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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder
Autoren: authors_sort
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gebeugtem, verzerrtem Licht erzeugt wurde.
    Er hob den Kopf. Der Ereignishorizont war wie ein monströser Planet, so riesig, dass er eine Ebene unter ihm bildete, die das Universum durchschnitt. Überall kroch und schlängelte sich rot verschobenes Plasma, während es ins Loch regnete, überall flackerten gewaltige Polarlichter. Am geraden Horizont sah er jedoch Lichtbänder, einen, zwei, vielleicht drei Streifen, die parallel zum Rand verliefen. Die Ringe waren ein weiteres Produkt des gewaltigen Gravitationsfeldes, weil das Licht nicht nur abgelenkt, sondern durch ein oder zwei Umlaufbahnen gezerrt und dann erst davongeschleudert wurde.
    Doch nun stürzte er immer schneller auf die tödliche Fläche zu. Anzeigen warnten ihn, dass seine Verbindung zur Bogen-Basis abbrach: Die zunehmende Rotverschiebung, von der er betroffen sein musste, beeinträchtige die Frequenzregelung. Es war ein Sekundäreffekt der Zeitverzerrung durch die Schwerkraft des schwarzen Lochs. Er versuchte, einen Teil seiner Rechenkapazität auf die Justierung des Signals umzuleiten, um die Verbindung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.
    Zeit, Zeit: Aus der Perspektive seines jüngeren Ichs im äußeren Universum würde die Zeit für Blau immer langsamer vergehen, während er sich dem Ereignishorizont näherte, bis sie schließlich ganz stehen blieb und er an den Horizont genagelt war wie eine in Glas gegossene Fliege. Es würde nicht lange dauern, dachte er, bis die Relativität seinem verworrenen Lebensweg einen letzten Streich spielte und Pirius Rot doch noch der ältere Zwilling wurde.
    Blau würde allerdings nichts mehr davon erfahren. Er würde wahrscheinlich nichts spüren, wenn er den Ereignishorizont passierte. In dieser Entfernung von einem derart massiven Objekt hatten die Gezeitenkräfte noch nicht an einem so kleinen Körper wie seinem zu zerren begonnen. Sobald er sich jedoch jenseits des Horizonts befand, war sein Schicksal besiegelt.
    Im Innern eines schwarzen Lochs rotierten Raum und Zeit um die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und tauschten die Rollen. Draußen schritt die Zeit unerbittlich voran, aber man konnte sich im Raum hin und her bewegen. In einem Loch war jedoch der Raum unidirektional. Auch wenn er sich noch so sehr dagegen wehrte, er würde sich immer weiter auf die Singularität im geometrischen Zentrum des Lochs zubewegen – die Singularität war jetzt seine einzige Zukunft. Lange nachdem die Gezeiten seinen Körper zerrissen hatten, würden die Strings und Membranen – die Grundbausteine seiner Partikel – dort gestreckt und zerfetzt und schließlich zu Nichts zerquetscht werden.
    Das Bestätigungssignal der Bogen-Basis wurde zu einem hochfrequenten Zirpen, das in die Unhörbarkeit verschwand. Er schaltete den nutzlos gewordenen Funk aus.
    Er schaute dorthin zurück, woher er gekommen war. Obwohl der überfüllte Himmel direkt über ihm unverändert zu sein schien, war das Bild in Richtung zum Horizont des Lochs blau verschoben und getrübt. Es war, als schaute er durch einen flachen, verspiegelten Kegel nach draußen: Selbst das Licht wurde ins Schwerefeld des Lochs gezogen und fing an, auf ihn herabzuregnen. Während er weiter in die Tiefe fiel, würde sich das Licht hinter ihm zusammenfalten, und schließlich würde alles Licht im Universum zu einem bleistiftdünnen Kegel gebündelt werden, der hinter ihm herstach, während er in die Dunkelheit fiel.
    Natürlich würde das Versagen seines Anzugs die wahrscheinlichste Todesursache sein. Vielleicht konnte er dessen Systeme aber auch manipulieren und das Loch selbst zwingen, ihn zu töten. Er grinste wild. Leicht würde es nicht werden.

 
59
     
     
    Auf dem langen Rückflug zur Bogen-Basis sahen sie keine Spur von den Xeelee.
    Aus dem Kommandozentrum erfuhren sie, dass die Xeelee nicht nur das Netz um das schwarze Loch verlassen, sondern gleichzeitig offenbar auch ihre Operationen in der gesamten Galaxis eingestellt hatten, vom Kern bis zum Rand. Pirius fiel es schwer zu glauben, dass diese eine Aktion solche Wirkung gezeitigt hatte. Aber er war froh, dass sie nicht angegriffen wurden; sie wären leichte Ziele gewesen.
    Er brachte jedoch nur vier Schiffe mit nach Hause. Diese Bürde Wird Vergehen hatte sich freiwillig erboten, noch einen Tag länger bei Chandra zu bleiben. Er würde am Ort des Geschehens so viel wie möglich aufzeichnen und nach Überlebenden der verlorenen Schiffe suchen. Pirius hatte dem widerstrebend zugestimmt. Es war das übliche
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