Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenfaust - 189 - In Pranurs Gewalt

Sternenfaust - 189 - In Pranurs Gewalt

Titel: Sternenfaust - 189 - In Pranurs Gewalt
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
2273
     
    Der Frachtraum Nummer Sieben verschwand um Bruder William Beaufort. Alle Geräusche und Gerüche verblassten. Selbst die Zeit verlor ihre Bedeutung. An seinem Rückzugsort, fernab vom Trubel des überbesetzten Star Cruisers, gab sich William einer der Achtsamkeitsübungen hin, die er zur Stärkung seines Ichs als steuernder Mentalkraft gelernt hatte. »Fünf Rufe der Seele« hatten die Meister seines Ordens die Übung getauft, um die verschiedenen Qualitäten innerhalb des menschlichen Empfindens zu trennen. Die Grenzerfahrung, die William auswählte, war ebenso schmerzhaft wie naheliegend: die Auslöschung einer ganzen Galaxie.
    Vor Williams geistigem Blick sah er die Milchstraße, wie er sie auf der Brücke zuletzt erblickt hatte. Das Licht der Sonnen blinkte noch immer durch die Schwärze des Alls, obwohl seine Quellen ausgelöscht waren. Nach und nach erloschen die fernen Sonnen.
    Dunkelheit umgab ihn.
    Im ersten Schritt betrachtete William die Große Leere so objektiv, wie es ihm möglich war. Milliarden von Leben existierten nicht mehr. Darunter Menschen, die er liebte. Alles, was er einst gekannt hatte, hatte sich aufgelöst in der Vernichtung.
    Am Ende seiner Reise war er im »Auge des Universums« auf die STERNENFAUST III gelangt. Nun befand er sich unvorstellbar weit entfernt, in Andromeda, um eine Prophezeiung zu erfüllen, die den letzten Hoffnungsfunken für die Milchstraße darstellte.
    William atmete tief ein und nahm eine neue innere Haltung an. Er gestattete sich, den irrationalen Jugendlichen in sich zu Wort kommen zu lassen. Sein Herzschlag beschleunigte. Wut und Zorn stiegen in ihm auf, über diese furchtbare, nicht zu fassende Vernichtung. Und damit vermischte sich der Zorn auf jene, die dieses kosmische Verbrechen zu verantworten hatten. Sie hatten es verdient, mehr zu leiden als ihre Opfer.
    Es war seltsam. Mehr als die Opfer wünschte er sich in diesem Moment die Täter zurück. Sie sollten wieder leben, um für das Grauen, das sie angerichtet hatten, zur Rechenschaft gezogen und bestraft zu werden.
    Einige Sekunden nahm William diese Empfindungen bewusst wahr, ehe er diese Haltung wieder verließ.
    Konzentriert wechselte er zum alten Weisen, der mit Abstand über Ursachen und Werte nachdachte, aber auch die Sorge zulassen konnte, die William unter dem gewaltigen Druck der Verantwortung zum verdrängten, ständigen Begleiter geworden war.
    Er fokussierte seine Gedanken auf die große Aufgabe, die vor ihnen lag. Würden sie es schaffen, die Prophezeiung zu erfüllen und die Große Leere rückgängig zu machen? Und welches Opfer würden sie dafür erbringen müssen?
    Er wollte die Übung abschließen, indem er in die Erwachsenenrolle ging, um alle Eindrücke als Ganzes zu überdenken, als ihn ein pneumatisch zischendes Geräusch aufschreckte. Der Frachtraum gehörte nicht mehr länger ihm allein.
    Hastig öffnete er die Augen und drehte den Kopf. Von seiner Haltung im Lotussitz aus konnte er nicht sehen, wer den Raum betrat. Mannshohe, fest verankerte Transportbehälter versperrten den größten Teil der Sicht.
    William wollte sich gerade bemerkbar machen, als ein mentaler Impuls ihn davon abhielt. Er spürte pure Verzweiflung.
    Das Bild eines weinenden blonden Mädchens baute sich in seinem Inneren auf. Doch die fremden Gefühle gingen noch weiter. Sie luden sich Verantwortung auf. Sie gaben sich die Schuld an dem, was passiert war.
    Langsam stand William auf und trat an einen Frachtcontainer heran, um freie Sicht zu haben. Er sah eine junge Marine mit weißblonden Haarstoppeln. In Seiza-Haltung kauerte sie kniend auf dem Boden, ein in Papier gewickeltes Messer in der Hand.
    Ihre Emotionen ließen keinen Zweifel daran, was sie vorhatte: Seppuku. Ein traditioneller Selbstmord aufgrund eines Gefühls der Entehrung.
    Über ihr hageres Gesicht rann eine Träne, doch die Augen zeigten grimmige Entschlossenheit.
    William schluckte. Nur zu gut verstand er, was die Marine antrieb. Er trat vor, leise und selbstverständlich, als wären sie alte Freunde. Mit einem leichten Nicken setzte er sich ihr ungefragt gegenüber und versuchte, sich an ihren Namen zu erinnern. Aber er kannte ihn nicht, was vor allem daran lag, dass die Private zur ursprünglichen Besatzung der STERNENFAUST III gehörte.
    Die Marine hob den Kopf. Ihre grauen Augen weiteten sich, die Lippen zitterten. Angst und Unsicherheit zeigten sich auf ihrem Gesicht. Ihr Blick senkte sich auf das Messer in ihrer Hand.
    »Es gibt noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher