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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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Aber Chiana und Halian würden Waes keinem anderen Athri übergeben. Stattdessen sollte es als freie Stadt organisiert werden, entlang der Grenzen von Andrades eigenem Besitz, dem Freisassengut Catha. Letzteres war beim Tod ihres Vaters an Syr zurückgefallen; Waes, jetzt ganz ohne Herrscher, würde als freie Stadt bestehen, bis und falls es sich Rohan anders überlegte. So groß war die Macht des Hoheprinzen.
    Der Gedanke an Syr ließ sein Gesicht vorübergehend weicher werden. Prinzessin Gemma hatte Prinz Tilal in diesem Sommer einen weiteren Sohn geschenkt, und sie hatte Tobin um Erlaubnis gebeten, den Knaben Sorin zu nennen. Er war ein lebhaftes Kind mit hellem Haar und grauen Augen; Andry war extra nach Hoch-Kirat gereist, um ihn nach dem Rialla zu sehen. Der Umweg hatte es ihm auch ermöglicht, so zu tun, als wäre er jetzt auf dem Weg zurück in die Schule der Göttin. Er hatte den größten Teil seiner Reisegesellschaft dorthin geschickt, während er selbst in den Veresch gereist war.
    Heute war eine der wenigen Nächte, in denen er nicht im Freien geschlafen hatte. Mit Handschuhen, die seine Ringe und Armbänder verbargen, und auf einem recht unauffälligen Pferd war er meist unbemerkt geblieben. Fremde waren immer Anlass zu Gesprächen in der Abgeschiedenheit der Berge, aber so lange seine Hände verborgen waren und er sich nicht verplapperte, würde niemand wissen, dass es der Herr der Schule der Göttin war, der da vorbeiritt. Und wer würde schon vermuten, dass ein Mann seines Ranges sich überhaupt in diese Unwegsamkeit begeben würde?
    Nialdan und Valeda, seine einzigen Begleiter, waren genauso verkleidet. Sie hatte darauf bestanden, dass sie an diesem Abend einen Gasthof aufsuchten, denn Nialdan schniefte im Anfangsstadium einer Erkältung. Andry ließ sich nicht zum Narren halten; sie wollte mit ihm schlafen und hoffte auf ein weiteres Kind, obwohl Chayly noch nicht einmal ein Jahr alt war. Er hatte sie an diesem Abend an seiner Tür sanft, aber entschieden zurückgewiesen. Aber jetzt wünschte er, er hätte nachgegeben. Es war kalt und sehr dunkel, und er war allein.
    Er fand ein paar Holzstücke, mit denen er in der Kohlenpfanne stocherte, und als er den Deckel wieder auflegte, starrte er auf das Muster, das rot und golden durch das Eisen schimmerte. Schmetterlingsflügel, wie Spitze.
    Alasen hatte Spitzenschleier herausgesucht, als er sie in der Felsenburg gefunden hatte.
    An jenem Tag, als Mirevas Leichnam auf den Stufen vor Stronghold zu Asche verbrannte, war Andry auf dem Sonnenschein, der durch die Gärten fiel, zur Felsenburg gereist. Alasen war allein. Sie kniete auf dem Teppich in ihrem Schlafgemach, und der Sonnenschein schimmerte auf Gold- und Silberfäden, die in die Dutzende von Schleiern gewirkt waren, die sich um sie herum bauschten. Sie hob einen dem Sonnenschein entgegen, eine zerbrechliche Kreation aus Blütenrosa und Blattgrün, und ihr Gesicht und das lange Haar wurden von den Mustern überschattet, als stände sie in einem Garten hinter Kletterrosen.
    Aber ihre Augen waren ängstlich, als wäre diese sanfte Beschäftigung ein Versuch, sich von Sorgen abzulenken. Der Schleier sank auf ihre Knie, und sie biss sich auf die Lippen. Andry wusste, warum sie allein im Sonnenschein saß. Sie wartete auf Nachricht vom Kampf der vergangenen Nacht. Von Sioned vielleicht, oder von Maarken oder Hollis. Bestimmt nicht von ihm.
    Er berührte sie so sanft wie möglich. Trotzdem erstarrte ihr Rückgrat und verkrampften sich ihre Finger. Sie hatte nicht gelernt, seine Gegenwart abzuwehren, aber ihre Farben im Sonnenschein wurden dunkler, und das verriet ihm, dass sie ihn zurückgewiesen hätte, hätte sie es gekonnt.
    Seid gegrüßt im Namen der Göttin, Herrin. Lasst Euren Geist ruhen. Alles ist gut. Ianthes Sohn ist tot, und auch die Zauberin, die ihm geholfen hat. Pol ist der sichere Sieger.
    Alasen beugte sich erleichtert ins Licht vor. Sie war erpicht auf weitere Einzelheiten. Sie wusste nicht, wie man über das Sonnenlicht sprach, aber es war so einfach, ihre Gedanken von ihrem Gesicht abzulesen.
    Der Kampf verlief wie geplant. Sioned kann Euch den Rest erzählen, oder Ihr könnt auf die offizielle Version beim Rialla warten. Ich bin jetzt nur hier, um Eure Sorge zu beheben und um einen Gefallen zu bitten. Alasen, ich brauche Eure Hilfe. Im Veresch verstecken sich noch mehr dieser Diarmadh’im. Sie sind die Feinde eines jeden Lichtläufers, jedes Prinzen und jedes Prinzentums. Wenn wir
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