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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder
Autoren: authors_sort
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Realitätsverweigerungen getrübt waren, hatten grundlegende Bedeutung für einen akkuraten Bericht. Es war jedoch eine aufreibende Arbeit.
    Bei all diesen Sitzungen saß Marshal Kimmer schweigend dabei. Nur ein einziges Mal zeigte er eine emotionale Regung, nämlich als Pirius schilderte, wie er mit seinem Schiff einen zweiten Anflug auf Chandra unternommen hatte, um Blau zu führen und die Flaks abzulenken.
    Am Ende der Nachbesprechung kam Kimmer auf Pirius zu. »Sie hatten Recht«, erklärte er schroff. »Ich hätte bis zur Nachbesprechung warten sollen. Aber ich wiederhole es: Gut gemacht, Pilot.« Offenbar wollte er noch mehr sagen, aber sein kleiner, fies aussehender Mund schien nicht dazu imstande zu sein. Er verbeugte sich und ging davon, dicht gefolgt von seiner Entourage von Beratern.
    Mittlerweile war Pirius so müde, dass er sich wie betäubt und ein wenig entrückt fühlte, als trüge er nach wie vor seinen Hautanzug. Aber er wusste, dass er noch etwas zu erledigen hatte.
    Kommissar Nilis war in seinem Raum tief unten im Offiziersland. Pila saß bei ihm. Sie gingen Data-Desks durch, und virtuelle Bilder von Chandra und dessen Umgebung hingen in der Luft. Nilis schreckte tatsächlich vor Pirius zurück, als er hereinkam; in seinem breiten, zerknautschten Gesicht zeigte sich so etwas wie Scham.
    Pila sah Pirius jedoch an. »Gut gemacht«, sagte sie leise.
    Er fragte sich, was sie empfand. Vermutlich hatte diese seltsame, kalte Frau von der Erde ihre eigene Reise gemacht. Er sagte: »Ohne Sie hätte ich das nicht geschafft, Pila. Das werde ich nicht vergessen.« Dann drehte er sich zu Nilis um und sagte förmlich: »Kommissar – ich bin froh, am letzten Experiment beteiligt gewesen zu sein, das die Richtigkeit Ihrer Theorien bewiesen hat.«
    Nilis war überrascht. »Oh, mein Junge, mein Junge. Vielen Dank! Und du hast dich meines Vertrauens im höchsten Maße als würdig erwiesen. Du hast einen weiten Weg von diesem verwirrten Kind auf Port Sol und Venus hinter dir, mein Junge, einen sehr, sehr weiten Weg. Jetzt bist du ein Mann – du armer Teufel!
    Und es war natürlich auch eine großartige technische Leistung.« Er lächelte. Seine wässrigen Augen waren feucht. »Wer hätte nach den schleppenden Anfängen im Sol-System gedacht, dass wir es so weit bringen würden? Nun, ich habe immer an dich geglaubt, Pirius; ich wusste, wenn es überhaupt jemand schaffen konnte, dann du.«
    »Und wir haben heute Geschichte gemacht.«
    »O ja, das auch. Was für ein erstaunlicher Gedanke, dass von all den Galaxien, die wir am Himmel sehen, nur unsere Xeelee-frei ist – und zwar dank menschlicher Anstrengungen! Und es ist auch noch in anderer Hinsicht ein historischer Augenblick. Weißt du, es ist ein Irrtum zu glauben, dass Kommunikation zwischen fremden Kulturen immer möglich sei. Die traurigen Dokumente der Assimiliation beweisen das. Manchmal weichen die Wahrnehmungen unseres gemeinsamen Universums einfach zu stark voneinander ab. Bei enorm vielen Erstkontakten findet nur eine höchst urtümliche Form der ›Kommunikation‹ statt: Man wird ignoriert, gefressen oder angegriffen. Und es gibt keinerlei Unterlagen darüber, dass die Xeelee jemals auf irgendeine andere Weise als durch extreme Gewalt mit einer unbedeutenderen Spezies zu kommunizieren versucht hätten. Aber bei diesem Vorfall haben sie reagiert. Wir haben Chandra bedroht, sie sind abgezogen, wir haben nicht angegriffen; wir haben so etwas wie Informationen ausgetauscht und eine Art Vereinbarung erreicht.« Er seufzte. »Wenn es nur möglich wäre, auf diesem Durchbruch aufzubauen! Vielleicht könnte der ewige Krieg dann beendet werden. Aber leider ist das wohl eine Utopie.«
    Pirius wusste, wie wichtig dem Kommissar solche philosophischen Überlegungen waren. »Also war es ein mehrfacher Triumph.«
    »Ja.« Doch dann verzog sich Nilis’ Gesicht. »Aber es hat zu viele Opfer gegeben – zu viele junge Leben sind meinetwegen und um meiner Träume willen ausradiert worden. Diese Momente, als die ersten beiden Angriffe fehlschlugen und ich dachte, ich wäre trotz dieser Opfer gescheitert – das war beinahe mehr, als ich ertragen konnte.«
    Pirius versuchte, Worte über die Verhältnismäßigkeit der Verluste im Vergleich zum Gewinn zu finden. Aber er sah, dass Nilis momentan untröstlich war. Nach einer Weile überließ er ihn seiner Arbeit.
    Als er in die Kaserne zurückkam, schlief Torec bereits. Sie hatte nicht einmal den Overall ausgezogen, den die
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