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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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billigte er Pols Dummheit; nicht nur, dass die Hinrichtung weniger Eindruck machte, weil sie nicht vor königlichen Zeugen ausgeführt wurde, sie war Pol, der mit seinem eigenen Schwert einen legalen Mord ausführen musste, auch teuer zu stehen gekommen – so hieß es jedenfalls. Sein Vetter war kein Krieger. Ihm fehlte Rohans rücksichtslos-praktisches Denken. Andry hatte mehr als einmal die Geschichte gehört, wie sein Onkel die abgeschlagene rechte Hand von Merida-Feinden vor die Füße ihrer Herren hatte schleudern lassen. Pol würde niemals etwas Derartiges tun. Pol war zivilisiert.
    Er bestrafte diejenigen, die sich gegen ihn aufgelehnt hatten, nur damit, dass er ein paar Ländereien innerhalb des Prinzentums konfiszierte. Als Beispiel für die anderen. Wegen seiner Weisheit und seiner Gnade wurde er gerühmt. Öffentlich. Und das war das Ende, jedenfalls, was Pol anbetraf.
    Aber Andry hatte die Namen, die Orte. Er hatte die Zauberer in seinen eigenen Reihen bereits entdeckt. Torien, sein Präfekt, war entfernt mit Ostvels erster Frau Camigwen verwandt, von der Riyan seine anderen Gaben geerbt hatte. Andrys Vermutung war korrekt; ein einfacher Zauberspruch, den Andry in Toriens Gegenwart selbst wirkte, bestätigte dies. Im Laufe des Sommers prüften die beiden langsam, sorgfältig und unauffällig andere. Den vierunddreißig, deren Reaktionen zeigten, dass sie Diarmadhi -Blut hatten, wurde erklärt, dass der besondere Spruch ihre Ringe zum Brennen bringe. Das war keine Lüge, aber auch nicht die ganze Wahrheit. Keiner von ihnen wurde verbannt; sie waren wertvoll. Sie würden nie zu wichtigen Positionen erhoben werden, und keiner außer Torien würde jemals das Handwerk der Devr’im erlernen.
    So hatte er sein eigenes Haus in Ordnung gebracht. Er vertraute Torien voll. Das Entsetzen des Mannes, als er erfuhr, was seine Reaktion wirklich bedeutete, war Beweis genug für seine Treue gewesen, selbst wenn Andry sich seiner vorher nicht sicher gewesen war. Die anderen, die von ihrem gemischten Erbe ebenso wenig wussten, wurden nicht einmal beobachtet, ob sie Anzeichen von Verrat aufwiesen. Aber Andry musste es wissen. Trotzdem waren es nicht seine Lichtläufer, sondern die Hunderte von Unbekannten im Veresch, die ihn beunruhigten. Pol war sträflich nachlässig, wenn er sie nicht ausfindig machte. Er wusste nicht, welchen Gefallen Andry ihm tat. Und hätte es ihm auch nicht gedankt, wenn er es gewusst hätte.
    Aber auch das war nicht wichtig. Nichts zählte, außer dass er Diarmadh’im mit Schlüsselfunktionen auslöschte. Mireva war tot, auch Ianthes Söhne, aber es musste noch andere geben, die fähig waren, Angriffe vorzubereiten. Was war, wenn diese zu spät entdeckt wurden?
    Und nach seiner Vision in den Träumen der heutigen Nacht wusste er, warum sie gefunden werden mussten. Die Zauberer hatten die Merida schon vor langer Zeit eingesetzt; das stand in Lady Merisels Schriftrollen geschrieben, und Mireva hatte es bestätigt. Die Männer, die er gesehen hatte, trugen die verräterische Narbe am Kinn. Wenn es keine Zauberer mehr gab, die sie kommandieren konnten, dann würde seine Vision vielleicht niemals wahr werden.
    Und doch: Da waren diese neuen Einzelheiten, die neue Szene in seinem Traum vom heutigen Abend. Etwas, was Chay gesagt hatte, nagte an ihm. Dass er, indem er so hart daran arbeitete, seine Visionen zu verhindern, vielleicht gerade dazu beitrug, dass sie wahr wurden. Dass sich dann seine Prophezeiung erfüllen und den ganzen Kontinent gefährden würde. Aber sein Vater war kein Lichtläufer. Er sah nur mit seinen Augen, nicht mit seiner Seele. Andry musste daran glauben, dass seine Bemühungen helfen würden, das Entsetzen abzuwenden, sonst würde er wahnsinnig werden.
    Vor fünf Tagen war er an der Straße vorbeigekommen, die nach Drachenruh führte. Gestern hatte er einen Mann gefunden, der weit oben auf Ostvels Liste derjenigen stand, die die Rebellion gegen Pol angeführt hatten. Eingedenk der Worte von Mireva, dass nur ein Diarmadhi -Elternteil notwendig war, um begabte Nachkommen zu zeugen, war Andry gegen die ganze Familie vorgegangen. Und für den Fall, dass jemand es nicht verstand, hatte Nialdan an die Tür des abgelegenen Häuschens im Walde einen Sonnenaufgang geschnitzt, von dem Lichtläuferfeuer ausstrahlte.
    Er konnte nicht mit ihnen allen fertig werden. Er wünschte, er könnte es, aber diese Hoffnung war unrealistisch. Er konnte nur so viele wie möglich entfernen, ehe die
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