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Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Titel: Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich
Autoren: Manfred Weinland
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Sonnenaufgang den unruhigen Schlaf ab, in den er gefallen war, nachdem er nach Hause zurückgekehrt war.
    Die Leere des Schlafs hatte ihm nicht geholfen, seine Ausgeglichenheit wiederzufinden, und er beneidete die fremden Kulturen auf fernen Welten, von denen erzählt wurde, dass ihre Angehörigen während des Schlafes zu »träumen« begannen, wobei sie auf ihren mentalen Reisen irreale Dinge er- und durchlebten, die stets einen Bezug zu ihrem tatsächlichen Leben hatten und ihnen manchmal halfen, reale Probleme besser zu verarbeiten.
    Ein Karolaner besaß diese Fähigkeit nicht. Schlaf war Schlaf, einer völligen Bewusstlosigkeit gleich und damit wahrscheinlich auch dem Tode mehr als nur verwandt.
    Canas melodiöse Stimme hatte den Wall aus Dunkelheit und Stille jedoch mühelos durchdrungen und niedergerissen.
    Taro erhob sich von seinem Lager, ging zu der Wandmulde, aus der er reinigende Flüssigkeit abrufen konnte, indem er über die faserigen Stellen strich, die in fingerdicken, schlauchartigen Öffnungen über einem Becken endeten.
    Melken nannte man dies.
    Taro melkte das Haus, bis sich die Mulde mit der klaren Flüssigkeit gefüllt hatte. Dann beugte er sich nach vorn und schöpfte das Nasse mit beiden Händen, um es gegen sein Gesicht zu schleudern. Es erfrischte und reinigte zugleich.
    Als er sich wieder ganz bei Sinnen fühlte, verstaute er die Kleidung des Vortags in der Truhe, in der die Wäsche gesammelt wurde, und nahm sich neue aus einem Fach, das ebenso wie die Waschmulde gewachsen , nicht eigens angefertigt worden war.
    Meistens verlor Taro über diese alltäglichen Dinge keinen Gedanken, doch heute wurde ihm schmerzlich bewusst, wie selbstverständlich er all die Annehmlichkeiten nahm, die der Cluster ihm bot.
    Er verließ die Kammer – und hatte seinen gut gemeinten Vorsatz bereits wieder vergessen, als er neben seine Mater trat, die mit dem Haushalt beschäftigt war und ihm den Rücken zukehrte.
    Taro bezweifelte, dass sie ihn nicht bemerkt hatte, bevor er bei ihr angelangt war.
    Sie beendete ihr Lied.
    »Fühlst du dich besser? Gestern Abend hast du mir Sorgen gemacht. Was war denn los?«
    Taro sah Cana offen an. »Du weißt, was los ist. Ich bin unglücklich.«
    »Unglücklich verliebt« , erwiderte Cana sanft. »Du kennst meine Meinung dazu. Jinu ist nicht nur wunderschön, sie hat auch einen guten Charakter. Doch sie ist die Tochter des Verkünders. Sie steht damit so viel höher in der Hierarchie unserer Gemeinschaft.«
    »Es spielt ohnehin keine Rolle mehr«, unterbrach Taro sie dumpf, »ob du recht hast oder nicht. Jinu ist kein Thema mehr.« Er zögerte, dann erzählte er seiner Mater, was sich ereignet und was er erfahren hatte.
    Canas Augen wurden groß. »Nier?«
    »Genau der!«, rief Taro. »Aber mehr noch als er ärgert mich Jinus Verhalten. Ich dachte, sie würde auch etwas für mich empfinden. Ich war fest entschlossen, beim Ritus einen Heros-Eponen zu erringen.«
    Canas Kehle entrang sich ein spitzer Schrei.
    »Was ist, Mater?«
    »Einen Heros-Eponen? Kind, was bildest du dir ein? Hast du vergessen, dass Reiter von Heros-Eponen manchmal dem Ruf der Ankrilen folgen müssen? Dem Ruf! Meinst du, ich will nach deinem Vada auch noch dich verlieren? Wie kannst du mir das antun wollen?«
    Sie war völlig aufgelöst, sodass er sie in die Arme nahm und zu trösten versuchte. »Ich will dir keinen Schmerz bereiten, Mater, verzeih. Ich wollte Jinu für mich gewinnen – über alle Klassenschranken hinweg. Und du weißt, dass, wer über einen Heros-Eponen gebietet, die Kastengesetze umgehen darf. Das war mein Antrieb. Doch jetzt hat sich alles geändert.« Taro seufzte. »Jinu wurde Nier versprochen. Ich werde mich also mit einem normalen Eponen bescheiden, so wie die meisten.«
    Cana wirkte verstört. »Du musst demütiger werden, mein Junge. Das ist die allererste Regel, um überhaupt einen Eponen erringen zu können. Haben euch eure Priester das nicht beigebracht?«
    »Doch. Natürlich.« Er senkte den Blick. Doch dann erwachte wieder der Trotz. »War das mit der Sorge, der Ruf könne mich ereilen, dein Ernst?«
    Cana küsste ihn auf die Stirn. »Sieh in mich. Dort steht die Antwort geschrieben – in Bildern, denen du hoffentlich mehr Vertrauen schenkst als meinen Worten.«
    Beschämt sank sein Geist in den ihren und nahm in sich auf, was sie für ihn bereitgestellt hatte.
    »Schon gut«, lenkte seine Mutter ein. »Während du schliefst, erhielt ich Nachricht, dass heute zwar nicht der
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