Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
Unsinn sein konnten. Andererseits jedoch - wäre es in ihrer Situation, da sie alles Wissen um die eigene Person verloren hatte, nicht ratsam, auf solche Warnungen des Unterbewußtseins zu hören? Denn schließlich besaß sie nichts sonst, wovon sie sich in ihrem Tun leiten lassen konnte .
    Gerade wollte sie ihre Bedenken laut äußern, als der Mann ohne Namen schattenhaft an ihre Seite glitt. Seine stets kalte Hand berührte ihre Schulter.
    Lilith schauderte, und das Frösteln schien nicht allein über ihre Haut zu rieseln, sondern überzuspringen auf - ihre Kleidung. Auf jenes im höchsten Maße seltsame schwarze Etwas, das man ihr im Kloster gegeben hatte - zurückgegeben hatte. Denn man hatte ihr gesagt, es habe ihr seit jeher gehört.
    Insofern besaß sie ihrem Gefährten gegenüber einen weiteren Vorteil: Das nachtschwarze Kleidungsstück, das auf bizarre Weise zu leben schien, mochte sich irgendwann als eine Spur in ihre eigene Vergangenheit erweisen - wenn sie es denn tatsächlich schon »vorher« besessen hatte.
    Im Augenblick bildete das schwarze Etwas eine Art löchrige zweite Haut, die Liliths Körper umschloß und vom Hals bis zu den Füßen hin nachzeichnete, so eng anliegend, als würde es auf ihrem Leib kleben. Die Hand des Mannes hatte jedoch ihre nackte Schulter berührt, und nun kam von neuem Bewegung in den schwarzen Stoff (der alles andere denn bloßer Stoff sein mußte!) - er floß und drängte unter die Finger des Mannes und schloß diese Öffnung an Liliths Schulter.
    Irritiert nahm der Mann es zur Kenntnis und ließ die Hand sinken. Als müßte sie sich für das Gebaren ihrer Kleidung entschuldigen, sah Lilith still lächelnd zu ihm auf.
    Sein Gesicht erschien ihr, obschon ihr die rechten Vergleichsmöglichkeiten fehlten, ausgesprochen männlich, in gewisser Weise sogar - und auch hierfür mochte der fehlende Vergleich der Grund sein -anziehend. Daran konnte auch die kreuzförmige Narbe auf seiner linken Wange nichts ändern; im Gegenteil unterstrich sie das Markante seiner Züge noch. Und darüber hinaus sah Lilith in der wohl schon sehr alten Wunde auf eigenartige Weise ein Zeichen dafür, daß sie sich an der Seite dieses Mannes geborgen fühlen durfte. Weil er willens und fähig zu sein schien, Schmerzen zu ertragen.
    Liliths Lächeln veränderte sich um eine Nuance, und sie fühlte momentelang eine Wärme in sich, die ihr angesichts ihrer doch mißlichen Lage einerseits irreal erschien, andererseits aber auch höchst willkommen war. Denn gerade jetzt konnte sie dieses Gefühl vielleicht dringender brauchen als sonst eines - das Gefühl, nicht allein zu sein; jemanden zu haben, zu dem sie gehören durfte - einen An-ker in einer Welt, in der es für sie sonst keinen Halt mehr gab.
    Lilith war sich fast sicher, daß ihr Zusammentreffen nicht vom Zufall bestimmt gewesen war. Als würden sie, auf welche Weise auch immer, zusammengehören - einst und jetzt wieder.
    Ihre Finger suchten seine Hand, berührten sie erst nur und griffen dann fester danach. Er erwiderte den Druck wie auch ihr Lächeln, und die Art, in der er es tat, schürte die Wärme in Lilith zu einem Feuer, das sie neuerlich schaudern ließ - auf ganz andere Art als noch zuvor.
    Der Mann ohne Namen und Erinnerung wies die Gasse hinab, dorthin, wo sich auch das Mädchen hingewandt hatte.
    »Laß uns weitergehen«, sagte er. »Ins Herz dieser Stadt hinein.«
    Der seltsame Zauber des Moments verging, als Liliths Blick der Richtung seines Deutens folgte. Ihre für den Augenblick vergessenen Zweifel brachen wieder hervor.
    »Ich bin nicht sicher, ob wir hier am richtigen Ort sind«, wandte sie ein, bemüht, ihre unbenennbaren Befürchtungen nicht allzu sehr durchklingen zu lassen.
    Ihr Gefährte tat einen entschlossenen Schritt nach vorne, ohne ihre Hand loszulassen.
    »Ich spüre, daß wir in dieser Stadt nicht völlig fehl am Platze sind«, behauptete er, hörbar keinen Widerspruch duldend.
    Dennoch fügte Lilith sich nicht unweigerlich.
    »Du meinst, du wärst schon einmal hier gewesen?«
    »Möglicherweise.«
    »Wie willst du es herausfinden?«
    Das Lächeln kehrte in seine Züge zurück, doch war es ein anderes als vorhin. Es legte sich einem dunklen Schatten gleich um seine Lippen, und zugleich schien es etwas in seinen Augen zu berühren, als würde etwas Finsteres in seinen Pupillen aufsteigen, um die ohnedies schon dunkle Iris vollends zu schwärzen.
    »Es ist beinahe so«, sagte er bestimmt und in fast fanatischem Ton-fall,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher