Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Hose und Armen fest. Sie grapschten nach ihrer Tasche.
    »He! Schert euch fort! «
    Sie zerrten sie wieder auf die Stufen zurück. Sie taumelte in der schwachen Gravitation. Während sie Halt suchend mit den Absätzen über die Stufen scharrte, sprang ihr der Anführer auf die Hüften, dann hinunter zwischen die Beine. Dort stand er vor ihrem Zwickel und wiegte sich hin und her, den flachen kleinen Kopf zwischen gekrümmten Schultern vorgereckt, und schrie schrill auf ihr Gesicht hinab.

    »Tschiiiiiiii …!«
    Tabea setzte sich jählings auf und zog mit einem Ruck ihr Becken von dem knurrenden Keck zurück. Mehrere seiner Cousinen und Brüder ergriffen die Flucht. Sie entwand ihre Arme dem Griff der beiden Kecks und stieß einen Zeigefinger in Richtung des kleinen Fremdlings.
    »Geh mir aus dem Weg!«
    »Du bist im Weg, Fräulein.«
    »Tschiii …!«, fielen sie alle ein. »Tschiiiiii …!«
    Am Hinterkopf und auf den dünnen muskulösen Schienbeinen, die sich scharf abzeichneten, sträubten sich bei ihnen die Borsten. Die Klauen tasteten nach ihren Plaketten über den Reißverschlüssen ihrer Westen. Die Kecks, die ihren Halt verloren hatten, waren wieder auf den Beinen. Einige umklammerten Shak -Dosen und Börk -Flaschen. Die Männchen hatten ihre dunklen Augenhöhlen mit Antimonpulver und schwarzer Tusche auffällig betont. Sie bleckten hämisch die winzigen Schneidezähne. Ihr Atem stank nach verdorbenem Fisch.
    »Woz keine Zeit, Fräulein«, höhnte der Keck zwischen ihren Knien. »Verpasst Umzug!«
    Tabea begriff, dass er stockbesoffen war. Sie hielt für einen Augenblick inne. Ein Kampf kostete zu viel Zeit. Ihre Tasche umklammernd versuchte sie, wieder hochzukommen, doch sie hingen ihr an den Schultern.
    »Lasst mich los!«
    »Woz ist scharf auf dich, Fräulein. Woz will Liebe.«
    Er wollte sich auf sie stürzen. Sie riss einen Arm hoch und wehrte ihn ab.
    Ein anderer, älterer, mit weicheren, schon angegrauten Borsten steckte den Kopf durch ihre Armbeuge.
    »Du trittst uns mit Füßen! Du boxt uns nieder!«

    »Schon gut, tut mir leid! In Ordnung? Tut mir leid! Nun lasst mich aber los, ja?«
    Wieder versuchte sie aufzustehen. Als die drahtigen kleinen Kerle sie wieder daran hindern wollten, zerrte sie sie mit hoch, sodass sie den Boden unter den Füßen verloren. »Tschiii …! Tschiii …!«, zeterten sie im Chor.
    Zwei Frauen kamen aus dem Möbiusband, eine Gelbhäutige mit Cyberbrille und eine Schwarzhäutige mit Röhrenkleid und ins Haar geflochtenem Echsenkamm. Die beiden sahen flüchtig zu der von Kecks belagerten Tabea herauf, die lauter Klauen von ihren Armen zerrend auf einem Bein dastand und das andere schüttelte, um einen Keck loszuwerden, der wie eine Klette an ihr hing. Sie schenkten dem Spektakel nur so viel Aufmerksamkeit, wie nötig war, um ihm aus dem Weg zu gehen, während sie die Treppe hinaufgingen. Die Gelbe raunte ihrer Gefährtin etwas zu, worauf diese lachte und an ihrer Zigarette zog.
    Ein hoch aufgeschossener Mann mit Tuchmütze kam hinterher und beeilte sich, die beiden einzuholen. Tabea hörte, wie seine Stiefelabsätze hinter ihr die Stufen emporklapperten. Sie zuckte zusammen, als sich lange schwarze Krallen in ihr Fleisch über dem Ellenbogen gruben. Ihr war, als würde sie von einem Rudel Cashew-Terrier in Stacheldraht gewickelt.
    Sie spürte, wie etwas zerriss.
    Die Heimat der Kecks ist der dritte Planet eines Hauptreihensterns vom G-Typ in der Gegend von Beteigeuze, wo sie in unterirdischen Wohnsilos leben, was auch erklären mag, warum sie Gefallen am Tunnelsystem von Plenty fanden. Vielleicht sind Argwohn und Aggressivität nichts Ungewöhnliches bei Unterirdischen, die noch so gut wie unbeleckt sind von der Zivilisation; einem blinden Gruppeninstinkt gehorchend, begegnen sie möglicherweise allen Außenseitern mit undifferenzierter Feindseligkeit.
Man stelle sich nur vor, wie es ist, die Tiefe häuslicher Geborgenheit zu verlassen: Man trabt aus irgendeinem Grund, aus Hunger, aus sexuellem Verlangen oder weil die Arbeit ruft, durch die lichtlosen, sich verzweigenden Korridore des unterirdischen Labyrinths, allgegenwärtig eine Mischung aus dem eigenen und dem Geruch der Sippe. Und plötzlich vernimmt man voraus das Kratzen und Scharren von Pfoten. Freund, Feind, Verwandter oder Rivale? Hinter einem liegen die Angehörigen, vielleicht sogar die eigenen Nachkommen, eingerollt und piepsend, verletzlich in der warmen Finsternis. Was hat man in diesem Augenblick sozialer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher