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Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom
Autoren: Vampira VA
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Andersartigkeit noch selbst die Krone aufsetzen, trug Cesare Rosati das Haar in der Art eines Clowns so toupiert, daß es wie eine halbrunde Welle von seinem Kopf abstand. Seine knöcherne Statur, die neben dem kräftigen Twistelli noch schlaksiger wirkte, als sie es ohnehin schon war, komplettierte den Eindruck eines Sonderlings. Daß Äußerlichkeiten zumindest in seinem Fall täuschten und er zu den fähigsten Mitarbeitern der Policia Criminale di Roma zählte, bewies vor allem die Tatsache, daß er seit Jahren als ständiger Assistent an Nero Twistellis Seite stand. Und dort hielten sich nun einmal nur die Besten .
    »Bericht!« verlangte der Commissario, nachdem Rosati sich durch das Gedränge der Gasse - die Zahl der mit der Spurensicherung befaßten Polizisten wirkte in der drangvollen Enge hier größer, als sie es tatsächlich war - zu ihm durchgeschoben hatte.
    Über den Rand seiner rundglasigen Brille hinweg las der Inspetto-re die hingekritzelten Notizen von seinem kleinen Block.
    »Der Name der Ermordeten ist Tanja Grabenstett; laut Ausweis neunzehn Jahre; Deutsche, aus München. Todesursache -«, Cesare Rosati stockte kurz, und sein Gesicht verzog sich wie nach einem Biß in eine Zitrone, »- das sehen Sie sich besser selbst an.«
    »Zeugen?« wollte Twistelli wissen.
    »Wir haben einen jungen Mann neben der Toten gefunden, Sebastian von Soettingen, ebenfalls aus München stammend. Vermutlich der Freund oder Verlobte des Mädchens. Steht unter Schock. Er konnte uns nicht einmal seinen Namen nennen.«
    »Vielleicht wollte er nur nicht«, knurrte der »Bluthund«.
    »Er war es nicht«, sagte Rosati überzeugt, und Twistelli nickte. Wenn Cesare das sagte, konnte er etwas darauf geben. Er war ein guter Polizist. War durch eine gute Schule gegangen. Hatte von einem guten Lehrer gelernt.
    »Wer hat die Sache gemeldet?« fragte er.
    »Anonym.«
    »Cazzo!«
    Drei, vier in der Nähe beschäftigte Carabinieri sahen erschrocken auf, als der »Bluthund« fluchte. Ein schlechtes Zeichen ...
    »Haben Sie Leute losgeschickt, die die Gegend absuchen?« Twi-stelli wies mißmutig in die Bereiche jenseits der Insel aus Scheinwerferlicht. Eine Suche dort war kaum mehr als eine Formsache. Ergebnisse würde sie nicht bringen. Twistelli kannte die Gegend. Verdammte Rattenlöcher, stockdunkel bei Nacht, und nur wenig heller bei Tag. Und wer darin hauste, ließ sich zu keiner Zeit offen blicken.
    »Si.« Rosati nickte beiläufig.
    »Wo ist das Mädchen?« grunzte der Commissario. Die unangenehmste aller Pflichten ließ sich nicht länger aufschieben.
    Cesare winkte ihn hinter sich her und drängte sich an den Kollegen vorbei, die jedes noch so kleine Detail der Umgebung fotografierten, Steine und alle möglichen Dinge und allen unmöglichen Unrat auflasen und in kleine Tüten steckten. Vor Twistelli wichen sie zurück wie einst die Wasser des Roten Meeres vor Moses, und um den eigentlichen Tatort bildeten sie schließlich einen Halbkreis.
    Nero Twistelli stöhnte auf. Gut, er hatte schon üblere Dinge gesehen. Wenn sie beispielsweise eine Leiche aus dem Tiber fischten, war das in aller Regel ein Anblick, der ihm jedes Mal aufs neue den Magen umzudrehen drohte - vor allem, wenn die Fische im Fluß genug Zeit gehabt hatten, sich mit dem toten Körper zu befassen. Trotzdem traf ihn dieser Anblick hier beinahe noch härter. Er wußte nicht, warum - nicht richtig zumindest; da war nur etwas wie der Beginn einer Ahnung in ihm, die sich nicht fassen ließ .
    Der Kopf Tanja Grabenstetts, die verkrümmt in einer weißen Kreidekontur lag, schien nicht mehr zum Rest ihres Körpers zu gehören. Denn ihr Hals bestand nur noch aus rohem, zerrissenen Gewebe; ein dunkelrotes Etwas, das Kinn und Schultern wie eine Kluft voneinander trennte, anstatt sie zu verbinden.
    Einen Schritt daneben kauerte ein junger blonder Mann. Sein Gesicht mochte recht apart gewesen sein, bevor Schmerz und Entsetzen sich tief hineingegraben und es zu einer gräßlichen Maske entstellt hatten. Ein Kollege in Zivil hockte bei ihm und redete leise und beruhigend auf ihn ein. Offenbar war man nicht dazu imstande gewesen, den Jungen von der Stelle oder auch nur zum Aufstehen zu bewegen.
    »Wer tut so was, Cesare?« fragte Twistelli. Er erwartete keine Antwort.
    Der Inspettore tat es trotzdem: »Die Frage könnte auch heißen: Womit tut wer so was?«
    »Keine Tatwaffe?« fragte Twistelli, seltsam abwesend.
    »No.« Cesare Rosati kniete neben der Leiche nieder und deutete
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