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Sternenfaust - 098 - Verloren

Sternenfaust - 098 - Verloren

Titel: Sternenfaust - 098 - Verloren
Autoren: Michelle Stern
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Ein anderer Junge saß neben ihm. Nik. Er drangsalierte William öfter in den Pausen, wenn er nicht gerade Football spielte oder zum Spielen in den Medienraum ging. Nik beugte sich zu William hinüber. Er schrieb seine Mathematikaufgaben ab. Ergebnis für Ergebnis landete in seinem Heft – noch durften sie kein Touch-Pad benutzen, weil die Lehrer zuerst verlangten, dass sie das Schreiben von Hand lernten.
    »Ich will das nicht …«, zischte William dem größeren Jungen zu.
    »Stell dich nicht so an«, meinte Nik abwertend.
    William zog sein Heft fort. »Rechne doch selbst!«
    Nik wurde wütend, ehe er aber etwas sagen konnte, wurde er von der Lehrerin zurechtgewiesen.
    Auf Williams anderer Seite saß Georges. Er war klein und dünn und einer der wenigen, der in den Pausen mit William zusammen war. Georges sah betrübt aus. »Dann darf ich jetzt nie mehr von dir abschreiben, Will?«
    William grinste. »Klar darfst du«, flüsterte er. »Wir sind doch Freunde. Aber lieber wäre mir, du würdest mehr zuhören.«
    Georges seufzte. »Ich kann einfach nicht. Du bist anders. Du kommst bestimmt mal in dieses Super-Elite-Internat auf dem Mond, auf das meine Eltern mich auch gern schicken würden …«
    »Ich weiß nicht. Willst du denn dahin?«
    Georges schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will ernten, wie Grandpa. Wir haben doch noch ein paar Felder und die Leute zahlen gut für biologische Produkte …« Seine Augen strahlten. »Ich fühle mich nur draußen richtig wohl. Unter dem Himmel. Auf dem Mond ist es doch nur kalt und dunkel …«
    Williams Gesicht bekam einen träumerischen Ausdruck. »Ich glaube, es ist sehr schön dort. Man sieht die Sterne viel deutlicher als hier.«
    Georges musste nun ebenfalls grinsen. »Schön? Auf dem Mond? Da ist doch nur Nacktfels! Nee. Erklär mir irgendwann mal, wie wir zwei Freunde werden konnten …«
    William sah nach vorne zum Lehrerpult, aber dort saß nicht mehr die Lehrerin, sondern die Entität.
    »Wie konnte Freundschaft entstehen?«, fragte sie wissbegierig. »Trotz der Unterschiede?«
    William war plötzlich wieder erwachsen. Er saß in seiner grauen Kutte allein mit dem Geistwesen im Klassenzimmer. »Durch ein gegenseitiges Aufeinander eingehen. Oft genügen wenige Berührungspunkte, die uns öffnen. Und dann ist es ganz einfach. Wir akzeptieren den jeweils anderen wie er ist.«
    »Auch dann, wenn er andere Ergebnisse erzielt? Wo Leistung in eurer Welt der Hauptgrund eurer Existenz zu sein scheint?«
    »Ich betrachte andere Menschen unabhängig von ihrer Leistung. Sie müssen nicht gleich gut oder besser sein als ich. Das wäre auch schlimm. Wir sind alle verschieden. Jeder kann etwas besser und etwas schlechter. Deshalb entfalten wir auch in der Gemeinschaft ein wesentlich größeres Potential.«
    »Gemeinschaft ist euch sehr wichtig. Könnt ihr ohne einander leben?«
    »Würde ein Kind keine Eltern haben, so würde es sterben. Wir brauchen die Nähe der anderen.«
    »Auch wenn ihr älter seid?«
    »Immer«, meinte William überzeugt. »Selbst wenn wir als Einsiedler leben, ist der Gedanke doch tröstlich, dass es außerhalb von uns eine Welt gibt. Wer einsam ist und es unfreiwillig bleiben muss, der wird krank. Und stirbt.«
    Das Wesen nickte langsam. »Und das ist in jedem Abschnitt des Lebens so?«
    »In jedem«, bestätigte William.
    Gleichzeitig sah er, wie sich das Bild um ihn herum erneut abbaute und er zurückkehrte auf die STERNENFAUST. Aber nicht in die Gegenwart des Maschinenraums. Wieder kam eine Erinnerung hoch, die das Wesen mehr als die anderen Erinnerungen interessierte.
    Er lag neben Rana Quaid in dem schmalen Bett, das eigentlich nicht für zwei Menschen ausgelegt war, aber sie arrangierten sich darin recht gut. Zumindest war dieses Bett breiter als die Standardausgabe für die Marines.
    »Ich bin froh, dass du noch lebst.« Rana sagte es einfach aus dem Bauch heraus, während er sie in seinen Armen hielt. »Es gab schon so viele gefährliche Situationen, in denen ich Angst um dich hatte. Nichts ist berechenbar hier draußen.«
    »Und wenn ich gestorben wäre …« William dachte darüber nach. »… dann wärst du schon damit zurechtgekommen, denke ich.« Sie musste damit umgehen können. Und doch wusste er selbst nicht, wie er zurechtkommen würde, wenn Rana Quaid sterben sollte. Aber er hatte sie in dieser Beziehung immer als stärker eingestuft als sich selbst.
    »Ich weiß nicht, Will.« Rana zögerte. »Vielleicht würde ich mir nie wieder einen Mann
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