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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer
Autoren: Kim Winter
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auf diesen Iason zurück.
    Wie würde er wohl sein, so ein gefallener Held? Fest stand, er lag ganz allein im Krankenhaus. Ein Ort, der ihm völlig fremdwar. Fern ab von seinesgleichen. Wahrscheinlich würde sich das auch nur bedingt ändern, wenn er zu uns kam.
    Die Kinder hatten wenigstens Altersgenossen, die sie umgaben, aber in seinem Alter – Tanja meinte, er sei etwa neunzehn – war, soweit ich mich erinnern konnte, niemand sonst an Bord des Raumschiffes gewesen. Armer Kerl. Ich würde ihm in der Schule zur Seite stehen, das nahm ich mir vor.
    Vergeblich versuchte ich, mir ins Gedächtnis zu rufen, wie er noch einmal aussah. Aber mein Besuch auf Vulko war so sehr von Gefühlen überlagert gewesen, dass ich die Eindrücke nur noch verschwommen in Erinnerung hatte. Ich glaubte, mich an seine blonden Haare zu erinnern, das war sogar wahrscheinlich, denn Hope war ja auch blond. Helle Engelslocken, weiche Gesichtszüge, zarte Statur … Ja, so würde er wohl aussehen. Wieder seufzte ich und malte mir aus, was der Ärmste alles hinter sich hatte. Der »stolze Held« wurde nun immer mehr zu einem warmherzigen, zarten und leisen Menschen, der hier fremd war, und den es zu beschützen galt.
    Die Wunde hatte aufgehört zu bluten. Ich zog meine Hand zurück und riss mit den Zähnen die Schutzhülle des Pflasters auf. Wenige Sekunden später war ich versorgt.
    Auf der Treppe begegnete mir Silas. Während wir gemeinsam die Stufen hinabgingen, überschüttete mich der Zehnjährige mit dem schwarzen verstrubbelten Haar mit seinen Erzählungen über den Wasserlauf, den er gerade mit Frank baute.
    Aber ich konnte Silas’ Geschichte kaum folgen und noch weniger seine Begeisterung teilen, denn in Gedanken war ich weiterhin bei diesem Iason.

5

    A ls ich vier Tage später die Auffahrt zum Tulpenweg hinaufspazierte, lauschte ich dem Knirschen der Kieselsteine unter meinen Füßen. Zusammen mit dem lustigen Vogelgezwitscher aus den Bäumen ergab es einen ungewöhnlichen, aber schönen Klangteppich. Ich ließ gerade meine Gedanken durch die vergangenen Tage schweifen, als mir Tony auf seinen winzigen Beinchen in unfassbarem Tempo entgegengerannt kam. Ich schmunzelte, denn in diesem Augenblick erinnerte er mich an eine Comicfigur. Ich ging in die Hocke und empfing ihn mit ausgebreiteten Armen.
    »Mia, Mia!«, rief er, bevor er mir um den Hals fiel.
    »Iason ist aus dem Krankenhaus zurück«, sprudelte es aus ihm heraus.
    Erstaunt ließ ich ihn los. »Das ging ja schneller als erwartet. Hope wird sicherlich sehr glücklich sein.«
    »Wir alle freuen uns«, betonte er.
    Ich lächelte ihn an. Natürlich freuten sie sich alle. Ihr blonder Held war schließlich zurückgekehrt.
    Ich erhob mich und nahm seine Hand. »Na, dann zeig ihn mir mal, euren Iason.«
    Tony straffte die Schultern, warf sich in die Brust und führte mich würdevoll ins Haus, um dieser extrem wichtigen Aufgabe nachzukommen.
    Wir betraten die Küche, wo Hope gerade unglaubliche Mengen Butter und Honig auf einen Toast schmierte, um ihn dann auf einem Berg voll klebriger Brotmatsche neben sich zu stapeln.Als sie sich strahlend zu mir umdrehte, erkannte ich, dass sich die fleißige Arbeiterin mit dem Resultat ihrer Beschäftigung schon ordentlich selbst verwöhnt hatte. Der Honig tropfte ihr sogar von den Ohren.
    »Ist für Iason«, erklärte sie, glänzend wie eine Speckschwarte.
    »Ich bringe es ihm«, sagte Tony eifrig und wollte gerade nach dem vollen Teller greifen.
    Doch Hope war schneller. »Nein, das mach ich. « Ein energisches Funkeln trat in ihre grauen Augen, sodass Tony nichts anderes übrig blieb, als ihr per Schmollmund ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Mit Erfolg. Hope hielt inne, seufzte und legte ihm einen der Brot-Honigklumpen in die Hand.
    Gespannt spähte ich durch die Küchentür ins Wohnzimmer, um einen Blick auf ihren Bruder zu erhaschen.
    Eine große Gestalt stand schweigend am Fenster. Eine Hand am Rahmen, blickte Iason hinaus. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Nur die hochgekrempelten Hemdsärmel verrieten den warmen karamellfarbenen Teint seiner Haut.
    Tatsächlich! Wenn man ganz genau hinsah, ließ sich ein zart bläuliches Glitzern darauf erkennen. Doch es verband sich nicht mit seinem Körper. Es war mehr wie ein Schein, der darüberschwebte.
    Er sah völlig anders aus als erwartet und ich musste erst einmal Luft holen, um den Streich, den mir meine Fantasie gespielt hatte, zu verkraften.
    Trotz seiner athletischen Figur und der
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