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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979)
Autoren: Klaus Frühauf
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der Wind fährt, für Sekunden hin und her, dann stehen sie unbeweglich wartend wie zuvor.

    Die Landestützen der irdischen Fähre berühren den Boden Astrats. Kalo Jordan hat sich im Sessel zurückgelegt und die Augen geschlossen. Und während die aufsteigenden Schwaden heißer Luft für Minuten die Bilder auf den Schirmen verwischen, hat er eine Vision, von der er genau spürt, daß sie diesmal nicht von außen an ihn herangetragen wird, daß sie allein in seinem Inneren entsteht, aus dem Wissen geboren, daß die Menschheit einen weiteren entscheidenden Schritt auf dem Wege ihrer Evolution hinter sich gebracht hat. Es ist die Vision von der Gemeinschaft der Intelligenzen des unendlichen Kosmos.
     
    Draußen, hinter den Hermetikscheiben, heult der Fahrtwind. Hin und wieder legt sich der Zug in eine weite Kurve, dann spürt Kalo, wie ihn Pela mit der Schulter berührt, unabsichtlich, wie es scheint, doch er weiß, daß sie ein wenig nachhilft.
    Trotzdem blickt er weiter aus dem Fenster. Noch ist finstere Nacht. Aber der erste Augenschein trügt, nach längerer Beobachtung hellt sich die nächtliche Landschaft unmerklich auf. Hoch am Himmel steht ein Stern, größer als Mars und Venus, nur um ein weniges dunkler, Astrat, der neue Planet. Mit seinem rötlichen Schein zaubert er einen matten Schimmer in die Schwärze der Nacht.
    Der Zug jagt durch eine gespenstische Ebene, durch eine Landschaft, wie es sie vor wenigen Jahren auf der Erde nicht mehr gab, durch ein totes Land mit verdorrten Bäumen, ausgetrockneten Flußbetten und sandüberzogenen Flächen. Schemen gleich huschen narbige Stämme vorüber, recken sich nackte Zweige anklagend in die Dunkelheit. 
    Das ist die kaukasische Ebene, ehemals blühendes Land, jetzt unfruchtbar, verkarstet, Wüste. Ein Teil des Preises, den die Menschheit für die Rettung der Astraten zahlen mußte.
    Ein Jahr lang wuchs die Sonne, dehnte sich weiter und weiter aus, ihre Photosphäre zerriß in eine Unzahl gewaltiger Schollen, zwischen denen riesige Protuberanzen hervorschossen und weit hinaus in den Raum leckten. Bis in die Nähe der Venusbahn flogen die glühenden Materiefetzen. In dieser Zeit ruhte die Raumfahrt im irdischen Bereich. Der letzte Flug war die Rückkehr der Fähre von Astrat. Hitzestürme brachen über die Erde herein, die Wolkendecke schloß sich innerhalb einer Woche. Die Weltmeere stiegen nicht, wie man befürchtet hatte, der Wasserspiegel sank im Gegenteil erheblich ab. Die Luftfeuchte stieg selbst in gemäßigten Breiten auf subtropische Werte. 
    Und dann schlug die Großwetterlage um. Innerhalb eines Monats waren die Wolken über dem Äquatorialgürtel verschwunden, Steppen wurden zu Wüsten, fruchtbare Ebenen zu kargen Steppen. 
    Aber die Sonne kam endlich zur Ruhe. Das war das wichtigste. Sie hatte sich in ihre neue Ruhelage eingeschwungen, und während weniger Tage schloß sich ihre Photosphäre erneut. Ein Aufatmen ging um die Erde, die Rekonstruktion konnte beginnen.
    Einen Monat nach Aufnahme der Arbeiten landete eine Flottille der tropfenförmigen Raumschiffe Astrats.
     
    Kalo muß wohl geschlafen haben. Pela lehnt sich schwer an ihn. Ihr Atem geht langsam und tief.
    Astrat steht jetzt fast genau im Zenit, im Osten steigt wolkiges Rot über den Horizont herauf. In wenigen Minuten wird dort die Sonne erscheinen. Die Ebene liegt im bleichen Licht des Morgens. Es wird heiß werden. Die Blässe des beginnenden Tages weist darauf hin. Es wird ein Tag werden, an dem das Land unter der Hitze flimmert, ein Tag ohne Konturen, ohne Schatten, ein Tag, der nur Licht bringt, Licht in Hülle und Fülle.
    Wieder eine der weitgeschwungenen Kurven. Voraus der Betonbalken, hell und scharf die Ebene teilend, braunes Gestein am Fuße der Stützen, noch immer verdorrte Bäume. Aber bereits hier ducken sich erste grüne Sträucher zwischen die Feldbrocken, hin und wieder taucht im Windschatten der Hänge zaghaft Vegetation auf. Das Leben versucht sich zurückzuerobern, was es einst verlor. Aber dieses Grün wird wieder weichen müssen, wenn die Spinnen kommen.
    Pela erwacht, sie blinzelt, lächelt ihn an, ihr Gesicht ist noch blaß nach den langen Tagen der Krankheit. Als er sie nach Monaten wiedersah, schien sie ihm schlanker, zarter, und auch ihr Gesicht wirkte irgendwie kleiner, gleichsam in sich selbst zurückgezogen. Sie ist schweigsam geworden. Überhaupt anders. Aber er weiß, daß er nur ihre äußeren Veränderungen beschreiben könnte, über ihre Gedanken und
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