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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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erst, als er hart auf den rohen Planken am Boden landete.
    Ianthes andere Söhne hätten nie so gute Dienste geleistet; so sehr wir alle die reine Abstammung von unseren alten Ahnen schätzen, die Kombination aus unserem Blut und dem der Lichtläufer hat Pol mächtiger werden lassen, als irgendeiner von unseren eigenen Leuten es jemals sein könnte. Es mag bitter sein, dies zuzugeben; aber wir haben es in Urival gesehen, und in geringerem Maße auch in Camigwen und jetzt in ihrem Sohn Riyan. So ist es auch mit Pol. Aber da seine Linie stärker ist als die, aus der die anderen hervorgingen, kann man nichts anderes erwarten, als dass seine Macht größer ist. Er wird ein Hoheprinz von unschätzbaren Gaben sein. Unter seiner Herrschaft werden wir sicher sein, denn er ist einer von uns, und er weiß es.
    Als Andry das Blatt herumdrehte, zitterten seine Hände so sehr, dass er das Pergament kaum halten konnte. Da war nur noch ein bisschen mehr.
    Im Frühling, Eure Billigung vorausgesetzt, werde ich mich selbst nach Drachenruh begeben und alles über Pol in Erfahrung bringen, was ich nur kann. Sollte er Bereitwilligkeit zeigen, werde ich mich ihm zu erkennen geben und ihn die Dinge lehren, die er wissen muss, um über die Schlachten Bescheid zu wissen, die Ihr vorausgesehen habt. Beim Namenlosen, was für einen Krieger wird er abgeben! Ich werde zu Euch kommen, wenn ich darf, und mich selbst in den Einzelheiten von Geschichte und Verteidigung ausbilden, so dass Pol Schwert und Schild sein kann. Denn er gehört nicht nur zu den Lichtläufern oder dem gewöhnlichen Volk, das er regiert, sondern auch zu uns.
    Der Brief war von der Frau unterschrieben, die Nialdan gerade getötet hatte. Er hatte keine Anrede getragen; Andry vermutete, dass der Silberring darum herum ausreichte. Er stemmte sich vom Boden hoch. An einem Nagel in der Nähe der Feuerstelle hing ein Eimer mit klarem Wasser, und er trank mehrere Tassen davon, um seine trockene Kehle zu befeuchten. Ein stärkeres Getränk hätte er willkommen geheißen, selbst mit Dranath versetzt, was es hier gewiss geben würde, aber er sah keine Weinflaschen. Er stellte einen Stuhl an den Tisch und setzte sich. Zwar zitterte er noch immer, aber jetzt war er eher bereit zu denken.
    Ob es nun wahr war oder nicht, war für den Augenblick unwichtig; aber sollte er den Brief behalten oder vernichten? War er wertvoller, wenn er ihn behielt, oder war das Wissen darum allein schon genug? Wie konnte es verwendet werden? War es wirklich ein Beweis dafür, dass Rohan und Sioned all die Jahre hindurch gelogen hatten? Wussten Chay und Tobin Bescheid? Lag ein Vorteil darin, Pols Abstammung zu enthüllen? War diese unglaubliche Sache wahr?
    Die Fragen kamen zu schnell. Er rieb sich die Schläfen und starrte auf das Pergament. Behalten oder zerstören?
    Aber dann fielen ihm die letzten Sätze über den Kampf wieder ein und Pols Tüchtigkeit als Krieger. Als die Worte sich wieder in seinem Kopf formten, kam er zu zwei Entscheidungen: erstens, dass das Ganze richtig war. Seine eigenen Visionen waren zu real gewesen, und dieser Diarmadhi hatte es offensichtlich auch gesehen.
    Und daraus folgte zweitens, dass der Brief vernichtet werden musste. Selbst wenn er den Beweis für Pols Erbe lieferte, so waren die offenen Worte über seine Kraft und Macht doch zu gefährlich. Hinzu kam, dass der Brief sonst von jemandem gesehen werden konnte, der den Inhalt Andrys Meinung nach besser nicht kennen sollte.
    Er beschwor Feuer in der Feuerstelle und verbrannte das Pergament zu Asche. Danach löschte er die Flammen mit einem Gedanken. Ein Jammer, dass er nicht wusste, an wen der Brief gerichtet war. Er hätte eine Menge in Erfahrung bringen können, ehe dieser Zauberer starb.
    Er unterdrückte alle Fragen, steckte den Silberring ein und verließ die Baumhütte. Nialdan trampelte gerade die letzten Erdkrumen auf dem Spiegel fest. Er brachte die Schaufel ordentlich in den Gemüsegarten zurück, stampfte die Erde von seinen Stiefeln und nieste gewaltig. Andry lachte.
    »Komm, lass uns weiterreiten und irgendwo ein heißes Bad für dich auftreiben. Und erinnere mich daran, dass ich ein Taschentuch von der Größe eines Kriegsbanners erstehe. Bei diesem Niesen hätten beinahe die Pferde gescheut.«
    Nialdan zuckte gutmütig mit den Achseln, und sie saßen auf. Andry prägte sich ein, wo die Erde aufgewühlt war, und sah sich ein letztes Mal nach der merkwürdigen, kleinen Hütte um. Beim nächsten Diarmadhi würde er
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