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Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Titel: Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo
Autoren: Luc Bahl
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abschießen, wäre das zwar keine sehr freundliche Geste, aber sie befänden sich nach allen Regeln der intergalaktischen Gepflogenheiten im Recht.
    Eigentlich wäre Lexington verpflichtet, den Vorfall umgehend zu melden – und zwar nicht nur dem mantidischen Stützpunkt auf dieser Welt, sondern auch per Bergstrom-Funk dem Headquarter des Star Corps. Wieder einmal befand er sich in einer anscheinend unlösbaren Zwickmühle. Handelte er nach dem Wortlaut der intergalaktischen Charta, die Völker wie die Mantiden und die Menschheit unterzeichnet hatten, müsste er – da er sich als Gast im mantidischen Einflussbereich aufhielt – zuerst die Gastgeber, sprich die Mantiden informieren.
    Das aber würde bei seinen Vorgesetzten nicht gut ankommen. Und Lexington ahnte, wie die Antwort ausfallen würde, umginge er diese Regel. Nur selten wurden sämtliche Vereinbarungen der intergalaktischen Charta buchstabengetreu eingehalten. Niemand verlangte zudem von den Star Corps Kommandanten, ständig alle Einzelheiten für jede erdenkliche Situation im Kopf zu haben. Es wäre mit anderen Worten selbst bei einem Vorfall wie diesem kein ernsthafter Verstoß, würde er sich zuerst an sein Hauptquartier wenden.
    Andererseits gab es immer wieder Situationen, in denen dergleichen unmöglich war und man weder das eine noch das andere tun konnte. Etwa, weil keine Zeit blieb. In erster Linie hatte der Captain des Schiffes zu entscheiden. Manchmal war es aber auch erforderlich, gründlich über das, was gerade vorgefallen war, nachzudenken, bevor man sich zu unüberlegten Entscheidungen hinreißen ließ.
    Und genau dafür entschied sich Milton Lexington III.
    Gerade, als er sorgfältig die Worte abwog, um das Leben an Bord wieder in gewohnte Bahnen zu lenken, aber ohne dass der Eindruck entstünde, er akzeptiere stillschweigend, dass ein von Ehrgeiz und Gier besessener Wissenschaftler ein Landeshuttle entwenden könne, erschien das Gesicht von Dr. Gardikov auf seinem Monitor.
    »Sun-Tarin ist gerade aus dem Koma erwacht, Sir.«
    »Sehr schön«, erwiderte Lexington und atmete erleichtert auf.
    »Er will Sie sprechen, Sir.«
    »Äh … richten Sie ihm meine besten Genesungswünsche aus, Dr. Gardikov und sagen Sie ihm, ich komme, sobald ich …«
    »Ich fürchte, Sie verstehen nicht«, unterbrach ihn die Ärztin. »Es ist eine höchst kritische Situation, wenn ein Patient aus dem Koma erwacht. Sie sollten sich deshalb beeilen … Sir.«
    »Bin schon unterwegs.« Er stand auf und blickte in erstaunte Gesichter. »Manchmal muss man sich mit zwei Dingen gleichzeitig beschäftigen«, sagte er zu den Anwesenden auf der Brücke und zuckte mit den Schultern. »Wir haben Pope beziehungsweise die L-2 auf dem Schirm. Wir wissen, wo er ist und wo er hin will. Er entkommt uns nicht … Bleiben Sie hier und informieren Sie mich, falls etwas Unvorhergesehenes geschieht! Segundo, Sie haben die Brücke.«
    Als er nur wenige Minuten später in die Krankenstation trat, sah er Sun-Tarin inmitten von blinkenden und leise piependen Apparaten, die jede seiner Lebensfunktionen überprüften. Er fühlte, wie der Blick der großen, dunklen Augen des Kridan auf ihm ruhte. Neben der an die speziellen anatomischen Anforderungen angepassten Liege stand Dr. Gardikov und beobachtete den unruhigen Verlauf einiger Kurven auf einem Monitor.
    »Danke, dass Sie so schnell kommen konnten«, krächzte der Kridan heiser. »Ich habe Ihnen etwas zu sagen, Captain.«
    »Danken wir Gott, dass es Ihnen wieder besser geht und Sie aufgewacht sind«, sagte Lexington und setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett. »Können Sie sich daran erinnern, was vorgefallen ist, bevor Sie bewusstlos wurden …«
    »Genau darüber möchte ich mit Ihnen sprechen, Captain. Ich stieß mit dem Jägerpiloten Titus Wredan zusammen. Wir waren wohl beide erschrocken …«
    »Wredan wird für seine Überreaktion zur Verantwortung gezogen.«
    »Das … das wäre nicht richtig.«
    »Nach Wredans Darstellung hat er sie angegriffen, auch wenn es eine – sagen wir – erklärbare Panik-Reaktion war, handelt es sich doch immerhin um einen Angriff auf einen Offizier. Damit ist die Rechtslage klar. Der Fall muss vor einem Kriegsgericht verhandelt werden«, sagte Lexington und runzelte die Stirn. Er wechselte einen raschen Blick mit der Ärztin, die ihn kühl musterte. Sollte es dazu kommen, das spürte er, wäre seine Position auf der STERNENFAUST schwieriger, als sie es bei seinem Dienstantritt war. Unerträglich.
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