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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Koje auf der Alice Liddell verkrochen hatte, sondern reagierte auf diese Neuigkeit aus der Tiefe ihres Raumfahrerherzens. Ihr war, als habe sie gerade das ungeliebte Mobile des Sonnensystems von ihrem Schoß genommen und aus der nächsten Luftschleuse in die weit ausgebreiteten, wartenden Arme der Galaxie geschleudert.
    Ich war wirklich froh, dass ich etwas hatte sagen dürfen, was ihr Freude bereitete.
    »Proxima Centauri sieht ganz interessant aus«, schlug Xtaska vor. Ihre Äuglein schimmerten.
    »ICH SCHLAGE VOR, WIR VERSCHWINDEN AUF ALLE FÄLLE ZIEMLICH RASCH VON HIER«, sagte ich. »FALLS DIE PORZELLANZITADELLE BEI SONNENAUFGANG UMDREHT, UM HIER NACH DEM RECHTEN ZU SEHEN, DÜRFTE SIE BINNEN SEKUNDEN ZUR STELLE SEIN.«
    »Tabea, wir können vorher zur Venus fliegen«, sagte Sarah mit aller Entschiedenheit. »Wir holen Marco.«
    »Richtig«, meinte Tabea. »Alice?«
    »BESTIMME GERADE DEN KURS«, sagte ich.
    »FERTIG«, sagte ich dann.
    »Das ging aber flott.« Tabea sah sich schutzsuchend um.
    »WIR SIND FLOTT, KÄPT’N.«
    »Dann los, Alice!«

    Zum ersten Mal in meinem Leben startete ich den Frasqui-Antrieb. Ich weiß noch genau, wie gewaltig es sich anfühlte, als er sich unter mir entfaltete. Er öffnete sich und schwoll an und wollte gar nicht mehr aufhören anzuschwellen. Einen Moment lang geriet ich ins Schwimmen. Ich brauchte einfach mehr Energie. Ich sah mich rasch um. Ich sah nach unten.
    Der Wiesengrund, der zu Charon passte wie die Faust aufs Auge, war übersät mit totem Fleisch, der paradoxe Fluss rot von Blut, das Mikroklima noch in Funktion.
    Ich glaubte nicht, dass das alles noch gebraucht wurde. Aber wir, wir brauchten es.
    Der Wiesengrund waberte. Und erlosch.
    Das fühlte sich schon besser an. Ich fütterte den Antrieb, und die Reise begann. Langsam, fast unmerklich.
    Tabea stützte sich mit gespreizten Armen auf Hannahs Sarkophag, schwer, mit hochgekippten Schultern. »Wir sind unterwegs, nicht wahr, Alice?«
    »JA, KÄPT’N.«
    Xtaska stöpselte sich aus. »Diesen Antrieb würde ich gerne mal inspizieren«, verkündete sie.
    »Damit würde ich noch ein bisschen warten« , sagte Hannah. »Jetzt wollte ich nicht in seiner Nähe sein.«
    »Ich schon«, beteuerte Xtaska.
    »Dass du mir nichts anrührst«, sagte Tabea.
    »Versprochen, Käpt’n.« Xtaska schwirrte von dannen.
    Tabea kippte den Kopf vornüber. »Du kommst eine Weile ohne mich aus, oder?«
    Sarah merkte auf. »Wo gehst du hin?«, wollte sie wissen.
    »Ins Bett«, erklärte Tabea. »Grüß Marco von mir.«
    »BEVOR DU EINGESCHLAFEN BIST, SIND WIR DA, KÄPT’N«, gab ich zu bedenken.

    »Die Wette verlierst du«, entgegnete sie. »Sind noch irgendwelche Hotels in Betrieb, Hannah?«
    »Ich habe eins reserviert, eigens für den Käpt’n.«
    »Fein«, sagte sie und gähnte. Sie ließ ihren Blick durch die Kammer schweifen, streifte Sarah, die tiefgekühlte Managerin, das kleine grüne Lämpchen des Lesegeräts, die Türöffnung, aus der eben der Cherub entfleucht war. »Alle haben ihre Sache fabelhaft gemacht«, murmelte sie auf dem Weg zur Tür.
    »Tabea!«, rief Sarah.
    Sie drehte sich mit hängenden Schultern um. »Was?«
    »Nichts.« Sarah wich um eine Winzigkeit zurück. »Ich … ich wollte nur - was hast du vor, wenn du ausgeschlafen bist?«
    Tabea brachte ein gespenstisches Lächeln zustande. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, Flecken von Blut und Erbrochenem auf dem zerrissenen Pyjama, Alienspeichel hatte ihr Haar verätzt. »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Ein bisschen Spaß haben vielleicht.«
    Dann drehte sie sich wieder um und ging hinaus, vorbei an den zuckenden Polizisten und den toten Würdenträgern, den Gang hinunter zum Ausgang. Sie strömten jetzt aus allen Richtungen auf den Parkplatz: die verwaisten Frasqui, die verletzten und die übergeschnappten, Evangelisten mit geschwärzten Gesichtern und tarnfarbenen Rucksäcken, unzufriedene Roboter, betrunkene Raumfahrer, die auf Urlaub waren, Plünderer, die es eilig hatten, grinsende Stöpselköpfe in blauen Anoraks, mit Trophäen beladene Kecks, Schranten in Leder, Menschen und Aliens aller Art und Altairer, die ihre Taschen filzten. Die Meute vor der Pforte schwappte gegen Tabea, als sie hinaustrat, sie schrien sie vergebens an.
    Sie ignorierte sie, bahnte sich ihren Weg. Über die äußere Pfortenkamera konnte ich sie verfolgen, bis sie nur mehr eine
Gestalt war, eine nichtssagende, kleine graue Gestalt, die in der bunten Menge verschwand.
    Und ich sah
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