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Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom
Autoren: Vampira VA
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ersten Urlaub ohne ihre Eltern nicht vorgestellt, weiß Gott nicht!
    Tanja war ihrem Freund nicht gleich gefolgt, als er die Trattoria verlassen hatte. Zum einen ließ das schon ihr Stolz nicht zu, zum anderen hatte sie dem Kellner klarmachen müssen, daß ihre Bestellung storniert sei.
    Sebastian in den Strömen aus Touristen und Einheimischen finden zu wollen, hatte sich von Anfang an als ein fast aussichtsloses Unterfangen erwiesen. Trotzdem hatte Tanja ihn schließlich entdeckt - zu weit entfernt allerdings, als daß er ihre Rufe hätte hören können, und als sie die Stelle dann erreicht hatte, war er natürlich schon wieder verschwunden gewesen. Etwas später hatte sie ihn noch einmal gesehen - oder zumindest geglaubt, daß er es wäre - und war wieder losgerannt.
    Auf diese Weise hatte sie sich letztlich immer weiter vom Zentrum entfernt, und am Ende war sie in diesen Irrgarten aus uralten und mitunter baufälligen Häusern geraten, in denen niemand mehr zu wohnen schien - nun, wenigstens niemand, auf dessen Bekanntschaft Tanja Wert gelegt hätte. Und sie hatte, während die Nacht nicht einfach nur anbrach, sondern regelrecht in das Gassengewirr einzudringen schien, keinen Weg mehr gefunden, der sie hinaus und zurück zum Hotel oder auch nur in eine halbwegs belebte Gegend geführt hätte.
    Seit Stunden irrte sie nun also schon umher, und sie hatte fast alle Hoffnung aufgegeben. Nur eine hegte sie noch - daß sie die Nacht irgendwie überstand und bei Tageslicht alles ein wenig besser aussehen würde. Doch selbst dieses winzige bißchen Hoffnung schien Tanja Grabenstett mittlerweile trügerisch, fast unerfüllbar. Weil in dieser Nacht, in dieser Gegend jede Minute eine Stunde zu dauern schien, und jede einzelne Minute bedeutete für Tanja etwas, das unablässig an ihrer ohnedies schon erschöpften Kraft zehrte und ihre Gedanken mit Angst und immer schlimmeren Visionen vergiftete.
    Ihre Versuche, die Bewegungen in den Schatten ringsum und die körperlosen Geräusche zu ignorieren, wurden immer kläglicher und halbherziger. Ihr Dahintaumeln war längst nicht mehr willentlich gesteuert, sondern geschah wie von selbst, als wollten ihre Füße nie mehr zur Ruhe kommen und sich so lange bewegen, wie sie noch ein Quentchen Kraft in diesem Körper fanden.
    Wieder schluchzte Tanja den Namen ihres Freundes, und es glich mehr denn zuvor einem Heulen.
    »Sebastian ...!«
    Wie aus dem Nichts tauchte der Mauervorsprung vor dem Mädchen auf. Hart prallte Tanja im Laufen dagegen, stürzte, schlug auf das Gassenpflaster.
    »Tanja ...?« Die Stimme wehte aus dem Nichts heran, leise und unsicher - eine Täuschung?
    Tanja schluckte hastig, wollte rufen, keuchte aber nur: »Sebastian?«
    »Tanja!«
    Ein Traum! durchfuhr es das Mädchen. Ich bin gestürzt und ohnmächtig geworden, und jetzt halluziniere ich!
    »Sebastian ...«, murmelte sie.
    Hörte sie tatsächlich Schritte?
    Jemand kam, und er kam näher!
    »Tan-«
    Die Stimme brach ab, so abrupt, als hätte jemand sie erstickt. Dazu paßte auch das merkwürdige Stöhnen, das Tanja hörte, und dann -ein dumpfer Laut, ein Ächzen, als wäre jemand geschlagen worden und hingefallen.
    Sie wunderte sich, wie nüchtern sie all diese Eindrücke aufzunehmen imstande war.
    Angst empfand Tanja erst, als der Schatten, dunkler noch als die Nacht, über sie fiel. Trotzdem es doch stockdunkel war, nahmen sich die Konturen der Gestalt aus wie ein Scherenschnitt. Die Umrisse einer großen, kräftigen Gestalt.
    Sebastian war eher schmal. Dennoch flüsterte Tanja fragend seinen Namen.
    Und er antwortete ihr - von weit entfernt und brüllend.
    »Tanja! Nein ...!«
    Der Schatten über ihr gewann an Substanz, legte sich zentnerschwer auf sie. Kalte, totenkalte Hände berührten sie scheinbar überall zugleich, wollten eine Gegenwehr verhindern, zu der sie kaum noch die Kraft aufbrachte.
    Dann geschahen mehrere Dinge zugleich.
    Schritte näherten sich, jedoch nicht aus der Richtung, aus der sie Sebastian gehört zu haben glaubte.
    Dann - beißender Schmerz!
    Tanjas Schrei erstickte in warmer Nässe. Sie roch und schmeckte ... ihr eigenes Blut.
    Daß das fremde, tödliche Gewicht von ihr wich, so überraschend, als wäre es fortgerissen worden, bekam sie kaum noch mit. Der schwarze, rotschlierige Nebel, der ihre Gedanken ersticken wollte, lichtete sich noch einmal, als sich wieder Schritte näherten, nicht schleichend diesmal, sondern hastig, und schließlich fiel etwas schwer neben ihr
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