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Sternenfaust - 098 - Verloren

Sternenfaust - 098 - Verloren

Titel: Sternenfaust - 098 - Verloren
Autoren: Michelle Stern
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und Yngvar MacShane bediente. Sogar die Mimik der Entität erinnerte an die beiden Menschen, mit denen es eins geworden war. Falls Dana das ebenfalls bemerkte, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.
    »Feindseligkeit«, wiederholte die Entität, als müsse sie das Wort ergründen. »Warum? Es wurde Hilfe angeboten. Zu helfen ist eine annehmbare Handlung. Warum wird diese Hilfe abgelehnt?«
    »Ich habe bereits versucht das zu erklären«, meinte Dana unwillig. »Es kann zwischen uns keine Freundschaft geben. Du bist auf diesem Schiff nicht willkommen.«
    »Freundschaft«, sinnierte das Wesen melodiös. Es wandte sich an William. »Freundschaft mindert die Entropie. Was bedarf es für Freundschaft?«
    Bruder William hob die Hände und streckte der Entität seine geöffneten Finger in einer entwaffnenden Geste entgegen. »Freundschaft basiert für uns auf Vertrauen. Und Vertrauen wiederum erwächst aus Sicherheit. Aus einer gleichbleibenden, zugewandten Handlung. Um eine Freundschaft zu dir aufbauen zu können, müssten wir erst darauf vertrauen, dass du dich an die Regeln dieses Schiffes hältst, solange du dich auf ihm befindest. Es sind die Verhaltensweisen, um die Dana Frost dich bereits gebeten hat. Wenn du dich daran halten würdest, würde uns das Sicherheit geben.«
    »Diese Sicherheit bedeutet auch Einengung. Sie schützt das Sein vor Leid, aber sie verkompliziert die Lage und verhindert Erfahrungen. Das Lernen wird komplizierter. Das Sein sollte davon befreit werden.«
    »Zunächst einmal geht es einzig und allein um unser Sein«, entgegnete Dana spröde. »Und du hast zweien von uns ihr Sein auf eine ausgesprochen egoistische Art und Weise genommen.«
    Das Wesen schüttelte den Kopf. »Das ist so nicht korrekt. Es wurde ihnen zu einem höheren Sein verholfen.«
    »Nein.« Für einen Moment sah William Hass in Danas hellblauen Augen. Ihre Stimme klang leise und anklagend. »Du hast Yngvar MacShane nicht zu einem höheren Sein verholfen. Du hast ihn umgebracht.«
    In der eintretenden Stille hörten sie das leise Summen der noch arbeitenden Geräte. William schloss die Augen. Ihm war, als könne er Danas Schmerz bildlich vor sich sehen. Eine schwarze Rose, die ihre Dornen in den Raum schlug. Er fühlte die tiefe Wut, die Captain Frost so lange verborgen gehalten hatte. Für einen Augenblick war sie greifbar geworden.
    Auch die Entität schien das zu fühlen.
    Überhaupt scheint das Wesen eine ganze Reihe von Gefühlen zu haben. Vielleicht fallen ihm unsere Worte schwer. Vermutlich ist es gar nicht einfach, sein eigenes Empfinden darin auszudrücken und das unsere darüber zu verstehen. Zumal wir es nicht gewohnt sind, unsere Gefühle unverstellt zu zeigen, während die Entität ihre ausdrückt. Sie erscheint mir trotz all ihrer Weisheit wie ein staunendes Kind.
    Die Entität wirkte betrübt. Die Art und Weise, wie sie Dana nun ansah, erinnerte William sehr stark an Yngvar MacShane. Sie streckte eine Hand nach Dana aus, als wolle sie die Frau zu sich ziehen.
    »Trauer. Wut. Trennung. Dieses Leid war nicht beabsichtigt. Es muss nicht so bleiben. Auch im Innersten ist Trauer.« Das Wesen zeigte mit der anderen Hand auf seine nackte Brust. »Hier ruht der Wunsch und das Ziel. Eine Wiedergabe des verlorenen Seins ist nicht möglich. Wohl aber eine Vereinigung mit dem jetzigen Sein. Ein Ende der Trennung. Es ist möglich zu folgen.«
    Danas Augen weiteten sich. »Das …«, sie schluckte. »Das kann ich nicht tun.«
    »Warum nicht? War das nicht der eigentliche Wunsch? Das Ende der Trennung? Das Zurückerlangen der Vollendung?«
    William schluckte als er begriff, dass Dana mit der Antwort zögerte.
    Will sie das wirklich? Das darf sie nicht! …
     
    *
     
    Dana unterdrückte das Zittern ihrer Hände, indem sie so tief und ruhig wie möglich atmete. Sie wollte nicht zeigen, wie verwirrt sie wirklich war. Sie war der Captain dieses Schiffes und Bruder William sollte sie nicht schwach sehen.
    Sich mit Yngvar vereinen – ob das möglich ist?
    Der Gedanke bohrte sich tief in sie. Ständig erblickte sie Yngvar MacShane in den Zügen der Entität. Es war, als ob er selbst auf eine verrückte Art und Weise mit ihr sprach. Als würde er sie zu sich rufen, damit seine und ihre Einsamkeit für immer beendet war! Konnte es wirklich sein, dass er sie so vermisste? Vielleicht hatte sie Unrecht gehabt, als sie annahm, er habe die höhere, die weisere Daseinsform der jetzigen mit ihr vorgezogen. Vielleicht bereute er seine
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