bei dir reingesteckt? Ich muss mich heute Morgen irgendwie vergriffen haben.«
    Ich schlug mir den Schnellhefter gegen die Stirn. Okay, Künstler waren verwirrt. Aber so verwirrt? Vielleicht lag das ja an den Dämpfen, die sie immer einatmete, wenn sie mit den Lacken über ihre frisch gefeilten Steinskulpturen jagte?
    Die Schritte meiner Mutter näherten sich dem Zimmer, dann erschien ihr Kopf im Türspalt.
    »Darf ich reinkommen?«
    Seufzend legte ich den Ordner weg.
    Sie kam näher, schob die Sachen beiseite und ließ sich neben mir auf dem Bett nieder. »Hör mal, Mia, das mit heute Morgen tut mir leid«, begann sie. »Ich bin stolz darauf, dass du etwas bewegen möchtest, und finde es gut, dass dir dein Umfeld nicht egal ist.«
    Ich spielte am Eselsohr meines Bioheftes herum. »Ist schon okay.«
    Beide schwiegen wir.
    Irgendwann richtete sie sich auf und streichelte über meine Wange. »Du hast so viel von ihm«, legte sie ihre Worte sanft in die Stille.
    Ich schielte leicht angespannt zu ihr hinüber.
    » Ich würde meine Familie nie im Stich lassen«, stellte ich klar.
    »Nein.« Meine Mutter lächelte. »In dieser Hinsicht bist du dann doch wie ich.« Gespielt ratlos tippte sie sich ans Kinn.»Wie haben wir es nur geschafft, ausschließlich unsere positiven Eigenschaften an unser Kind weiterzugeben?« Mit ihren Fingern umschloss sie meine Hand und sah mich an. »Aber könntest du vielleicht in Zukunft Nachsicht mit denen haben, die etwas zögerlicher durchs Leben gehen als du? Insbesondere wenn es sich hierbei um berufstätige, alleinerziehende Mütter handelt?«
    Ein versöhnliches Schmunzeln fand in mein Gesicht.
    Sie nahm mich in die Arme und legte das Kinn auf meinen Kopf. »Ach Mia.«

2

    D rei Tage später stand ich mit Tanja und Bert an der Vulkobase und wartete darauf, dass die Raumfähre landen würde.
    Es war schon spät am Abend und die Wartehalle, in der wir uns befanden, war viel kleiner, als ich sie mir vorgestellt hatte.
    »Kunststoffwände?«, fragte ich erstaunt.
    »Etwas Ähnliches«, sagte Tanja. »Das Material ist außerdem hitzebeständig und hält weitestgehend die Vibration während der Landung ab. Wenn ein großes Schiff mit dreihundert Personen an Bord ankommt, erzeugt das eine Menge Druck.«
    Ich betrachtete den quadratischen Raum. Er hatte kaum zehn Meter lange, weiße Wände. Außer einer Bank und einer Palme, die wie bestellt und nicht abgeholt dastanden, war er leer. Mir kam es vor, als befände ich mich in einer übergroßen Gummizelle.
    Wir warteten und warteten, aber es tat sich nichts. Minuten schlichen dahin und die Gummizelle wurde allmählich zu einer zeitlosen Zone, in der wir feststeckten.
    Wie würden sie aussehen? Wie würden sie sein? Auch auf der Erde gab es viele Gesichter, große oder kleine Körper und die verschiedensten Charaktere. Ich dachte an die vielen Kriege in der Vergangenheit. Damals, bevor die Menschen wussten, dass unterschiedliche Kulturen in der Zukunft ihr geringstes Problem sein würden. Und doch hatten die Menschen bis heute einen Hang
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