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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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hiermit, ja? Hat Valeda dir von dem Spiegel erzählt?«
    Der große Lichtläufer nickte ohne eine Spur von Neugier oder Unwohlsein. »Was soll damit gemacht werden?«
    »Grabe draußen ein Loch, das groß genug für ihn ist. Wir werden im Frühjahr jemanden schicken, der ihn holt. Bis dahin sollte das sicher genug sein, meinst du nicht?«
    »Gewiss, Herr.« Nialdan nahm die Decke hoch und hüllte den Spiegel ein.
    Andry war dankbar, dass dieser Untergebene niemals Fragen stellte. Er zog zwei Kissen aus ihren Bezügen, denn er wollte den Stoff in Streifen reißen, um damit das Laken und die Decke um den Spiegel zu befestigen …
    Da war noch etwas anderes als das Kissen.
    Er hätte vor Entzücken fast aufgeschrien, als ein dünnes Pergament herausfiel, das zerknittert war und vergilbt vom Alter. Seine Finger zitterten, als er es aufhob. Er erhoffte sich Formeln oder Notizen zu Zaubereien oder Ähnlichem. Mit einer leeren Seite würde er umgehen können; in der Sternenrolle standen Rezepte, wie man Tinte sichtbar machen konnte. Stattdessen quälte er sich durch einen schrecklich fehlerhaften Brief von jemandem, der mit »dein libender Enckel« unterschrieben hatte.
    Andry lächelte. So viel zu seinen Hoffnungen, eine gewaltige Entdeckung zu machen: ein Spiegel von geringem Nutzen und eine kaum leserliche Nachricht. Er riss die Kissenhüllen in Streifen und half Nialdan, sie um den Spiegel zu binden.
    »Ich brauche keine Hilfe dabei, den hinauszutragen«, erklärte der Lichtläufer. »Er ist sehr leicht. Das Graben sollte kaum länger dauern, als eine Jungfrau braucht, um dreimal ihre Augen niederzuschlagen.«
    Andry bohrte einen Finger in die hervortretenden Muskeln an Nialdans Arm. »Für dich natürlich nicht. Was würde ich nur ohne einen baumstarken Kerl wie dich anfangen?«
    Nialdan grinste und verließ den Raum, mit dem Spiegel in den Armen. Andry blieb noch ein Weilchen. Er wünschte, die Frau hätte etwas wirklich Wichtiges besessen. Trotzdem konnte er von Glück sagen, dass er den Spiegel hatte. Er durfte nicht vergessen, allen Lichtläufern, die er künftig aussandte, aufzutragen, dass sie nach anderen Spiegeln suchten. Wer wusste, einer von ihnen könnte …
    In der Düsternis hätte er es fast übersehen. Da, auf dem Regal mit den Tellern, blitzte es ebenfalls silbrig. Wahrscheinlich nichts Interessanteres als ein Löffel, sagte er sich, womit ich mich wieder selbst zum Narren machen würde! Aber er untersuchte es dennoch.
    Es war nichts Außergewöhnliches, nur ein schmaler Ring aus poliertem Metall, der jetzt in seiner Hand lag. Darin eingerollt war jedoch ein weiteres Blatt Pergament, versiegelt und absendefertig. Er inspizierte den Verschluss und sah ein Muster aus Bergen und Sternen, das in das Silber geätzt war. Diesmal war seine Erregung berechtigt. Er erbrach das Siegel, glättete das Pergament auf dem Tisch und beschwor eine Fingerflamme, um lesen zu können. Die Übersetzung dauerte nicht lange. Er war an die alten Worte gewöhnt.
    Mireva hat bekommen, was sie verdient hat. Ihr habt dies in Eurer Weisheit schon seit Langem verstanden, und wenn ich auch zweifelte, so sehe ich doch jetzt, wie recht Ihr hattet. Unser Weg liegt darin, dass wir Lichtläufer und Prinzen werden, nicht darin, dass wir sie töten. Urival und Camigwen waren die Ersten von vielen, die in der Schule der Göttin gelebt und gewirkt haben. Es bedeutet Befriedigung, dass ihr Sohn jetzt schöne Ländereien genießt und ein Vertrauter des Hoheprinzen ist. Wir können äußerst stolz darauf sein, dass der künftige Hoheprinz einer von unserem Blut ist. Es wird aber selbst Euch überraschen, dass meine Nachforschungen endlich enthüllt haben, wie genau es dazu gekommen ist. Mireva dachte, es müsste von Sioned stammen. Es ist aber nicht so. Seine Kraft stammt von der stärksten Linie unter uns. Ich habe seinen Aleva in aller Heimlichkeit studiert, denn ich war nie zufrieden mit Mirevas Erklärungen. Ich war enttäuscht, weil er die Gaben, die er von uns hat, nie verwendet hat. Seine Farben waren nur die der Lichtläufer. Jedenfalls bis zum späten Frühling dieses Jahres. Zwar verwässert durch zwei Generationen, der Verbindung mit dem unbegabten Roelstra und dem Faradhi -Hauch von Rohan, so habe ich doch unsere eigene, geliebte Lallante in ihm entdeckt. Er ist ihr Enkel, jener Knabe, den Ianthe geboren hat und der damals nicht in Feruche gestorben ist.
    Andry war so verblüfft, dass seine Knie unter ihm nachgaben, doch er merkte es
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