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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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Zelle heraus wäre. Wie er ihm auflauern und ihn verprügeln oder mit einem Messer nachhelfen würde. Und wie er sich dann Kierans rückgratlosen Freund Arthur Dietrich schnappen würde. Und Sarek Hassan, den Verräter. Und je länger er Max’ kranken Rachephantasien gelauscht hatte, desto öfter hatte er sich gefragt, wie er den Kerl je zu seiner rechten Hand hatte wählen können.
    Ja, dachte Seth, Max wäre in der Lage, das Schiff und die Mission zu gefährden, um seine eigenen, selbstgerechten Ziele zu verfolgen. Und irgendjemand würde den Hurensohn finden müssen, ehe er noch mehr Schaden anrichten konnte. Aber das war nicht der einzige Grund, aus dem er ihn finden musste.
    Was auch immer Max getan haben und was auch immer diese Geräusche verursacht haben mochte – Kieran würde Seth für all das verantwortlich machen. Und mit diesem Vorwurf in der Hinterhand würde es Kieran ein Leichtes sein, ihn für den Rest seines Lebens einzusperren. Falls diese dröhnenden Geräusche Bomben gewesen waren und Seth beschuldigt werden würde, würde jeder auf dem Schiff ihn für einen Verräter halten.
    Und was würde Waverly von ihm denken?
    Seth blieb nur eine Chance: Er musste Max finden und ihn handlungsunfähig machen. Er musste Kieran, Waverly und jedem anderen auf diesem Schiff beweisen, dass er, Seth, nichts mit der Sache zu tun hatte.
    Und irgendwie musste ihm das gelingen, ohne gefasst zu werden.

Heldin
    W averly war in ihrer Kabine und kochte sich einen Tee, ehe sie sich auf den Weg zum Kornfeld machen wollte, um einen defekten Mähdrescher zu reparieren. Sie hatte sich niemals als Mechanikerin gesehen, hatte nie als eine solche arbeiten wollen, und so war jeder Tag eine neue Herausforderung für sie. Sie hatte sich für diese Aufgabe entschieden, weil sie eine der wenigen Tätigkeiten war, bei denen sie mit niemandem sprechen musste. Und davon abgesehen, riss sich auch kein anderer darum. Vom Umgang mit den ungewohnten Werkzeugen waren ihre Hände mit Schnitten und Kratzern übersät, und überdies nahm die Arbeit sie derart gefangen, dass sie kaum Zeit hatte, an etwas anderes zu denken – und noch weniger Zeit, um zurückzudenken.
    Immer wenn sie ihre Augen schloss, erschienen jene Bilder, die sich ihr in die Netzhaut eingebrannt hatten: die Gemeinde der New Horizon, die sich, jeder Einzelne in Schwarz gekleidet, zu sanften Gitarrenklängen wiegte; das Labor, in dem sie sie operiert und ihr das Wertvollste genommen hatten, um ihre neue Generation von Aposteln zu erschaffen; die grauenvoll klaffende Wunde in ihrem Bein, wo sie eine Kugel von Anne Mathers Anhängern getroffen hatte. Wie sie ihre Mutter und die anderen Erwachsenen in jenem Gefängnis hatte zurücklassen müssen, in das Mather sie gesperrt hatte und in dem sie mit ihnen tun konnte, was auch immer ihr gefiel. Die Explosion roten Blutes, als sie den Mann erschoss, der zwischen ihr und der Freiheit gestanden hatte.
    Jener Augenblick, als sie zur Mörderin geworden war.
    »Ich denke nicht mehr über diese Dinge nach«, teilte sie dem leeren Raum mit und bedeckte ihre Augen mit der flachen Hand. Niemand sonst auf diesem Schiff wusste, was sie getan hatte. Sie hatte niemandem von diesem prägendsten Augenblick ihres jungen Lebens erzählt – dem Augenblick, in dem sie aufgehört hatte, Waverly Marshall zu sein, und zur Mörderin geworden war. Zu einer Fremden in ihrem eigenen Körper.
    Als die Erschütterung einsetzte, war sie zunächst so weit entfernt, dass sie sie fast nicht wahrgenommen hätte – ein leichtes Beben der Bilderrahmen an der Wand, das kaum hörbare Grollen tief im Inneren des metallenen Riesen, der ihr Schiff war.
    Sie setzte sich auf. Irgendetwas stimmte nicht.
    Dann, so durchdringend, dass sie es in ihrer Brust fühlen konnte – eine Explosion.
    Ihre Teetasse hüpfte auf dem Unterteller, und schwarzer Tee spritzte über den rauhen Holztisch.
    Sie sprang aus ihrem Stuhl und rannte hinaus auf den Korridor, wo sie auf Dutzende von Kindern traf, die die Panik aus ihren Betten getrieben hatte. Viele von ihnen weinten und suchten Schutz bei ihren Puppen, die sie eng an sich drückten. Am Ende des Flurs, umringt von kleinen Jungen und Mädchen, stand Melissa Dickinson. Sie war ein zartes Mädchen, kaum größer als die Kinder, um die sie sich so liebevoll kümmerte.
    »Melissa! Was ist hier los?« Waverly musste schreien, um sich Gehör zu verschaffen.
    »Ich weiß es nicht!« Melissa, sonst die Ruhe selbst, wirkte besorgt, und
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